Neun Kilo Stöppacher Geschichte

2 Min
Handgeschrieben, sauber und ordentlich: Heinz Stammberger, Johannes Haslauer und Ursula Stammberger sind fasziniert von den spannenden Informationen, die den alten Stöppacher Flurbüchern zu entnehmen sind. Foto: Michael Stelzner
Handgeschrieben, sauber und ordentlich: Heinz Stammberger, Johannes Haslauer und Ursula Stammberger sind fasziniert von den spannenden Informationen, die den alten Stöppacher Flurbüchern zu entnehmen sind. Foto: Michael Stelzner

Gut, dass Emmy Stammberger immer auf dem alten Müllplatz unterwegs war und schaute, ob etwas Brauchbares zu finden war. So kam das Staatsarchiv in den Besitz von drei Büchern mit historischen Daten des Untersiemauer Gemeindeteils.

Mit einem auffällig großen Trolley sind dieser Tage Ursula und Heinz Stammberger in der Coburger Herrngasse unterwegs gewesen. Sie waren auf dem Weg in das Staatsarchiv und hatten einen "kleinen Schatz" aus der Geschichte des kleinen Untersiemauer Ortsteiles dabei: Im Trolley befand sich das Flurbuch der ehemals selbstständigen Gemeinde Stöppach mit Datum vom 25. Februar 1864. Das historische Dokument umfasst rund 200 Seiten, die mit Feder und mit Tinte handgeschriebenen sind.
Im Flurbuch sind, sauber und sehr ordentlich in der damaligen Handschrift, die Größen der Grundstücke und landwirtschaftlichen Flächen verzeichnet. Damals galt noch das bayerische Flächenmaß "Decim". Zudem enthält das Buch die Beschreibung der Grundstücke und ihrer Besitzer. Außerdem überreichten die Stammbergers zwei Ab- und Zuschreibebücher zum Flurbuch aus dem Jahr 1864.
Die drei Bücher haben zusammen ein Gewicht von rund neun Kilogramm und sind sehr gut erhalten. Die historischen Dokumente nahm der Leiter des Staatsarchivs in Coburg, Johannes Haslauer, entgegen. Der Historiker interessierte sich sehr für die Bücher und freute sich über den historischen Zuwachs der Sammlung. "Bei uns im Staatsarchiv liegen aus dieser Zeit keine Flurbücher von Stöppach vor", wie Haslauer nach einem Blick in das Archiv-Verzeichnis feststellte. Zusammen mit Ursula und Heinz Stammberger blätterte er durch die Unterlagen und versuchte, die Handschrift zu entziffern - keine einfache Angelegenheit, wie alle Beteiligten feststellen mussten.
Mindestens genauso interessant wie die Bedeutung der Bücher ist die Geschichte, wie sie in die Hand der Familie Stammberger gekommen sind. Emmy Stammberger (geborene Bauer und Mutter von Heinz Stammberger) hat die geschichtlich bedeutsamen Unterlagen auf dem ehemaligen Müllplatz von Stöppach gefunden und mit nach Hause genommen. "Wie die Bücher dahin kamen, wird wohl für immer ungeklärt bleiben", sagte Heinz Stammberger. Was man weiß, ist aber auch schon kurios: Zum Transport benutzte sie das Unterteil eines alten Kinderwagens. "Emmy war bekannt dafür, dass sie alles Brauchbare vom Müllplatz mit nach Hause genommen hat", sagte ihr Sohn. "Vor rund 40 Jahren wurde der Müllplatz eingeebnet", erinnert sich heute noch Gerhard Hauck, einer der ältesten Stöppacher Einwohner. Aber klar ist: Wenn Emmy Stammberger diese Bücher nicht gefunden und aufbewahrt hätte, wären sie für immer weg gewesen - davon ist Heinz Stammberger überzeugt.


Der Zustand ist noch top

In einem alten Bauernschrank und später zusammen mit Briefmarken in einer Truhe waren die Bücher selbst nach einigen Um- und Anbauten im Dachboden immer im trockenen gelagert. "Dadurch sind die Bücher auch in einem hervorragenden Zustand", wie Johannes Haslauer zufrieden feststellte. Die Bücher sind bei den Stammbergers lange Zeit in Vergessenheit geraten und "schlummerten" auf dem Dachboden.
Im vergangenen Winter erzählte Monika Müller (sie kommt ebenfalls aus Stöppach), dass sie Erkundigungen über die Vorfahren ihres Mannes im Staatsarchiv einholen wollte. Dort erhielt sie die Auskunft, dass man dort nur "sehr wenige" Aufzeichnungen über Stöppach vorliegen habe. Da fielen dem Ehepaar Stammberger die alten Bücher wieder ein. Es dauerte nicht lange, bis sie nach kurzer Suche auf dem Dachboden gefunden waren. Ursula und Heinz Stammberger blätterten sehr vorsichtig in den Büchern und stellten fest, dass es sich um das alte Flurbuch und die Ab- und Zuschreibebücher von Stöppach handelte.


Nächstes Jahr, 700. Jahr

Das Ehepaar Stammberger machte sich viele Gedanken, was man diesen schweren Büchern machen könne. Ein Gedanke war, dass man die Bücher bei der 700-Jahr-Feier von Stöppach im kommenden Jahr auslegen könnte. Allerdings bekamen die Stammbergers schnell Bedenken, dass diese Bücher bei einer öffentlichen Ausstellung beschädigt werden könnten. Deshalb beschloss der Familienrat, die Bücher dem Staatsarchiv zu überlassen.
Und damit die Stöppacher auch was davon haben, stellte Haslauer in Aussicht, zum Stöppacher Ortsjubiläum einige großformatige Fotografien aus den Büchern zu Verfügung zu stellen.