Die Anfänge des "Bayerischen Kochbuchs" reichen zurück in das Jahr 1910. Mittlerweile ist das kulinarische Standardwerk in der 56. Auflage erschienen und nach wie vor ein Bestseller. Regina Frisch aus...
Die Anfänge des "Bayerischen Kochbuchs" reichen zurück in das Jahr 1910. Mittlerweile ist das kulinarische
Standardwerk in der 56. Auflage erschienen und nach wie vor ein Bestseller. Regina Frisch aus dem unterfränkischen Theilheim hat nicht nur alle Auflagen gesammelt, sondern auch erforscht. Bei einem Vortragsnachmittag der Bezirksgruppe Burgkunstadt/Altenkunstadt des Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) am Samstag in der ehemaligen Synagoge in Altenkunstadt machte die promovierte Philologin deutlich, dass Kochbücher nicht nur Rezepte liefern, sondern auch Kulturgeschichte erzählen.
"Das Bayerische Kochbuch, das seit über 100 Jahren erscheint, spiegelt die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts wider: politische Umbrüche,wirtschaftliche Veränderungen und gesellschaftliche Moden, stellte die Germanistin und Philosophin eingangs fest. Ihren Worten zufolge war es dem "Bayerischen Verein für wirtschaftliche Frauenschulen auf dem Lande" zu verdanken, dass im oberbayerischen Miesbach die erste Lehreinrichtung dieser Art ins Leben gerufen wurde.
Aber damit nicht genug: Auf seine Initiative hin wurden auch Wanderkochkurse angeboten, bei denen Frauen vom Land lernten, wie man kocht und den Haushalt versorgt. Die Schülerinnen schrieben die Rezepte, die sie ausprobierten, stets mit. Die Miesbacher Schule fasste diese zu einem Kochbuch zusammen, das sowohl Rezepte für heimisch-traditionelle als auch überregionale Gerichte, wie Königsberger Klopse, beinhalten sollte. "Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Buch von teils anonymen Autoren überarbeitet; es veränderte sich", führte Frisch aus.
Anfang der 1930er Jahre bearbeitete Maria Hofmann, eine Schülerin und spätere Lehrerin der Miesbacher Frauenschule, die Rezeptsammlung und gab ihr den Namen "Bayerisches Kochbuch". Während des Ersten Weltkriegs gab der Verein für wirtschaftliche Frauenschulen ein "Bayerisches Kriegskochbüchlein" heraus. "Als 1915 der Lebensmittelmangel immer größer wurde, schossen solche Kochbüchlein wie Pilze aus dem Boden", sagte die Sprachwissenschaftlerin.
Sie beinhalteten Sparrezepte, Spartipps und Propaganda und sollten die Kriegsbegeisterung in der Bevölkerung aufrecht erhalten. Das Bayerische Kochbuch wurde während des Krieges sprachlich an die Ideologie der Nationalsozialisten angepasst, an den Rezepten selbst änderte sich nichts. Alles, was französisch klang, wurde entfernt. "So wurde aus ,Kartoffelpüree‘ ein ,Kartoffelbrei‘, aus ,Apfelsoufflé‘ ein ,Apfelauflauf‘. Aus dem ,Goulasch‘ verbannte man das ,o‘ und ,Sauce‘ schrieb man neuerdings ,Soße‘", berichtete Frisch, die seit 2001 als Informationsdesignerin tätig ist.
"Eintopf-Sonntag" der Nazis
Die Nationalsozialisten führten 1933 den "Eintopf-Sonntag" ein. "Jeweils am ersten Sonntag im Monat musste es in jeder Familie ein Eintopfgericht geben. Dies wurde sogar kontrolliert." Das dadurch gesparte Geld wurde eingesammelt und dem Winterhilfswerk zugeführt. "Dieser Eintopf galt als sichtbares Zeichen der Gemeinschaft", erklärte die Referentin.