Schreib und streik mal wieder

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Eine Karte geht von Höchstadt nach Herzogenaurach. Geschrieben um 11.08 Uhr, eingeworfen ein paar Minuten später. Foto: Marian Hamacher
Eine Karte geht von Höchstadt nach Herzogenaurach. Geschrieben um 11.08 Uhr, eingeworfen ein paar Minuten später.  Foto: Marian Hamacher
In Herzogenaurach ging die Postkarte ein wenig später auf Tour. Aber bei beiden Kästen ist die Leerung um 16.45 Uhr - also gleiche Bedingungen. Foto: Bernhard Panzer
In Herzogenaurach ging die Postkarte ein wenig später auf Tour. Aber bei beiden Kästen ist die Leerung um 16.45 Uhr - also gleiche Bedingungen.  Foto: Bernhard Panzer
 

Selbstversuch  Nichts geht mehr bei der Post. Liebesbriefe, Mahnungen, Finanzamtsrechnungen - alles bleibt liegen, wenn die Post streikt. Alles? Nein, so manches Postgut kommt überraschenderweise dann doch beim Empfänger an.

von unserem Redaktionsmitglied 
Michael Busch

Herzogenaurach — Franz Bergel mann ist sauer. Stinksauer ist noch gelinde ausgedrückt. Denn der Kunstfotograf wartet auf einen Satz von Bildern, die er vergangene Woche bestellt hat. Diese braucht er ganz dringend. "Ich habe an diesem Wochenende eine Ausstellungseröffnung. Ohne Bilder kann ich den ganzen geladenen Gästen absagen." Der Ausstellungsraum in Erlangen wäre dann einfach leer. Schuld sei die Post, bemängelt Bergelmann. "Mit Streik keine Ausstellung!"
Die Haundorferin Natascha Wander versteht die ganze Aufregung nicht. "Ich habe meine wichtige Post bis jetzt erhalten!" Leider die Mahnung des Finanzamtes auch. "Auf die hätte ich gerne verzichtet."

Selbstversuch mit Karten

Es ist tatsächlich überraschend, dass so manche Post offensichtlich ausgeliefert wird, andere Paket- und Poststücke aber irgendwo liegen und den Empfänger nicht erreichen. Der Fränkische Tag ist neugierig, warum das so ist. In einem Versuch wollen wir feststellen, ob alles liegen bleibt - und vor allem, wie lange die Beförderung während eines Streikes dauert.
Dafür starten wir (fast) zeitgleich je eine Postkarte in Höchstadt und eine in Herzogenaurach, die jeweils an die Redaktionen in der anderen Stadt adressiert ist. Es sind ziemlich genau 20 Kilometer, die es zu überbrücken gilt. Die Karte aus Herzogenaurach soll ins Vogelseck 1 transportiert werden, die Karte aus Höchstadt soll die Hintere Gasse 75 erreichen.

Manche Post kommt an

Frankiert sind die Karten mit 45 Cent, eingeworfen wurden beide Karten in Briefkästen, die um 16.45 Uhr noch am selben Tag geleert werden sollen. Beide gelbe Kästen waren beim Einwurf nicht überfüllt. Ein erster Eindruck ist, dass beide Kästen auch während der Streikzeiten regelmäßig geleert wurden.
Auch der Weg der beiden Karten wird vermutlich derselbe sein. Denn diese gehen erst einmal nach Nürnberg. In der dortigen Briefniederlassung sortieren die dortigen Mitarbeiter die Briefe wieder und bringen sie auf den Weg. Trotz der Entfernung ist dieser vermeintlich lange Weg ein kurzer Weg. Laut Mitarbeitern der Post kommen diese Postkarten in der Regel bereits einen Tag später beim Adressaten an.
Da aber sowohl in diesem Bereich gestreikt wird, als auch rund 2000 Brief- und Paketzusteller in Nürnberg und Umgebung sich im Ausstand befinden, kann der Versand momentan länger dauern. Die Mitarbeiter wehren sich gegen die ihrer Meinung nach "skandalöse Befristungspolitik". Tausende Pakete und Millionen Briefe wurden laut Verdi bisher nicht zugestellt.
Wir schauen auf unsere beiden Karten und schauen, welche das Rennen gewinnt.