Geschichte Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, lagerten die Nazis wertvolle Kunstgegenstände und Akten in den Kellern von Kloster Banz ein. Doch wo sind die Sachen heute? Heinz Pfuhlmann ist der Sache nachgegangen.
von unserem Redaktionsmitglied Andreas Welz
Kloster Banz — Die Rückgabe von Beutekunst aus Amerika und die kürzliche Neuerscheinung eines Buches über die Tagebücher von Alfred Rosenberg rücken Banz in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Derzeit berichten Fernsehen und überörtliche Zeitungen davon.
Rosenberg war Nazi-Chefideologe und als Ostminister mit seinem "Einsatzstab Reichleiter Rosenberg" verantwortlich für einen europaweiten Kunst- und Kulturgutraub. Er wurde 1946 vom Internationalen Gerichtshof in Nürnberg zum Tode verurteilt und dann hingerichtet. Seine Tagebücher und zahlreiche Kunstschätze lagerten im untersten Keller des Südflügels des Klosters.
Der Leiter des Bildungszentrums Kloster Banz, Michael Möslein, gestattete einen Blick in die weitläufigen Gewölbe.
Dort lagerten am Ende des Zweiten Weltkriegs rund 220 Kisten aus der Preußischen Staatsbibliothek, das Parteiarchiv von Smolensk, deutsche Kunstwerke, umfangreiche Bibliotheksbestände aus West- und Osteuropa, eine große Sammlung russischer Filme sowie Exponate der Kunstsammlungen der Veste Coburg und des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Aus Coburg kamen der Kernbestand von mehr als 11 000 Blättern des berühmten Kupferstichkabinetts, rund 800 Gläser, Keramiken und Ausrüstungsstücke sowie Handschriften und Zeichnungen Martin Luthers.
Lastwagenweise Kunstobjekte Die Einlagerung erfolgte in zwei Transporten vom 9. bis 12. und 16. bis 19. September 1941.
Im Frühjahr 1945 folgten Kostbarkeiten aus dem Rosenberg-Gut, Teile der Akten aus der Berliner Zentrale vom Einsatzstab Rosenbergs, Transporte vom Diözesanarchiv Würzburg, Transporte aus dem Prager Armeemuseum und Kunstgegenstände aus dem Osten.
Nach dem Krieg beschlagnahmte der amerikanische Geheimdienst den gesamten Bestand, transportierte ihn im Februar 1948 nach Marburg und später in die USA. Die Tagebücher wurden 1946 im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess verwendet und waren dann verschwunden. Im Sommer 2013 wurden sie in den USA im Nachlass des Nürnberger US-Chefanklägers Robert Kempner entdeckt.
Über diese Vorgänge referierte Heinz Pfuhlmann, ehemaliger Direktor des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels, bei der Jubiläumsfeier des Lichtenfelser Rotary-Clubs.
Neu war die Darstellung eines Zeitzeugens, der Tochter des Neubanzer Maurermeisters Hans Schramm, der den Kellereingang damals zumauern und wieder aufbrechen musste.
Sie berichtet Folgendes: Es war 1945, im Februar oder März, jedenfalls morgens um 4 Uhr, als der Maurermeister Hans Schramm in Neubanz durch ein hartes Klopfen an seiner Haustür geweckt wurde. Draußen standen Männer in Wehrmachtsuniform, sie forderten ihn zum unverzüglichen Mitkommen auf. Der Weg war kurz, den Berg hinauf nach Banz, und gleich über die Treppe in das unterste Kellergeschoss unter dem südlichen Gasthausflügel. Dort musste Hans Schramm eine Ziegelmauer vor einem Kellergelass hochziehen, in dem sich offenbar Kisten und Kartons befanden. Die Uniformierten machten ihm mit vorgehaltener Waffe klar, er habe strengstes Stillschweigen über das Geschehen zu wahren.
Nun klopfen die Amis Ende April 1945, als es wieder laut bei Hans Schramm klopfte, standen draußen Männer in amerikanischer Uniform. Auch sie forderten ihn zum unverzüglichen Mitkommen auf. Hinauf nach Banz in das unterste Kellergeschoss. Dort musste Hans Schramm eine Ziegelmauer vor einem Kellergelass einreißen, die er gut kannte. Was sich in den dort vermauerten Kisten befand, sagte man ihm nicht. - Soweit die Schilderung.
In den Kellerräumen des Banzer Hauptgebäudes standen Heiligenfiguren aus unterfränkischen Kirchen, auch einige Riemenschneider-Skulpturen. Zudem hängten die Mönche des ehemaligen Klosters die wertvollen Gemälde in ihren Zellen auf, da die Depot-Räume schon restlos gefüllt waren. 1933 hatte die Gemeinschaft von den Heiligen Engeln die einstige Klosteranlage vom Herzog in Bayern erworben.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nutzte der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg das Kloster als Depot.
In Kloster Banz suchte zum Kriegsende Baron Kurt von Behr, der Direktor des Pariser Einsatzstabs "Reichsleiter Rosenberg" eine Zuflucht. An ihn können sich die älteren Leute in Neubanz und Unnersdorf noch gut erinnern. Insbesondere an seine Tochter, eine dunkelhaarige Schönheit, die mit ihnen in die Unnersdorfer Schule ging.
Geheimnisumwittert blieb, was Behr im Sommer 1944 aus Paris nach Banz mitgebracht hatte. Behr war in Paris verantwortlich tätig bei Beschlagnahmungen jüdischen Kunstbesitzes und sonstigen Eigentums durch den "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg". Am 19. April 1945 begingen Behr und seine Frau mit Zyankali Selbstmord in Banz.