Schizophrenie: Patienten erleben zwei Realitäten, die parallel nebeneinander existieren

2 Min
Birgit Hofmann-Betz
Birgit Hofmann-Betz

Der 10. Oktober (der kommende Montag) ist der Tag des psychisch kranken Menschen. In diesem Jahr steht dabei die Schizophrenie im Mittelpunkt. Birgit Hofman...

Der 10. Oktober (der kommende Montag) ist der Tag des psychisch kranken Menschen. In diesem Jahr steht dabei die Schizophrenie im Mittelpunkt. Birgit Hofmann-Betz, der Leiterin des Sozialpsychiatrischen Tageszentrums der Caritas in Haßfurt, sagt dazu: "Diese zunächst niederschmetternde Diagnose erschüttert den Betroffenen wie seine Familie in ihren Grundfesten". Denn stärker noch als bei anderen Krankheiten würden vor allem bei seelischen Erkrankungen alle Familienmitglieder stark vom Krankheitsgeschehen berührt und in den öffentlichen Fokus gestellt.
Im Sozialpsychiatrischen Tageszentrum der Caritas werden psychisch kranke Menschen während des Tages betreut und bei der Bewältigung ihrer Krankheit unterstützt. Kreative Angebote geben Tagesstruktur.
In Gesprächskreisen und bei Vorträgen geht es um den verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten und um den Umgang mit der Krankheit. Immer steht für Birgit Hofmann-Betz im Vordergrund, ihre Klienten aus der Isolation zu holen.
Deshalb initiierte sie schon mehrfach Projekte, mit denen die Klienten des Tageszentrums bewusst an die Öffentlichkeit gingen. Sie malten und gestalteten anschließend eine Kunstausstellung, sie tanzten und spielten sogar auf der großen Bühne der Haßfurter Stadthalle Theater. Das Ziel des Tageszentrums ist es, die Klienten auf dem Weg zurück in ein selbstständiges, selbstbestimmtes Leben zu begleiten, denn für viele psychisch kranke Menschen bedeutet ihre Krankheit zunächst Arbeitslosigkeit und dann zunehmende Isolation.


Was ist die Wirklichkeit?

Die an Schizophrenie erkrankten Menschen erleben zwei Realitäten, die parallel nebeneinander existieren. Sie erfahren Dinge und nehmen Sinneseindrücke wahr, die ein Gesunder nicht nachvollziehen kann. Diese Tatsache wird mit dem Begriff "schizophren" umschrieben.
Den schizophren erkrankten Menschen fällt es oft sehr schwer zu unterscheiden, was wirklich und was unwirklich ist. Dies wiederum führt zu absolut verständlichen Irritationen in der Familie und dem sozialen Umfeld.
Weltweit erkrankt etwa ein Prozent aller Menschen im Laufe seines Lebens an Schizophrenie.
Hofmann-Betz sagt: Andersartigkeit erzeuge Angst und Verunsicherung, erst recht wenn ein bestimmtes Verhalten auf wahnhaften Vorstellungen gründet und der Patient jeglichen Realitätsbezug verloren hat.
In der Gesellschaft werde von allen Menschen Einsicht in die Motive ihres Tuns und die verlässliche Erfüllung eines normierten Verhaltens erwartet. Eigenschaften, die bei schizophrenen Menschen zumindest vorübergehend nicht vorhanden sind. Dazu komme ein oftmals häufiger oder längerer Aufenthalt in psychiatrischen Kliniken, die zu unrecht einen ominösen Status in der Bevölkerung haben, sagt die Expertin.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sei die Erkrankung mit einer sehr ungünstigen Prognose gleichgesetzt worden. "Heutzutage sind die Verhältnisse zum Glück anders", erklärt die Diplom-Sozialpädagogin. Medikamente, die es überhaupt erst seit den 1950er Jahren gibt, wurden stetig weiterentwickelt. Es gibt flächendeckend niedergelassene Fachärzte; das Angebot an Beratungsstellen, Wohn- und Betreuungseinrichtungen wie Tageskliniken, Tageszentren, betreutes Wohnen wurde flächendeckend ausgebaut. Angehörigenarbeit wurde ins Leben gerufen. Programme und Aktionen können aber nur gelingen, wenn die Menschen bereit sind, ihre vorgefassten Meinungen zu überdenken. Es dürfe nicht sein, dass sich betroffene Menschen und ihre Angehörigen aus Scham und Angst ins soziale Abseits manövrieren, meint sie.
Professionelle Hilfe erhalten Betroffene kostenlos, unabhängig von konfessioneller Zugehörigkeit und mit garantierter Schweigepflicht der Mitarbeiter beim Caritasverband für den Kreis Haßberge in Haßfurt, Telefon 09521/69160 oder unter www.caritas-hassberge.de. sw