Auch auf den Landkreis Haßberge warten angesichts des Ukraine-Krieges Herausforderungen. Derzeit sind schon 320 geflüchtete Menschen im Landkreis, und diese Zahl soll gegen 660 gehen, wenn bis zu 100.000 Personen aus dem Kriegsgebiet in Bayern eintreffen.
„Wir als Gesellschaft und als Landkreis sind hier gefordert, die überwiegend eintreffenden Frauen und Kinder zu unterstützen“, betonte Landrat Wilhelm Schneider im Kreistag und lobte die Solidarität in der Bevölkerung, die sich bereits deutlich gezeigt habe. Dank Spenden seien schon einige Konvois zusammengestellt worden. Der Landkreis habe mit Unterstützung aus dem Partnerkreis Klobuck in Polen Medikamente wie Insulin und Verbandsmaterial nach Polen gebracht. „Über diese polnische Partnerschaft kommen die Medikamente direkt in ein Krankenhaus in der Westukraine an“, berichtete Schneider. Diese Unterstützung wolle man weiterleisten. Der ehemalige Vorstand der Haßbergkliniken, Stephan Kolck, sei in den vergangenen Tagen mit seinem Privatauto mit weiteren Medikamenten nach Polen gefahren.
Unterkünfte in allen Orten
Abteilungsleiter Dr. Christian Mottel informierte, dass man dabei sei, alle Flüchtlinge zu registrieren. Man habe in einer Turnhalle in Haßfurt dafür 50 Plätze eingerichtet und auch eine weitere Halle reserviert, die inzwischen aber zu einer Quarantänehalle umfunktioniert werden musste. Außerdem habe man dezentrale Unterkünfte in den Gemeinden mit jeweils zehn bis 30 Plätzen angefragt, die teilweise schon in Betrieb gegangen seien oder bereitgehalten würden, beispielsweise in Knetzgau 25, in Breitbrunn 18, in Stettfeld (Schule) 50, in Wonfurt 16 und in Sand zehn. Die weitere Stufe seien dann Unterbringungen in Privatwohnungen und auch dazu gebe es zahlreiche Angebote. Man sei aber auf der Suche nach weiteren Unterkünften.
Man müsse sich auch auf den anspruchsvollsten Fall einstellen, dass 2000 Ukrainer zugleich in Würzburg anlanden. Dann sei der Landkreis zusätzlich gefordert. Hierfür habe man die ehemalige Sporthalle der Bundeswehr in Ebern vorgesehen.
Dass der Landkreis beim Willkommen der Geflüchteten und der Bereitstellung von Unterkünften die Corona-Pandemie nicht vergisst, machte Mottel auch deutlich: „Wir kommen unseren Verpflichtungen nach. Wir wollen mit dem BRK Testungen vor Ort durchführen und auch die Impfungen voranbringen, möglichst mit ukrainisch sprechenden Ärzten. Zum Glück haben wir einen großen Pool an Ehrenamtlichen, der aber noch weiter ausgebaut werden soll.“
Mottel sprach aber auch ein Problem an: „Es kommen regelmäßig neue Busse an. Aber wir erfahren erst Genaueres, wenn die Leute aussteigen. Trotzdem haben wir alles noch unter Kontrolle und hoffen, dass es so bleibt.“
Dieter Sauer vom Sozialamt stellte klar, dass die Fluchtbewegung anders als 2015/16 sei, „weil kurzfristig viele Menschen auf uns zukommen oder bei Verwandten wohnen. Konzepte von damals können wir nicht 1:1 übernehmen. Wir vom Sozialamt müssen umstrukturieren. Zum Beispiel war damals die Wohnraumvermittlung kein Thema.“
Harald Pascher (FB/FDP) fragte nach der Beschulung der ukrainischen Kinder . Hier erfuhren die Kreistagsmitglieder, dass das Kultusministerium eventuell an vier bis fünf Standorten die Einrichtung gemischter Klassen plane. Ein großes Problem sei dabei die Sprache. In Ebern wollten die weiterführenden Schulen möglicherweise eine gemeinsame „Willkommensklasse“ einführen.
Bernhard Ruß ( SPD ) sah die Schule und die Betreuung der Kleinsten im Kindergarten als problematisch an, weil die Kinder traumatisiert seien. Hier müsste man nach einer Lösung suchen, auch die Mütter mit einzubeziehen. Auch das Thema Sicherheit müsse gewährleistet sein. Wolfgang Borst ( CSU ) sah den Schlüssel darin, die Flüchtlinge so schnell wie möglich von den Notunterkünften zu privaten Anbietern zu bringen. Was die Sprachbarriere betraf, hatte er einen Vorschlag: erst mal 50 Grundbegriffe für den Einkauf und den Alltag vermitteln.
Jürgen Hennemann ( SPD ) meinte, dass die Hilfsbereitschaft in den Gemeinden groß sei, aber zielgerichtet vorgegangen werden solle.