In Marktleugast nimmt Pascal Rennen seine Besucher mit auf eine Reise ins menschliche Gehirn. Der Lerncoach unterscheidet dabei vier unterschiedliche Lerntypen voneinander.
"Ballen Sie alle mal eine Faust, dann die zweite dazu; so viel Gehirn haben Sie durchschnittlich. Keine Sorge. Das reicht völlig aus" - Pascal Rennen ist nett, locker, unterhaltsam. Was er den 90 Eltern von schulpflichtigen Kindern im Marktleugaster Bürgersaal erzählt, hat Hand und Fuss. Und wie er es erzählt, ist professionell.
Er unterhält seine Zuhörer mit Wissen, belästigt sie aber nicht mit Daten. Damit kann er der ungeteilten Aufmerksamkeit seiner Erwachsenenklasse über zwei Stunden kleinportionerte Informationen verbunden mit Erfahrungen aus dem wahren Leben sicher sein. Dieser erste pädagogische Trick funktioniert auch bei einer Erwachsenenklasse.
Strukturierte Bewegungen
Rennen ist Lerncoach. Zu deutsch: Lernenlehrer. Gewirkte Jacke und Sneakers, alles in seriösem Grau. In seinem Vortrag setzt er die rechte Fußspitze auf, wenn er Fakten berichtet, und setzt die Ferse auf, wenn er im Thema dann weiterschreitet.
Er tritt nach vorn, wenn er das Thema vertieft und zur Seite, wenn er ein neues beginnt. Sein Vortrag hat Struktur. Und durch die Art seiner Bewegungen strukturiert er seinen Vortrag für die Zuhörer optisch. "Struktur ist das A und O beim Lernen", sagt er. Dafür gibt es allerdings kein Patent. Jeder braucht eine andere Struktur. Überhaupt verarbeiten wir Neues nur in kleinen Portionen. So etwa sieben am Stück. Rennen komplimentiert zwei unfreiwillig Freiwillige nach vorn und lässt sie Zahlen wiederholen: 5, 2; das geht ohne Probleme. 7, 3, 5, 8, 9, 2, 4; das geht mit einem Zahlendreher fast.
Eine weitere längere Zahlenreihe funktioniert nur noch näherungsweise. Das Ultrakurzzeitgedächtnis lässt nur so um die sieben Informationen durch, erklärt er. Es filtert aus dem Chaos aller möglichen Eindrücke aus. Deshalb lernt man am besten in kleinen Schritten.
Doch Gelerntes bleibt nicht. Es wird im Lauf der Zeit vergesssen. Um es behalten zu können hilft nur eines: wiederholen. Damit beginnt die Vergessenskurve wieder ganz oben, verfestigt sich Wissen im Kurzzeitgedächtnis und bleibt irgendwann im Langzeitgedächtnis gespeichert. Das umso schneller, wenn es mit etwas anderem verknüpft ist. Wenn man Kategorien bildet. Kinder sollten recht früh mit Fachbegriffen umgehen üben, empfiehlt er.
"Wissen Sie, was am 3. 4. 2003 geschah? Nein? Aber sicher, was am 11. 9. 2001 war," fragt Rennen und stellt fest: Worüber öfter gesprochen wird, das bleibt eher haften. Deshalb: Gelerntes wiederholen. Das aber auch nur in angemessenen Portionen. "Lernen braucht auch Zeit." Wer was wie am besten lernt, dafür gebe es keine Patentlösung, so Pascal Rennen. Man unterscheidet vier Lerntypen, wobei jeder eine individuelle Mischung aus allen ist. Der logisch-abstrakte Typ lernt am besten allein, braucht eine klare Struktur, kapiert schnell und ist ehrgeizig. Er braucht keinen pädagogischen Schnickschnack wie Lerngruppen, ist leicht motivierbar, ist gut in den Schwerpunktfächern, kriegt aber die restlichen auch irgendwie hin.
Vorwürfe an sich selbst
Der sicherheitsliebende Typ ist still, ordentlich, braucht aber bekannte Strukturen und Lernumgebungen und hat eine längere Anlaufzeit, Neues anzunehmen; er hat einen Blick für Einzelheiten, aber Schwierigkeiten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und ist ein guter Auswendiglerner.
Der emotionale Typ lernt langsamer, braucht Geborgenheit und neigt zu Selbstvorwürfen bei Fehlern, reagiert aber gerne auf positive Zuwendungen, braucht ein stabiles Umfeld und hat eine hohe soziale Kompetenz.
Der kreativ-chaotische Typ ist fantasievoll und beteiligt sich rege am Unterrricht. Er ist ein Terminarbeiter, der eher kurz vor Tests intensiv lernt und das oportunistisch-strategisch: am besten nur das, was sicher gebraucht wird. Strukturen müsse er aber erst intensiv lernen.
Um Kindern Lernen zu ermöglichen und sie ihrer Disposition gemäß zu unterstützen, müsse man sie beobachten, um die für sie "richtige" Methode zu finden. Ein logisch-abstrakt gepoltes Elternteil zum Beispiel würde da aber mit einem kreativ-chaotischen Kind seine liebe Not haben. "In solchen Fällen muss man die Unterstützung auslagern," empfiehlt Rennen. Durch Nachhilfe zum Beispiel.