Schorsch Bross hat mehr als 25 dynamische Jahre hinter sich und noch viel vor

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Schorsch Bross bei seiner Gala-Nummer auf dem Stangenrad, mit Besen auf der Stirn und Ringen in der Luft Foto: Bertram Wagner
Schorsch Bross bei seiner Gala-Nummer auf dem Stangenrad, mit Besen auf der Stirn und Ringen in der Luft Foto: Bertram Wagner

Wenn einer wie Schorsch Bross - mit bürgerlichem Namen Jörg Treiber - sein 25-jähriges professionelles Künstlerdasein feiern kann, seit 30 Jahren öffentlich...

Wenn einer wie Schorsch Bross - mit bürgerlichem Namen Jörg Treiber - sein 25-jähriges professionelles Künstlerdasein feiern kann, seit 30 Jahren öffentlich auftritt und einer der ältesten sowie wohl auch besten Jongleure Deutschlands ist, sollte er in einer Kleinstadt wie Bamberg zu den bekanntesten Künstlern gehören. Dem ist nicht so. Der 53-Jährige, der weit über 1000 Auftritte hinter sich hat und ein Tausendsassa der Varietékunst ist, meint: "Gala-Künstler sind die unbekanntesten Künstler. Uns kennt kein Mensch!"
Er zelebriert bei Veranstaltungen von Firmen im Inland ("bei über zwei Drittel aller DAX-Firmen habe ich schon gespielt") und Ausland seine Kunst, ist auf Festivals Stammgast. Seine "Kunden" sind Geschäftsführer und Marketingleiter. "Fast wie früher", sagt Schorsch Bross, der diesen Varieté-Namen an seinen Großvater Georg ("Schorsch) und den französischen Namen für Bürste knüpfte. In seinem früheren Leben verkaufte der Maschinenbauer Großindustrieanlagen und hatte es mit Vorständen und Ingenieuren zu tun. Nun nicht mehr in Büros, sondern auf der Bühne.


Seit zehn Jahren Jongliertreff

Sieht man von einem 30-minütigen Interview und dem ein oder anderen BR-Auftritt (unter anderem in "Wir in Bayern") ab, so ist das Fernsehen nicht seine bevorzugte Heimat. Wer ihn in Bamberg sucht, der findet ihn allwöchentlich am Mittwochabend im Giovanni-Zirkuszelt beim offenen "Jongliertreff", den er seit zehn Jahren leitet. Aus diesem Treffen ist das Bamberger Zirkus-Varieté als Benefizveranstaltung für Don Bosco entstanden. Bislang sechsmal aufgeführt (jeweils im Januar), mit pro Jahr über 1000 Besuchern. Weitere Bamberger Auftritte: fünf Dinner-Shows und beim "Humorgipfel" 2013.


Erfolgreiches Jonglierbuch

"Impulsen nachgehen", dieses Motto durchzieht das Leben des gebürtigen Münchners, für den Bamberg und sein Wohnort Rudendorf seit 1990 die geliebte Heimat ist. Typisch für Schorsch Bross, dass ein jonglierender Einradfahrer als Straßenkünstler sein Schicksal war. Er kaufte sich Jonglierbälle, trainierte autodidaktisch, meisterte Frusterlebnisse in der Münchner Fußgängerzone ("fünf Mark, es war die falsche Show und der falsche Ort"), ehe er in der Folgezeit alles umstellte. Über das Universitätsprogramm nahm er an Jonglier-Seminaren teil, wurde bald auserkoren, ein Jonglierbuch zu verfassen. Dieses Werk ist zu einem der erfolgreichsten Jonglier-Bücher geworden mit über 50 000 verkauften Exemplaren. Vor 30 Jahren kam der erste richtige Auftritt beim Spielfest im Olympiapark. Mit dem Umzug Ende 1990 nach Franken wurde der Maschinenbauer zum Künstler: "Die Familie hat mich für verrückt erklärt!"
Heute bilanziert er: "Ich habe diesen Entschluss noch in keiner Sekunde bereut! Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen!" Seine Sportaffinität (Schwimmen, Fechten, Handball) hat ihm geholfen, ebenso sein Engagement als bayerischer BLSV-Jugendsprecher ("Ich konnte mich vor Leuten hinstellen, ich war ein Unterhalter."). Apropos: Jörg Treiber schaffte als Bogenschütze des PBC Breitengüßbach im Wettbewerb "Blankbogen" sogar die Qualifikation zur "Deutschen".
Eine Bühnenkunst-Nummer beherrscht Schorsch Bross wie kein Zweiter: Er sitzt hoch auf seinem Stangenrad, balanciert einen ganz normalen Besen auf der Stirn, jongliert mit vier Ringen und wirft diese dann als Höhepunkt hoch auf den Besen. Dazu bedarf es permanenten Trainings ("Ich will ja davon leben"). "Die Unterhaltungsenergie ist da, das Komische habe ich mir erarbeitet, ich bin nicht naturkomisch", diese Tugenden sind wohl der Schlüssel für ein erfolgreiches Künstler-Leben.
Neben dem Varieté-Künstler gibt es den "richtigen" Jörg Treiber. Der hat sich sich dem Malen verschrieben und dem Fotografieren ("Das wurde mir familiär in die Wiege gelegt"). Als Bildhauer kann er außerdem mit Hammer und Meißel umgehen, mit der Kettensäge formt er faszinierende Skulpturen: Zwei sind in Breitengüßbach am Bogenplatz aufgestellt.
Da wundert es nicht, dass das selbst renovierte Schulhaus in Rudendorf samt Garten einem Museum für bildende Künste gleicht.
Im Erdgeschoss steht sein Meisterwerk, Sinnbild für ihn: Zwei Jahre Bauzeit brauchte er für die Kugelbahn; eine Silikon-Ballmaschine schleudert Bälle heraus, sie tippen dreimal auf den Boden, ehe sie in einen Trichter springen und von da aus wieder auf die Kugelbahn geraten.


Leidenschaft pur

Verrückt? Überirdisch? Das lässt der Macher nicht gelten: "Es steckt in jedem von uns ein hohes Maß an Kreativität; man muss den Zugang nur wecken", sagt der Spiritualist ("Nichts ist wichtiger als das Hier und Jetzt."). Ob Schorsch Bross oder Jörg Treiber - beide leben nicht für die Zukunft und nicht aus der Vergangenheit. Sein Leben ist Leidenschaft pur, bei ihm sind dies keine Phrasen, sondern sein Credo. Nur so kann er sich auch mit fast 54 Jahren in der deutschen Elite behaupten.
Bleibt die Kardinalfrage: Wie viele Bälle fliegen beim Jubilar durch die Luft? Sieben! Und Keulen? Ebenfalls sieben!