Ebern und Untermerzbach sowie weitere Kommunen im Landkreis Haßberge haben ein Interesse daran, eine eigene "Deutsche Fachwerkstraße" zu bekommen. Das Potenzial wäre vorhanden. Wo sollte eine solche Trasse verlaufen?
Schaut man auf die Gesamtübersicht der "Deutschen Fachwerkstraße" mit allen Regionalstrecken, so ist Bayern mit Franken ein weißer Fleck. Überall in Deutschland gibt es Regionalstrecken der "Fachwerkstraße". Und warum nicht in Franken? Das ist nicht verständlich, gibt es doch gerade in Franken herausragende Fachwerkarchitektur und viele Fachwerkmarktplätze und -Rathäuser.
Eine wahre Häufung besteht für Ober- und Unterfranken, besonders im Kreis Haßberge. Das stellte Professor Manfred Gerner zum wiederholten Male auf einem Fachvortrag in Bad Windsheim fest. Er ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte, dem Träger der "Deutschen Fachwerkstraße". Er kam richtig ins Schwärmen, als er Beispiele der Fachwerkarchitektur in Franken und insbesondere in den Haßbergen bei dem Vorbereitungstreffen für eine Regionalstrecke in Franken mit Bildern vorstellte. Es gebe drei Besonderheiten in den Haßbergen zu entdecken, sagte er. Zum einen viele Marktplätze in Fachwerkoptik und Fachwerkrathäuser. Zum zweiten fränkisches Barock- und Renaissance-Fachwerk. Zum dritten Netzfachwerk, das nur in Franken zu sehen sei.
Als herausragendes Beispiel wurde das Rathaus in Ebern von 1690 genannt. Hier sind die Holzfächerungen sehr dicht und mit vielen Details zu bewundern. Auch an kleinen Türmchen wie dem Aufgang zum Grauturm in Ebern hat man mit viel Liebe zum Detail Fachwerk gestaltet.
Aber nicht nur in Ebern, auch in Zeil gibt es im Fachwerkbereich Schätze zu entdecken, geschaffen vom im Kreis Ebern geborenen Zimmerermeister Hans Ruhain (1660 bis 1714). "Ein wahrer Meister seines Faches", so lautet das Urteil von Professor Gerner. Solche Beispiele gebe es in der Region von Forchheim bis Bad Staffelstein und in den Haßbergen zuhauf, schwärmte der Professor. "Da sind wahre Schätze in einer begnadeten, ruhigen, aber sehr unterschiedlichen Landschaft zu sehen."
Verbündete gesucht und gefunden
Bürgermeister Jürgen Heckel aus Bad Windsheim nahm die Idee der "Deutschen Fachwerkstraße" in Franken auf und schrieb seine Amtskollegen in Franken zum Jahresbeginn 2020 an, um Verbündete für die eigene Fachwerkstraße zu finden und auf Franken zu erweitern.
Helmut Hey, ehemals Wirtschaftsförderer im Landratsamt Haßberge, hatte schon einmal eine ähnliche Initiative gestartet. Mit seinem Buch "Straße der Fachwerkromantik", das 1988 erschienen ist, wurde der Versuch unternommen, das Fachwerk bekannter zu machen und touristisch zu nutzen. Von Heys Buch "Straße der Fachwerkromantik", die rund 250 Kilometer durchs Land der Franken führt und als praktischer Führer durch den Naturpark Haßberge mit erlebnisreichen Tourenvorschlägen für Autofahrer, Radfahrer und Wanderer gilt, blieb nicht viel: bei "Amazon" vergriffen, keine Beschilderung der Straße und keine Hinweise in den Haßbergen. Nur auf der Seite des Tourismusverbandes Franken findet die "Straße der Fachwerkromantik" mit einem Tipp für eine Motorradtour durch Franken noch Erwähnung. Das soll sich ändern.
In den Haßbergen griffen die Bürgermeister Jürgen Hennemann, Ebern, und Helmut Dietz, Untermerzbach, beide SPD, den Ball aus Bad Windsheim auf. Sie haben 2020 an Abstimmungstreffen mit der Ar-beitsgemeinschaft Fachwerkstädte teilgenommen. Beide Gemeinden haben im ersten Halbjahr ihren Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft erklärt und das Thema auf die Ebene des Tourismus-Verbandes Haßberge ge- bracht. "Es steckt neben den Burgen und Schlössern, der Ruhe und dem Genuss in den Haßbergen auch im Thema Fachwerk touristisches Potenzial", ist sich Bürgermeister Hennemann sicher.
Neben Bad Windsheim sowie Ebern und Untermerzbach sind bereits beigetreten: Ochsenfurt, Marktbreit und Seßlach. Von Bad Königshofen, Cadolzburg, Herzogenaurach, Marktzeuln, Tauberbischofsheim, Zeil und Königsberg liegen Interessensbekundungen vor.
Zuletzt trafen sich Vertreter der Gemeinden in Bad Windsheim zum Austausch über den Sachstand der geplanten Fachwerkroute Franken. Dort wurden erste Routenführungen besprochen und die touristische Zielrichtung: Angebote für Kultur- und Bildungsreisen, Wohnmobilisten, für Motorrad- und Oldtimerfreunde. Themen wie Fachwerk und Wellness können genauso wie Radfahren, Wandern und Genuss betont werden.
Es gebe einen großen deutschen und skandinavischen Markt, berichtete Volker Holzberg, der der Vorsitzende des Marketingausschusses der Fachwerkstraße ist. Aktuell werden Abstimmungen mit der Burgenstraße und dem Tourismusverband Franken vorgenommen, um sich einzufügen, zu vernetzen und das Vermarktungspotenzial zu nutzen.
Bis Ende Dezember sollen weitere Kommunen mit bedeutendem Fachwerk angesprochen werden. Auch hier engagieren sich die beiden Bürgermeister gemeinsam und sprechen Amtskollegen aus der Region an. So stieß Bürgermeister Hennemann bei seinem Amtskollegen Bruno Kellner in Rattelsdorf auf offene Ohren. Rattelsdorf mit dem Fachwerkdorf Mürsbach darf nicht fehlen. Kellner ließ sich sofort auf die Interessentenliste setzen. Auch Ummerstadt und Bad Staffelstein seien zwingend Kandidaten für die fränkische Fachwerkstraße, so Bürgermeister Helmut Dietz, der sagt: "Ich halte es für eine einmalige Chance, bei den ersten Gemeinden der Frankenroute der Fachwerkstraße dabei zu sein."
Amtskollege Jürgen Hennemann pflichtet ihm bei: "Hier können wir unsere Heimat, unser Franken gut nach außen darstellen. Das hat Potenzial."
Im Frühjahr nächsten Jahres sollen sich die Interessierten zu einer Versammlung mit Gründung der Regionalstrecke Franken treffen und einen Vorschlag für die Streckenführung erarbeiten. Die Fachwerkstraße soll, wie alle großen Ferienstraßen, durchgehend beschildert werden, und die Mitgliedskommunen sollen am Ortseingang und im Ort darauf hinweisen. red