Der Biologe Joachim Langstein erklärte seinen Zuhörern, welchen Bedrohungen die Bienen ausgesetzt sind.
"Summ, summ, summ ... " heißt es in einem alten Kinderlied, doch vielerorts summt es nicht mehr genug, Bienensterben lautet das Schlagwort. Um über die Bedeutung und die Bedrohung der Honigbiene zu informieren, hatte die Kreisgruppe Kulmbach des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern am Mittwochabend zu einem Vortrag in das Gasthaus "Zur Weinbrücke" geladen. Rund 50 Besucher lauschten den Ausführungen des Imkers und Biologen Joachim Langstein aus Bayreuth, der viel zu erzählen hatte.
"Mensch und Biene verbindet bereits seit der Steinzeit eine Beziehung", sagte er. Viele Bienenprodukte stünden auch heute noch hoch im Kurs, etwa der beliebte Bienenhonig, das Bienenwachs oder das antibiotisch wirkende Propolis. "Doch den höchsten Stellenwert hat die Bestäubungsleistung der Bienen, denn mit der kann kein anderes Insekt mithalten." Das habe verschiedene Gründe. Im Gegensatz zu den meisten Insekten bestäubt die Biene als Generalist fast alle Blüten und ist darüber hinaus blütenstet. Das bedeutet, dass sie den ganzen Tag über die gleichen Blüten anfliegt, dazu lernt und immer schneller wird.
Überhaupt sei die intelligente Leistung der Bienen nicht zu unterschätzen. Sie verfügen über ein äußerst aufwendiges und effektives Kommunikationssystem, haben in ihrem Stock eine strikte Aufgabenteilung und zeugen je nach Bedarf Arbeitsbienen, Drohnen oder Königinnen. Die Brutnesttemperatur in ihrem Stock halten Bienen bei konstant 35 Grad, unabhängig von den Wetterbedingungen. Eine niedrigere Temperatur bringt Bienen mit einfacher gestrickten Fähigkeiten hervor.
Varroamilbe steht ganz am Ende
Normalerweise werden Bienen zwei bis drei Wochen alt, doch die Winterbienen, die das Volk über die langen, kargen Wintermonate tragen müssen, werden bis zu einem halben Jahr alt. Wahrlich ein Superorganismus, dem so schnell nichts etwas anhaben kann, so meint man - ein Problem, dem sich auch Imker gegenüber sehen, denn "dass es einem Volk schlecht geht, stellt ein Imker erst fest, wenn es kurz vorm Sterben ist", erklärte Langstein.
Weithin werde berichtet, die Varroamilbe sei zu 90 Prozent für das Bienensterben verantwortlich. "In der Tat ist das so, aber diese Milbe ist nicht die eigentliche Ursache. Sie versetzt einem geschwächten Volk nur noch den Todesstoß." Die Vorgänge seien viel komplexer. Monokulturen und Flurbereinigung führen zu Trachtlücken, bewirken ein einseitiges Pollenangebot, erschweren den Bienen die Orientierung und führen zu Hunger. Fungizide sorgen dafür, dass der Pollen nicht mehr richtig aufgeschlossen werden kann.
Sogenannte Neonicotinoide sind systemisch wirkende Insektizide, die von Pflanzen aufgenommen werden und die ganze Pflanze vergiften."Bereits geringste Mengen, die in einen Bienenstock eingebracht werden, richten große Schäden an", sagte Langstein. Die Lebenserwartung der Biene werde reduziert, was insbesondere bei den Winterbienen ein Problem sei. Die Bienen werden "dumm", das Orientierungsvermögen wird herabgesetzt. Die Brutnesttemperatur sinkt, und was zurückbleibt, ist ein Volk von hungernden, dummen und weniger lebensfähigen Bienen. "Diese Schäden machen die Bienen anfällig für Krankheiten und Parasiten, an denen sie letztendlich zugrunde gehen." Das massenhafte Bienensterben sei die Folge.
Daher plädierte Langstein dafür, Neonicotinoide generell zu verbieten, eine naturnähere Forstwirtschaft mit hohlen Bäumen zu fördern und blühende Wiesen zu erhalten. "Bienen sind nicht nur wegen ihrer enormen wirtschaftlichen Leistung wichtig. Von verbesserten Lebensbedingungen für die Bienen profitiert eine Unzahl anderer Tier- und Pflanzenarten direkt und indirekt." In Deutschland seien 99,99 Prozent der Honigbienen per se bereits ausgestorben und würden nur durch die Arbeit der Imker am Leben erhalten. "Ein Honigbienenvolk könnte ohne den Menschen bei uns nicht überleben."
Höchste Zeit, die Bremse zu ziehen und etwas zu tun, meinte auch Erich Schiffelholz, der Vorsitzende der LBV-Kreisgruppe Kulmbach, und appellierte an jeden Einzelnen. "Besitzer von Kleingärten sollten darauf achten, ob überhaupt Gifte notwendig sind. Viel wichtiger wäre eine naturnahe Gestaltung der Gärten." Landkreis und Stadt Kulmbach kämen den Naturschützern diesbezüglich sehr entgegen, sei es durch die Möglichkeit, Gemeindeverwaltungen zu informieren, durch ein ökologisch ausgerichtetes Mähen der Straßenränder oder die Schaffung natürlicher Blühflächen. "Die Bürger sollten sich aber nicht gleich beschweren, wenn Flächen oder Straßenränder nicht wie gewohnt kahlgeschoren werden."