Landkreis Kronach auf Platz 359 von 402: Wirtschaft und Politik fragen nach

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Im Landkreis Kronach herrscht Aufbruchsstimmung: Die Unternehmen berichten von einer guten Konjunktur; die Arbeitslosenquote sank in den vergangenen zehn Ja...

Im Landkreis Kronach herrscht Aufbruchsstimmung: Die Unternehmen berichten von einer guten Konjunktur; die Arbeitslosenquote sank in den vergangenen zehn Jahren von mehr als acht auf dreieinhalb Prozent; das Innovations-Zentrum Region Kronach (IZK) und der neue Campus für Innovationskultur vernetzen Existenzgründer und die regionale Wirtschaft und heben Innovationspotenziale in der Region. Es geht voran - oder?
Die Prognos AG sieht das offenbar anders. In ihrem aktuellen "Zukunftsatlas", der alle drei Jahre erscheint, rangiert der Landkreis Kronach auf dem unrühmlichen 359. von 402 Plätzen - und ist das Schlusslicht aller kreisfreien Städte und Landkreise in Bayern. Das Bild passt so gar nicht zu dem, das die Kronacher selbst von ihrer Region haben. Die IHK hatte deshalb Peter Kaiser von der Prognos AG nach Kronach eingeladen - er sollte den Vertreten des IHK-Gremiums, des Kreisentwicklungsausschusses sowie des Innovationszentrums Kronach erklären, wie das Negativergebnis zustande kommt.
Vor allem aber wollten die Vertreter aus Wirtschaft und Politik Ideen und Strategien diskutieren, um die tatsächlichen Schwächen der Region anzupacken und beim nächsten Ranking besser dazustehen. Die Demografie, der Fachkräftemangel: Dass sie einige Herausforderungen zu bewältigen haben, das wissen die Kronacher selbst. "Als Verlierer fühlen wir uns aber keineswegs - und wollen dieses Image ins Positive drehen", sagte der stellvertretende Landrat Gerhard Wunder. Denn schließlich sei zu befürchten, dass etwa Fachkräfte von außerhalb Oberfrankens der Region Kronach und ihren Unternehmen keine Chance geben, sobald sie von dem Ranking erfahren haben.


Handlungsbedarf erkannt

Mit vier Themenfeldern - und 29 einzelnen Indikatoren - ist das Prognos-Bewertungsverfahren komplex. Punkten kann Kronach unter anderem mit der niedrigen Arbeitslosenquote, der hohen Investitionsquote in der Industrie, überdurchschnittlich vielen Patentanmeldungen und einer geringen Kriminalitätsrate. Für das dennoch negative Ergebnis sorgen jedoch die sinkende Einwohnerzahl, eine Stagnation bei der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, und nur wenige Unternehmensgründungen. Themen, bei denen die Kronacher bereits Handlungsbedarf erkannt haben und gegensteuern, bemerkte IHK-Vizepräsident und Gremiumsvorsitzender Hans Rebhan. Er nannte etwa die Demografie-Pilotregion Kronach und den Campus für Innovationskultur.
Andere Indikatoren werden dem Landkreis jedoch womöglich zu Unrecht zum Nachteil gereicht: Als seit vielen Jahren erfolgreiche Industrieregion etwa schneidet Kronach schlecht ab in Sachen Dynamik. Prognos spricht außerdem von einem geringen Anteil hochqualifizierter Beschäftigter - wobei in der Studie allerdings als "hochqualifiziert" nur Akademiker gelten; also keine Beschäftigten, die etwa bei der IHK eine berufliche Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt absolviert haben. Dabei stehen diese im sogenannten Deutschen Qualifikationsrahmen offiziell auf einer Stufe mit Bachelor-Absolventen. Der IHK-Betriebswirt und technische Betriebswirt (IHK) sind sogar einem Masterhochschulabschluss ebenbürtig. "Die Abschlüsse sollten auch im Prognos-Atlas gleichgestellt werden", forderte Rebhan - eine Anregung, die Kaiser sofort aufnahm.
Das Fazit: Einige der Negativ-ergebnisse konnten relativiert werden, aus anderen wollen die Kronacher Lehren ziehen: Unternehmer Joachim Wiegand hob die Bedeutung der Verkehrsanbindung für den Landkreis Kronach hervor und forderte von der Politik, dass man hier nicht locker lassen sollte, und zwar sowohl was Straße und Bahn betreffe.
Der Wallenfelser Bürgermeister Jens Korn appellierte, auf die Studie nicht beleidigt zu reagieren, sondern das Beste daraus zu machen. Seine Schlussfolgerungen: "Wir müssen mehr hochqualifizierte Jobs schaffen, gerade mit Blick auf die Digitalisierung, und innovativer werden."
Britta Höfer, Geschäftsführerin der Waltec Maschinen GmbH, rief dazu auf, die jungen Leute noch mehr zu einer dualen Ausbildung im eigenen Landkreis zu motivieren. IZK-Mitglied Kristina Hofmann regte an, einen Bleibebonus für junge Leute anzubieten - als Gegenstück zu der Prämie, die sie bekommen, wenn sie ihren Wohnort bedingt durch das Studium ändern.
Unternehmer Bernd Hörauf fasste als Fazit der Veranstaltung zusammen: "Durch diesen Abend habe ich jetzt ein besseres Gefühl beim Nachhausegehen, wenn es um die Zukunft des Landkreises Kronach geht".


Novum

Der Stellvertreter des Landrats, Gerhard Wunder, und IHK-Vizepräsident Hans Rebhan dankten Joachim Wiegand für die Initiative und die Kostenübernahme der Präsentation des Gutachtens der Prognos AG.
Es sei ein Novum, dass das IHK-Gremium gemeinsam mit einem Ausschuss des Kreistages tage, betonte Hans Rebhan. Was die Zukunftsfähigkeit des Landkreises betreffe, müssten Wirtschaft und Politik im Gespräch bleiben. Das Ziel sei ein Kooperationsabkommen mit entsprechenden Handlungsvereinbarungen zwischen IHK-Gremium und Landkreis Kronach im kommenden Jahr. red