Prävention Der Arbeitskreis Katastrophenschutz sah sich im künftigen ICE-Tunnel Eierberge um. Kreisbrandrat Timm Vogler und Kreisbrandinspektor Gerhard Elflein erläuterten die Notfalleinrichtungen und das Katastrophenkonzept.
von unserem Redaktionsmitglied
Matthias Einwag
Nedensdorf/Wiesen — Am 3. Dezember 2017 wird die ICE-Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt in Betrieb genommen. 16 ICEs und rund 160 Güterzüge sollen ab diesem Zeitpunkt täglich auf der Strecke verkehren. Drei Tunnel befinden sich auf dem Gebiet des Kreises Lichtenfels. Grund genug für die Katastrophenschützer des Kreises, sich Gedanken über mögliche Unfälle in den zweigleisigen Röhren zu machen.
Gemeinsam mit der Deutschen Bahn erstellten sie unter Federführung von Kreisbrandrat Timm Vogler ein Rettungskonzept, um für einen möglichen Unfall so gut wie möglich gewappnet zu sein.
Am Beispiel des 3,7 Kilometer langen Tunnels Eierberge erläuterte der Kreisbrandrat zusammen mit Kreisbrandinspektor Gerhard Elflein und Kreisbrandmeister Siegfried Hammrich den Mitgliedern des Arbeitskreises Katastrophenschutz am Mittwoch den Stand der Planung.
Fest installierte Rohrleitungen
Der Tunnel Eierberge habe zusammen mit dem Süd- und Nordportal fünf Zugänge, die von den Rettungskräften bei einem Notfall genutzt werden können. Darunter sind zwei begehbare Rettungsschächte und ein befahrbarer Stollen. An diesen Zugängen stünden jeweils Behälter mit 100 Kubikmetern Löschwasser bereit, das in die fest installierten Rohrleitungen eingespeist werden könne. Einen Materialaufzug gebe es derzeit nicht. Timm Vogler ist jedoch optimistisch, dass in Verhandlungen mit der Bahn noch die Nachrüstung erreicht werden kann.
Evakuierung eines Zuges
Von fünf möglichen Szenarien gehen die Planer aus. Zum einen von "suizidalen Ereignissen" an den beiden Portalen. In solchen Fällen müssten die Züge im Tunnel evakuiert und die Fahrgäste mit Bussen zum nächsten Bahnhof gebracht werden. Einsätze könnten ferner von der Brandmeldeanlage im Tunnel ausgelöst werden sowie durch den technischen Defekt eines Zuges in der Röhre. Bis zu 700 Passagiere gelte es dann aus dem Tunnel zu geleiten und per Bus-Shuttledienst zu einem Bahnhof zu bringen.
Auch auf den Fall, dass ein ICE im Tunnel in Brand gerät, bereiten sich Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz und weitere Hilfsorganisationen vor. Bevor Einsatzkräfte in den Tunnel gehen, werde zunächst die 15 000-Volt-Oberleitung geerdet. Ohne Atemschutz werde kein Retter im Brandfall in einen Tunnel geschickt.
Langzeitatmer für die Feuerwehr
Weil die normalen Atemschutzgeräte nicht ausreichen, würden die bereits vordefinierten Tunnelbasiseinheiten der Feuerwehr mit Langzeitatmern ausgestattet. Diese Geräte erlaubten Einsatzzeiten von 60 bis 90 Minuten. Zudem würden in Abstimmung mit der Bahn noch Spezialgeräte angeschafft. Der Kreisbrandrat nannte unter anderem fahrbare Schleifkorbtragen, eine Objektfunkanlage mit Digitalfunk in der Röhre, Rollwagen, die sich auf der Schiene eingleisen lassen und eine Belüftungsanlage im befahrbaren Zugang.
Weder beplant noch betrachtet werde eine fünfte Variante: Dass zwei Güterzüge im Tunnel zusammenstoßen.
In einem Notfall werde jeder Zugang von örtlichen Feuerwehren der Tunnelbasiseinheiten besetzt. Dem Sonderalarmplan folgend laufe die Rettungsmaschinerie an.
Ein Großteil der alarmierten Kräfte werde in Bereitstellungsräumen zusammengezogen.
Auch eine Sperrung der Autobahn werde im Fall einer Katastrophe ins Kalkül genommen, sagte Vogler. Denn eines sei klar bei einem großen Unfall: Der Arbeitskreis Katastrophenschutz tritt unverzüglich im Landratsamt zusammen: "Dann wird sofort der Katastrophenfall ausgerufen, um die Einsatzkräfte unter einheitlicher Führung zu koordinieren."
Spezialgerät und Schulungen
Mit der Auslieferung von Spezialfahrzeugen und Ausrüstung rechnet Timm Vogler im Sommer 2016. Im Herbst 2016 beginne die Bahn mit den Testfahrten auf der neuen Strecke. Im Frühjahr oder Sommer 2017 werde eine dreitägige gemeinsame Katastrophenschutzübung der Kreise Lichtenfels und Coburg stattfinden.
Darüber hinaus würden Feuerwehrleute an der International Fire Academy in der Schweiz ausgebildet, die eine realitätsnahe Tunnel übungsanlage besitzt. Ein visualisiertes Tunnelmodell werde zudem in der Atemschutzstrecke in Ebersdorf stationiert, das von der Feuerwehrschule Geretsried entwickelt wurde. Mit einem Hochleistungsbeamer werden hierbei verschiedene Szenarien mit wechselnden Vorgaben dynamisch durchgespielt.