Als es ihr etwas besser geht, zieht die 26-Jährige auch wieder nach Hause zu ihrem Freund. Nach weiteren zwei Wochen ist endlich ein Platz in der Psychosomatischen Klinik Bad Neustadt frei. Drei Monate verbringt Stefanie in der Spezialklinik, bekommt Sondennahrung, macht eine Therapie gegen die Essstörung und wird wegen Depressionen behandelt. "Ich hab mich gut verstanden und aufgehoben gefühlt, wäre auch gerne länger geblieben", sagt Stefanie. Mit stolzen 63 Kilogramm verlässt sie die Klinik.
Depression genetisch bedingt
Stefanie hat viel erfahren in dieser Zeit: Sie hat Maggi als die Feindin in ihrem Körper erkannt und benannt. "Dadurch, dass ich der Stimme in mir einen Namen gegeben habe, konnte ich die Magersucht besser greifen und in Schach halten", erzählt sie. Früher sei die Essstörung ihr bester Freund gewesen. "Denn ich war glücklich, wenn ich es geschafft habe, nichts zu essen, ich war dankbar, wenn ich die Kontrolle über mich hatte. Ich konnte genau bestimmen, wie viel ich wiegen möchte. Und wenn 56 Kilogramm zu viel erschienen, habe ich eben noch weiter gehungert", resümiert sie.
Die Magersucht ist nur ein Baustein im Rahmen einer Depression. Stefanie weiß jetzt, dass ihre Depressionen genetisch bedingt sind. Schon ihr Urgroßvater und ihre Oma litten darunter und eben auch ihre Mutter. "Sie versteht mich wenigstens, und wir haben ein sehr gutes Verhältnis", sagt Stefanie, sehr froh darüber. "Wer Depressionen nicht selbst kennt, wer nicht weiß, wie es ist, einfach nicht mehr aufstehen zu können, kann das alles auch nicht verstehen. Ich bin froh, dass meine Mama das kann."
Immer noch zu dick
Nachdem Stefanie aus Bad Neustadt zurückkommt, bittet sie ihren Freund, erst einmal auszuziehen. "Ich brauchte meine eigene kleine Höhle. Getrennt haben wir uns deswegen nicht." Für zwei Monate besucht sie noch die Tagesklinik in Coburg. Zwei Kätzchen hat sie sich angeschafft - zum Kuscheln und Kümmern müssen. Auch ein Rat der Therapeutin.
Stefanie hat das Gefühl, im Moment alles gut sortiert zu haben. Sie geht regelmäßig zur Therapie, hat eine Diätassistentin, isst drei Mahlzeiten am Tag und unternimmt kleine Spaziergänge in der Natur. Ihre Arbeit im Vertrieb einer großen Firma in Coburg hat sie gekündigt und beginnt im Dezember als Personaldisponentin bei einem Unternehmen in Kronach.
"Wenn Maggi sich meldet, gebe ich ihr Kontra und sage Nein." Stefanie ist stark geworden. Und hofft, dass sie es bleibt. Es sei ein schmaler Grat. Mit ihrem Freund hat sie einen Vertrag abgeschlossen. Wenn ihr Gewicht unter 58 Kilogramm rutscht, geht sie wieder in eine Klinik. "War mein Körper vor den Klinikaufenthalten zu 90 Prozent krank, würde ich sagen, dass er jetzt zu 80 Prozent gesund ist", meint sie stolz. Trotzdem trägt sie am liebsten noch lange, weite Pullis. Wenn sie in den Spiegel schaut, findet sie sich zu dick - vor allem ihre Oberschenkel. Da kann ihr keiner das Gegenteil einreden. Sie sieht, was sie sieht.
Viel positives Feedback
Stefanie geht mit ihrer Krankheit offen um. Auf ihrem privaten Instagram-Account hat sie ihre Leidensgeschichte veröffentlicht. Und dazu Fotos gestellt, die die Entwicklung ihres Körpers drastisch zeigen. Viel Zuspruch und positives Feedback hat sie für ihren Mut bekommen. Einigen Freundinnen hat sie aus der Seele gesprochen, andere haben sich Tipps geholt.
Warum macht Stefanie ihre Geschichte öffentlich? "Weil keiner so lange warten soll wie ich, um sich Hilfe zu holen." Wer glaubt, es alleine zu schaffen, liege falsch, macht sie deutlich. Für die Familie und Freunde ist das alles extrem schlimm. Nicht erst bei einem BMI unter 15 wird es gefährlich, mahnt sie.
Snickers mag Stefanie übrigens nicht mehr. Sie isst jetzt am liebsten Gebäckstückchen. Die hatte Maggi ihr immer verboten zu essen.
*Name von der Redaktion geändert