Heimatverein Pretzfeld wird 60

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Trachten sind ein Standbein der Ortsgruppe Pretzfeld des Fränkische-Schweiz-Vereins. Foto: Josef Hofbauer
Trachten sind ein Standbein der Ortsgruppe Pretzfeld des Fränkische-Schweiz-Vereins. Foto: Josef Hofbauer
Karl-Ludwig Grodd
Karl-Ludwig Grodd
 

Ein Gedenkgottesdienst bildet den Auftakt des Jubeljahres beim Fränkische-Schweiz-Verein Pretzfeld. Ein Ehrungsabend und eine Ausstellung, die Hermann Bieger für die Kirchweih organisiert, folgen.

JOsef Hofbauer Die Urkunden für die Gründungsmitglieder des Fränkische-Schweiz-Vereins, die den Heimatverein vor 60 Jahren im Gasthaus "Zur alten Post" (Josef Lamm) aus der Taufe hoben, sind bereits gedruckt. Überreicht werden sie erst im Rahmen der Jahreshauptversammlung am 9. März. Das Jubeljahr eröffnet der Verein aber bereits am Samstag, 19. Januar, mit einem ökumenischen Gedenkgottesdienst und einem anschließenden Empfang.

Als der gebürtige Hesse Karl-Ludwig Grodd 1991 die Leitung des Fränkische-Schweiz-Vereins übernahm, zählte die Ortsgruppe gerade mal 98 Mitglieder. Heute bekennen sich 260 Pretzfelder zu diesem breit aufgestellten Verein, der zum Wandern einlädt, sich um den Erhalt der Tracht und die Pflege des fränkischen Liedgutes kümmert und der sich der Erhaltung von Kulturgütern wie Wegkreuzen und Martern verschieben hat.

Über 28 000 Euro investiert

Insgesamt hat der Verein seit 2005 exakt 28 396,61 Euro in den Erhalt von Pretzfelder Kulturgütern investiert. So wurde für das so genannte "Richter-Kreuz" an der Schulstraße ein neuer Korpus gekauft. Bereits in den 1980er Jahren ließen die Mitglieder des Fränkische-Schweiz-Vereins das Theiler-Kreuz restaurieren, ins Pfarrhaus bringen und für den Standort am Geierstoß einen Ersatz nachschnitzen. Auch die Sanierung der 1860 erbauten Angerkapelle und die Restauration des Altars hat dieser Verein weitgehend finanziert.

Vor gut zehn Jahren nisteten im Korpus des Angerkreuzes Vögel, das Kreuz war so verfallen, dass das Original nicht mehr zu retten war. Richard Redel sicherte die Reste der nicht mehr zu rettenden Figuren des Richter- und des Angerkreuzes in Vitrinen, die im Vereinshaus aufbewahrt und zwischenzeitlich in die Räumlichkeiten der Familie Stingl ausgelagert wurden. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten des Vereinsheimes kommen die Exponate zurück. Jüngstes Projekt war die Sanierung der Nepomuk-Figur an der Staatsstraße, unweit des Wanderparkplatzes. Diese Sandsteinfigur aus der Zeit um 1750, die ursprünglich viel tiefer platziert war, erhielt sogar eine farbige Fassung. Mit den Arbeiten wurde der Bamberger Kirchenmaler, Vergolder und Restaurator Gerd Tippl betraut.

Auf Schusters Rappen

Da Wanderwart Reinhard Glas derzeit "außer Gefecht" ist, hat Vereinsvorsitzender Karl-Ludwig Grodd vorübergehend auch die Betreuung von mehr als 60 Kilometern Wanderwegen übernommen. Ein Job, der gerade jetzt recht arbeitsaufwendig ist, weil die Strecken digitalisiert werden sollen. Darüber hinaus muss die traditionelle Markierung auf den aktuellen Stand gebracht werden.

