Dass ein Gerichtsvollzieher bei seinen "Kunden" wenig Begeisterung weckt, liegt in der Natur der Sache. Aber dass er von einem säumigen Schuldner eine Priva...
Dass ein Gerichtsvollzieher bei seinen "Kunden" wenig Begeisterung weckt, liegt in der Natur der Sache. Aber dass er von einem säumigen Schuldner eine Privatrechnung gestellt bekommt, fällt schon sehr aus dem Rahmen. Derjenige, der diese Rechnung geschrieben hatte, sollte wegen versuchter Nötigung laut Strafbefehl des Staatsanwalts 600 Euro zahlen. Der Einspruch dagegen erwies sich als Schuss ins eigene Knie, wie die wegen des Einspruchs angesetzte Verhandlung am Haßfurter Amtsgericht ergab: Mit ihrem - noch nicht rechtskräftigen Urteil - verdoppelte Strafrichterin Ilona Conver die Geldstrafe auf 1200 Euro.
Der Ursprung der ganzen Sache zählt zum Alltag eines Gerichtsvollziehers. Weil sich ein junger Mann (29 Jahre) offenbar hartnäckig weigerte, Rundfunkgebühren (GEZ) zu entrichten, wurde der Beamte vom Gericht mit der Eintreibung der Forderung beauftragt. Um sich einen Überblick über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des säumigen Zahlers zu verschaffen, wollte er im Mai dieses Jahres bei einem Vor-Ort-Termin in dessen Wohnung eine Vermögensauskunft einholen.
Daraufhin forderte der Schuldner den Justizbeamten schriftlich auf, sich umfassend zu legitimieren, und drohte ihm für den Fall, dass er die Vollstreckung weiter betreiben sollte, dass er ihn persönlich haftbar machen wolle. Diese Drohung setzte der Angeklagte dann auch in die Tat um. Mit Schreiben vom 24. Mai 2016 schickte er dem Vollstreckungsbeamten eine Rechnung über 800 Euro.
Geärgert
Im Zeugenstand beschrieb der Gerichtsvollzieher, wie er damit umgegangen war. Er ordnete den Text, über den er sich "saumäßig" ärgerte, dem Dunstkreis der sogenannten Reichsbürger zu. Bekanntlich weigern sich diese, den Staat Bundesrepublik Deutschland und seine Organe anzuerkennen. Der Beamte gab die Rechnung an seinen Dienstvorgesetzten weiter, was schließlich zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft führte.
Der Beschuldigte gab ohne weitere Umschweife zu, dass er der Verfasser des Briefes war. Über seine Motivation sagte er nur so viel, dass er sich von einem Hype im Internet, der sich gegen derartige Zwangsbeiträge richtet, habe verführen lassen.
Rechtsanwalt Thorsten Bölck führte aus, was man juristisch unter einer Nötigung versteht: nämlich die Androhung von Gewalt oder die Drohung mit einem, wie es die Rechtsprechung nennt, "empfindlichen Übel". Der Verteidiger argumentierte, dass eine offensichtlich unbegründete Forderung kein empfindliches Übel sei.
Dem widersprach Staatsanwalt Ralf Hofmann. Schließlich habe der Angeklagte erreichen wollen, dass die GEZ ihre berechtigte Forderung fallen lässt.
Die Urteilsbegründung bewegte sich ebenfalls auf dieser Linie. Die Richterin sprach von "abstrusen" Forderungen im Schreiben des Verurteilten, der es gleichwohl ernst gemeint habe. Ob der Mann gegen das Urteil innerhalb einer Woche beim Landgericht Berufung einlegt, ist offen. Das Risiko ist groß: Wenn er erneut verliert, bleibt er auf immensen Gerichts- und Anwaltskosten sitzen.