Hochexplosive Mischung aus Alkohol und Ballerspielen

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Der Konsum von Alkohol, Psychothrillern und Kriegsspielen auf dem PC haben einen 20-Jährigen aus dem Itzgrund fast zum Mörder seines Freundes werden lassen....

Der Konsum von Alkohol, Psychothrillern und Kriegsspielen auf dem PC haben einen 20-Jährigen aus dem Itzgrund fast zum Mörder seines Freundes werden lassen. Nur dem Einschreiten der Eltern des Opfers war es zu verdanken, dass es mit schweren Augenverletzungen überlebte.


Bier und Schnaps konsumiert

Der junge Mann, der nach Aussagen von Zeugen kaum Alkohol trinkt, spielte in der Nacht zum 27. Mai dieses Jahres mit seinem Freund aus dem Landkreis Coburg Computerspiele, bei dem man sich gegenseitig abschießt. Beide konsumierten Bier und Schnaps. Außerdem sahen die jungen Männer einen Psychothriller. Kurz vor sechs Uhr in der Früh griff der junge Mann seinen schlafenden Freund in dessen Schlafzimmer an und schlug dem Wehrlosen mit beiden Fäusten mehrfach auf Gesicht und Hals. Die Eltern des Opfers gingen dazwischen. Der Freund erlitt einen Bruch des Augenhöhlenbogens und einen Muskelriss, starke Hämatome auf Auge und Lidern und blutige Platzwunden an Kopf und Gesicht. Außerdem wurden ihm zwei Ohrringe aus dem Ohr gerissen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem jungen Mann, der derzeit in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt in Kronach sitzt, versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.
Der Angeklagte gab vor Gericht und bei der Polizei an, zwar nicht täglich, aber doch des Öfteren stundenlang Kriegsspiele am PC gespielt zu haben, während seine Mutter und vor allem seine Freundin den Konsum teilweise stark relativierten. Die Freundin, die weit entfernt vom Angeklagten wohnt und ihn zweimal im Monat für wenige Tage sah, hatte sich in der Tatnacht mit dem 20-Jährigen mehrmals am Telefon gestritten. Das habe ihn wohl sehr mitgenommen, sagten Zeugen aus. Im Laufe der Nacht soll der Angeklagte drei Bier getrunken und mit seinem Freund zwei Flaschen mit rund 2,5 Litern selbstgebrannten Schnaps konsumiert haben.


Unverständliches geredet

Ein Ersthelfer berichtete, dass der junge Mann sehr "durcheinander" und teilweise in einer fremden Sprache Unverständliches geredet habe. Ein Polizist äußerte sich ähnlich: Der Angeklagte habe "verwirrt" gewirkt und sei "neben der Spur" gewesen, "als ob er in einer anderen Welt wäre". "Er hat von Kriegsszenarien geredet, von einer Schrotflinte, mit der sein Freund abgeschossen worden sei", sagte der Beamte. "Er redete von Angriffen, es kam mir vor wie ein Kriegstrauma." Der Mann sei durch die Wohnung gelaufen und habe von "Maschinengewehr-Nestern", "Feinden" und "Stellungen" gesprochen. Seinen Freund habe er - wie im Film vom Soldaten James Ryan - mit "James" tituliert und mehrfach geschrien: "James, stirb nicht!"
Die Freundin des Angeklagten beschreibt den 20-Jährigen als liebevolle, nette und fürsorgliche Person. Am Tatabend habe sie ein paar Mal mit ihm telefoniert, sagte sie. Er habe Stimmungsschwankungen gehabt, die sie sich nicht habe erklären können. Ihr Freund habe sie angeschrien und beschimpft - und sich im nächsten Moment dafür wieder entschuldigt. Auf Nachfrage von Gutachter Anatoli Abramovic erklärte sie, dass dieser Abend für sie eine "absolute Ausnahmesituation" gewesen sei. Der Gutachter, Facharzt für Psychiatrie in Würzburg, sprach von einer ängstlichen und gehemmten Persönlichkeit, die noch nicht "flügge" geworden sei und im "Schoß der Familie" lebe. Zum Tatzeitpunkt errechnete der Experte einen Promillegehalt von 2,33. Er bescheinigte dem Angeklagten einen pathologischen Rauschzustand mit vorübergehenden Wahrnehmungsstörungen. Den Zustand bezeichnete er als "schwere exogene Psychose", durch die dessen Einsichtsvermögen und seine Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen seien. Er hielt den Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat für schuldunfähig. Von einer dauerhaften geistigen Störung ging der Fachmann nicht aus. Allerdings empfahl er eine verhaltenstherapeutische Maßnahme und ein Antiaggressionstraining. Das Urteil wird morgen nachgereicht.