Hoffnung trotz neuer Zwangspause

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Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, hat nach dem Konjunkturabsturz im Frühjahr eine rasante Aufholjagd hingelegt. Foto: Christoph Soeder, dpa
Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, hat nach dem Konjunkturabsturz im Frühjahr eine rasante Aufholjagd hingelegt. Foto: Christoph Soeder, dpa

Nach dem tiefen Einschnitt hat sich die Wirtschaft besser erholt, als es Experten erwartet hatten.

Es ist eine paradoxe Situation. Ab Montag wird das Land binnen weniger Monate ein zweites Mal heruntergefahren. Erneut macht sich Ungewissheit breit, ob die deutsche Wirtschaft diese radikale Seuchenschutzmaßnahme verkraften kann, oder ob noch mehr Menschen ihre Arbeit verlieren. Doch es gibt Grund zur Hoffnung, dass es nicht noch einmal so schlimm kommt wie zwischen April und Juni.

Zuletzt lief es nach dem historischen Einbruch besser als erwartet. Im dritten Quartal, also in den Monaten Juli bis September, konnte die Konjunktur einen Gutteil des verlorenen Geländes aufholen. Die Wirtschaft legte um 8,2 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag meldete. Das riesige Konjunkturprogramm der Bundesregierung entfaltete seine Kraft. Das Wirtschaftsleben meldete sich stärker zurück, als es Ökonomen erwartet hatten. Die Schätzung hatte nur ein Plus von 7,3 Prozent erwartet. "Das ist ein Polster und ein Puffer", kommentierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die guten Zahlen.

Altmaier hatte am Freitag frisches Zahlenmaterial dabei, das seine Fachleute erstellt haben. Der Tenor: Das Jahr 2020 wird schlimm, aber nicht so schlimm wie gedacht. Das Ministerium setzte seine Wachstumsprognose nach oben, was freilich heißt, dass es heuer zwar nach unten geht, aber nicht mehr so steil wie zunächst gedacht.

Demnach wird die Wirtschaftsleistung gegenüber 2019 um 5,5 Prozent zurückgehen. In dem Wert ist bereits die neuerliche Zwangspause für Kneipen, Gasthöfe, Hotels, Fitnessstudios und die Kultur eingepreist. Altmaiers Experten liegen mit ihrer Erwartung auf der Linie mit einigen Wirtschaftsforschungsinstituten, teilweise gibt es auch trübere Aussichten.

Dass es nach dem ersten Lockdown nicht so schlecht gekommen ist, liegt neben der jüngsten Aufholjagd an zwei weiteren positiven Entwicklungen. In Asien haben wichtige Industrieländer das Coronavirus weitgehend unter Kontrolle. In China, Südkorea und Japan werden nur noch wenige Ansteckungen gemeldet. Das bedeutet, dass die Nachfrage anzieht, Fabriken arbeiten können und die hiesigen Unternehmen mit Vorprodukten und Teilen beliefern. Im Reich der Mitte lässt die Staatsführung für das Lager produzieren, um so das Wachstum anzuschieben.

Genauso wichtig wie die erfolgreiche Bekämpfung des Virus in Ostasien sind offene Grenzen in Europa. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Schlagbäume wie im Frühjahr runtergehen, sich deshalb die Lkw an den Zollstationen stauen und die Lieferketten unterbrochen werden. Gegenwärtig sind die Grenzen nur für Urlauber nahezu dicht.

Das Polster aus dem dritten Quartal, die weitgehend coronafreien Industriestaaten in Ostasien und offene Grenzen sorgen dafür, dass das Wirtschaftsministerium im nächsten Jahr mit einem Wachstum von 4,4 Prozent rechnet. Der Staat will den Einnahmeausfall von Gastronomen, Kulturveranstaltern und Selbstständigen im November mit zehn Milliarden Euro kompensieren. Am Jahresende wird sich das Wachstum nach dem rauschhaften dritten Quartal wohl dennoch um die Nulllinie einpendeln. "Spätestens im Jahr 2022 sollen die Einbußen dieser Pandemie ausgeglichen sein", sagte der Wirtschaftsminister.