Uschi Schmidt berichtet über die aktuelle Situation der aus Herzogenaurach abgeschobenen Menschen. Auch weiterhin werden Spenden dringend benötigt.
Ein halbes Jahr ist es her, dass die junge Kubanerin Dayami in ihr Herkunftsland abgeschoben wurde. Wenige Wochen später traf das gleiche Schicksal eine Familie aus Tschetschenien, die in Herzogenaurach offenbar gut integriert war. In beiden Fällen reagierte die Flüchtlingsbetreuung Herzogenaurach mit Unverständnis und Entsetzen.
Seither kümmert sich Uschi Schmidt um die Flüchtlinge von Herzogenaurach aus. Es wurde versucht, den an Diabetes erkrankten Familienvater der tschetschenischen Familie mit Geld für Medikamente zu versorgen. Gleiches galt für Dayami, die in Kuba inzwischen ihr Baby zur Welt gebracht hatte.
Uschi Schmidt hat die Leitung der Herzogenauracher Flüchtlingsbetreuung inzwischen abgegeben. Um ihre "Altfälle" will sie sich aber weiterhin kümmern.
Luiza mit Mann und Sohn
Die Tschetschenen Luiza und ihr Mann wurden im März gemeinsam nach Kasachstan abgeschoben, am gleichen Tag folgte auch der Sohn. Die politische Lage in Kasachstan ist gerade mehr als explosiv, schreibt Uschi Schmidt in einem letzten Tätigkeitsbericht. "Nach den Wahlen an Pfingsten gab es Ausgangssperren, Internetblockaden und im ganzen Land wahllose Verhaftungen." Schmidt weiter: "Die ganze Familie zittert, was jetzt passiert, denn schon bald sollen wieder Demonstrationen stattfinden." Bei den letzten Protesten seien 15-Jährige verhaftet und direkt zum Militärdienst gebracht worden. Das allein zeige, wie gefährlich es ist, wenn jemand zum Militär kommt. Der Sohn der Familie hatte den Militärdienst ja verweigert.
Da ein Blutzuckermessgerät nach vier Wochen Transport nun angekommen ist, schreibt Uschi Schmidt weiter, ist es jetzt ein bisschen einfacher, das Problem mit der Diabetes in den Griff zu bekommen. Aber die Erkrankung der Schilddrüse verbiete es, zu jubeln. Schmidt weiter: "Eigentlich müsste sie entfernt werden, aber wir wagen nicht einmal zu fragen, was eine Operation kosten würde." Die Herzogenauracherin hat wenig Illusionen: "Die Mieten sind hoch und alles kostet - es ist aussichtslos, dass Luiza mit ihren 52 Jahren dort eine Arbeitsstelle bekommt." Es gebe sehr viele Arbeitslose, auch junge, da werde man keine "alte" tschetschenische Frau einstellen.
Die Familie könne bislang also nur überleben, weil sie Spenden bekommt. Drei Töchter haben in Deutschland zwar ein Bleiberecht für drei Jahre, aber solange die Kinder nicht in den Kindergarten gehen können, können sich die Mütter nicht um eine Arbeit bemühen und die Ehemänner verdienen kaum für drei bis vier Personen. Als Ironie des Schicksals bezeichnet es Schmidt, dass mittlerweile das letzte nötige Papier von der Zeugnisanerkennungsstelle eingetroffen sei. Luiza hätte jetzt alle Dokumente zusammen, damit man ihr eine Arbeit hätte bewilligen müssen. Doch die Abschiebung kam zuvor.
Schmidt stellt sich auch die Frage, wie es weitergeht. Man müsse jeden Tag hoffen, dass der Sohn nicht verhaftet wird, jeden Tag hoffen, dass ihr Mann Hassan irgendwie aufstehen und den Tag bewältigen kann. Luiza will versuchen, in irgendeinem Land eine Arbeitsgenehmigung zu bekommen. Uschi Schmidt: "Irgend etwas muss man ja tun, aber es gibt fast kein Ziel, auf das sie hinarbeiten könnten."