Wanderungen, so Grodd, seien nach wie vor ein elementarer Bestandteil des Jahresprogrammes. So steht für 7. April eine Wanderung durch das "Tal der Tummler" - von Burggrub durch das Leinleitertal und zurück - auf dem Programm, am 15. September geht es gemeinsam zu Fuß nach Hetzelsdorf und für 13. Oktober ist eine 13 Kilometer lange Rundwanderung rund um Waischenfeld geplant. Dazu kommt von 20. bis 23. September eine viertägige Wanderfahrt in die Sächsische Schweiz. Ziel ist das Elbsandsteingebirge. Eines der Aushängeschilder der Pretzfelder Ortsgruppe waren über Jahrzehnte die von Theo Haas ins Leben gerufenen "Kerschtnzupfer", eine Musikgruppe, die sich der Pflege des fränkischen Liedgutes verschrieben hatte. Rundfunkaufnahmen machten die Gruppe überregional bekannt. Mit Inbrunst sang Theo Haas "Des Madla vo da Gmaa hot schöna weißa Baa" und forderte bei Sing- und Tanzabenden die Gäste zum Mitsingen auf.

"Als sich die Kerschtnzupfer aus Altersgründen zur Ruhe setzten, haben wir die musikalische Umrahmung unserer Veranstaltungen schmerzlich vermisst", bekennt Schriftführerin Roswitha Grodd.

So scharte der einzige übrig Gebliebene der Kerschtnzupfer, Hans-Jürgen Binöder, ein paar Musiker um sich und begann fränkisches Liedgut einzustudieren, denn ein Hansfeuer oder eine Weihnachtsfeier ohne Musik ist für die Mitglieder des Fränkische-Schweiz-Vereins nur schwer vorstellbar. Binnen kurzer Zeit fanden sich sechs Musiker - zwei Klarinetten, Schifferklavier, Flügelhorn und Kontrabass - und die Gruppe "Die Pretzfelder" war gegründet.

Ihr Repertoire umfasst bereits mehr als 50 Stücke, so dass sie Tanzabende bestreiten könnten, ohne sich zu wiederholen. Könnten, denn es fänden sich kaum noch Tänzer, bedauert Hans-Jürgen Binöder. Dennoch übt die Gruppe fleißig weiter. Neben typisch fränkischen Stücken spielen sie auch böhmische Weisen. "Im Moment sind wir dabei Zwiefache einzuüben", verrät der Leiter der Gruppe, der den Taktwechsel dieser vorwiegend in der Oberpfalz beheimateten Tanzform besonders reizvoll findet.

Tanz und Tracht ohne Jugend

Ob das zu einer Belebung des Volkstanzes führt, bleibt abzuwarten. Kassier Norbert Stingl ist da skeptisch, denn es gibt keine Kinder- oder Jugendgruppe, wenngleich sich der Verein alljährlich am Ferienprogramm der Gemeinde beteiligt und aus Anlass des Hansfeuers einen Fackelzug für Kinder organisiert.

Auch wenn bei festlichen Anlässen wie dem Kirschenfest-Jubiläum im vergangenen Jahr Kinder in fränkischer Tracht teilnehmen, werde die Zahl der Trachtenträger weniger, bedauert Roswitha Grodd, die unter der Anleitung von Ingeborg Nickel, der ehemaligen Leiterin des Arbeitskreises Frauentrachten, drei Trachten für sich genäht hat. "Eine Tracht ist etwas anderes, als ein Dirndl. Zwar sei der Schnitt einheitlich, doch die Wahl der Stoffe mache dieses Kleidungsstück zu einem Unikat.

Dies gelte nicht nur für die Frauen- sondern auch für die Männertracht. Doch ein Trachten-Nähkurs kam schon lange nicht mehr zustande. Da läuft jetzt viel über das Kreativzentrum Morschreuth, wo Schneiderin Marianne Bogner Nähkurse für fränkische Trachten anbietet. Wer keine eigene Tracht besitzt, kann sich bei festlichen Anlässen eine der alten Trachten aus dem Vereinsfundus ausleihen. Mit dabei ist dann auch das Vereinsschild, das auf der Vorderseite einen Teil der Hauptstraße mit Kirche, das Fachwerkhaus Kügel-Püschel und die frühere Dorflinde zeigt.

Solche Ereignisse, Jubiläen, Einweihungen und Festivitäten hält Chronist Hermann Bieger seit Jahrzehnten in Wort und Bild fest. Ihm sind beispielsweise auch die "Pretzfelder Erinnerungen" zu verdanken, eine Sammlung von historischen Dokumenten und Gesprächen mit Pretzfelder Originalen, die ohne Bieger wohl verloren gegangen wären.