Kleine Unterstützung im Gelde

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Das Seelhaus am Kirchenplatz Foto: Manfred Welker
Das Seelhaus am Kirchenplatz  Foto: Manfred Welker

Die Stadt Herzogenaurach möchte eine Stiftung auflösen, die ein halbes Jahrtausend überdauert hat. Kreisheimatpfleger Manfred Welker hat einen Blick in die Geschichte geworfen. Er ist von den Plänen nicht begeistert.

Mehr als ein halbes Jahrtausend hat eine  städtische Stiftung überdauert - die Pfründner-Hospital, Seel- und Siechhausstiftung. Angeregt worden ist diese als Hospitalstiftung im Jahre 1511 durch Cuntz Reyther. Jetzt soll diese Einrichtung verschwinden. Gestern Abend beriet bereits der Hauptausschuss (Bericht folgt), ein Beschluss im Stadtrat folgt. Wenn die Räte der Empfehlung der Verwaltung folgen, wird die Stiftung aufgelöst.
Grund ist laut Bürgermeister German Hacker (SPD) die Tatsache, dass die Stiftung nicht mehr erforderlich sei, auch weil sie sich wirtschaftlich nicht mehr trage. Denn das Stiftungseigentum, also mehrere historische Gebäude, wird seit langem von der Stadt selbst betreut. Man könne sich die jährlichen Kosten von 50 000 Euro schlicht sparen, sagte Hacker. Bereits im Krisenjahr 2009 habe der Stadtrat schon einmal über eine Auflösung der Stiftung geredet. Damals habe man diesen Schritt, wohl aus Nostalgie, wie der Bürgermeister sagt, nicht vollzogen.


Nicht immer gut verwaltet

Kein Befürworter der Auflösung ist Manfred Welker, Stadtrat der Freien Wähler. Denn die von Privatpersonen gestifteten Wohlfahrtseinrichtungen seien von den Verantwortlichen der Stadt Herzogenaurach nicht immer zum Besten verwaltet worden, berichtet er. Für ihn dürfe die ursprüngliche Intention und die geschichtliche Bedeutung keinesfalls verloren gehen. Zumal die Stiftung nach Wunsch ihrer Gründer "für ewige Zeiten ihren Segen für das Städtchen" verbreiten sollte. Durch die Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg gingen nahezu alle angelegten Gelder der Stiftung verloren, schreibt Welker.
Er ist überzeugt: Kaum jemand wisse noch, welchen Zweck die Spender verfolgten. Und: "Eine Stiftung, die 500 Jahre überdauert hat, kann man nicht einfach so auflösen."


Aus den Geschichtsbüchern

In seiner Eigenschaft als Kreisheimatpfleger hat der Herzogenauracher für den FT einen Blick in die Geschichte geworfen. Und die Informationen zu den später zusammengefassten Stiftungen aufgeschrieben.
Alles geht zurück auf Cuntz Reyther, der die Hospitalstiftung im ehemaligen Spital am Kirchenplatz angeregt hat. Nach Angaben aus dem Jahr 1837 wurden vier männliche und sechs weibliche Spitalpfründner dort versorgt. Im Laufe der Zeit verfügte das Spital über 55 378 Gulden und 18 ¼ Kreuzer Vermögen im Jahr 1837 und konnte über seinen Zweck hinaus noch Geld ausleihen und die "Local-Armen-Casse" mit erforderlichen baren Mitteln versorgen. Im ehemaligen Spital befindet sich nunmehr das Stadtmuseum.


Freiwillige Gaben

Die Armen-, Seel- und Siechhausstiftung wurde 1812 aus gesondert verwalteten Stiftungen zusammengefasst, aus der Almosen-Stiftung (gestiftet 1600), der Seelhaus-Stiftung (gestiftet 1567) und der Siechhaus-Stiftung (gestiftet 1563). Alle drei Stiftungen waren aus freiwilligen Gaben der Herzogenauracher Bürger entstanden, nach ihrer Zusammenfassung verfügten sie über ein Vermögen von 7465 Gulden und zehn Kreuzer Vermögen im Jahr 1837.
Aufgabe war im Seelhaus am Kirchenplatz, dass vier Stadtarme weiblichen Geschlechts im vorderen Seelhaus "holz- und lichtfreie Wohnung und eine kleine Unterstützung im Gelde" erhielten. Außerdem erhielt die Armenkasse jährlich elf Gulden und 30 Kreuzer Zuschuss. Die städtischen Kranken wurden im Siechhaus "ärztlich behandelt, gewartet und gepflegt, jedoch - die Wohnung abgerechnet - auf Kosten des Local-Armen-Fonds".


Balken aus dem Jahr 1456

Das Seelhaus besteht eigentlich aus zwei Gebäuden an der Ecke Kirchenplatz/Engelgasse, die erst später unter einem gemeinsamen Dach zusammengefasst wurden. Dendrochronologische Untersuchungen aus dem Jahr 1994 ergaben, dass drei Dachsparren aus Tannenholz an der Jahreswende 1456/57 gefällt wurden.
Bereits der Heimatforscher Bernhard Dietz (20. Mai 1897 in Weismain - 22. Juli 1933 in Erlangen) konnte den Namen des Urhebers für das Seelhaus nicht herausfinden. Darin sollten wie andernorts auch, wo derartige Häuser als "Pilgrimshaus" tituliert wurden, durchreisende, bedürftige Wanderer über Nacht beherbergt, gespeist und bei Erkrankung auch gepflegt werden. Ein "Seelfräulein" wurde angestellt, das sich um die Belange der Reisenden kümmerte.
Da das ursprüngliche Stiftungskapital gering war, konnte die gestellte Aufgabe bereits im 16. Jahrhundert nicht mehr erfüllt werden. Der Stiftungszweck wurde geändert und die Stadtväter widmeten die Herberge in ein Armenhaus um.
Luitpold Maier (1887-1967) hat bei der Lektüre in den Akten der Stadt noch Weiteres herausgefunden. Zuständig für das Gebäude waren das Spitalamt oder dessen jeweiliger Pfleger. In das Seelhaus wurden in erster Linie Bürger oder Bürgerskinder aufgenommen. Im Februar 1618 brachte man ein zweijähriges Kind, das fünf Wochen davor auf der gegenüberliegenden Seite der Steinernen Brücke aufgefunden wurde, in das Seelhaus.
Die Stiftung war ursprünglich solvent. 1764 finden sich in einem Häuserverzeichnis die Einnahmen aufgelistet. Aus dem Stiftungsgrund wurden ein Pfund und siebeneinhalb Pfennig aus dem Waldbesitz, ein Pfund und siebeneinhalb Pfennig aus dem Wiesenbesitz und aus Fischrechten, wohl an der Aurach, der gleiche Betrag erzielt. Diese altertümlichen drei Pfund und 22 Pfennig entsprachen dem Wert von 340 Kreuzern oder sechs Gulden. maw/bp