Für S.

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Markus Häggberg Ich habe einen im Tee. Richtig einen sitzen. Einen im Kessel, wie mein Opa immer sagte. Und das war jetzt auch irgendwie nötig, denn diese Nachricht musste erst einmal verarbeitet werd...

Markus Häggberg Ich habe einen im Tee. Richtig einen sitzen. Einen im Kessel, wie mein Opa immer sagte. Und das war jetzt auch irgendwie nötig, denn diese Nachricht musste erst einmal verarbeitet werden.

Erst neulich dachte ich an meinen Bekannten und nahm mir vor, mich mal wieder telefonisch bei ihm zu melden. Aber jetzt hat Corona aus allem etwas Schicksalhaftes gemacht. Und einen dicken fetten Strich durch alle seine Rechnungen. Jetzt kam es in seinem Leben anders, aber auch wirklich ganz anders.

Ich erinnere mich an das Gespräch, das wir noch vor Monaten führten und damals dachte ich so bei mir, wie selten wir alle doch die Menschen bedenken, die wir mögen. Komischerweise sprachen wir auch davon, was für ein Leben wohl nach dem Leben hier auf uns wartet. Und dann hat er mir von alledem erzählt, was er in diesem Jahr noch vorgehabt hatte. Er wollte wandern, er wollte angeln gehen, er wollte in die Biergärten, ein bisschen öfter den Grill anschüren, er wollte mit seinen Freunden einen schönen Sommer verbringen, hier in der Heimat so richtig schön gesellig sein. Aus der Traum! Seine Freundin ist sehr traurig. Sie weiß jetzt schmerzlich, was der Satz "Leben ist, wenn was dazwischen kommt" bedeutet. Im Mai hätten sie geheiratet, weil sie ihre Probleme endlich überwunden hatten. Und jetzt ist es schon fast Juli. Es ist eben alles anders gekommen. Er hätte nicht in dieses Flugzeug steigen dürfen.

Wobei, das ist leicht gesagt, er war ja beruflich verpflichtet. So stieg er damals eben ein und es brachte ihn auf diese portugiesische Insel und wegen Corona und Flugsperre nicht mehr zurück. Jetzt hat er den Umgang mit schwerem Wein gelernt, wie man Oliven presst und eine neue Sprache obendrein, tagsüber liest er Bücher und abends sitzt er in der Taberna oder im lauen Abendwind am Yachthafen. Manchmal geht er schon alleine segeln und bei einer Ernte hat er auch schon geholfen. Er verlebt nichts weniger als einen Sommer mit Meeressalz und Ozean, mit Sonne und all den neuen Eindrücken und Gerüchen. Und all diese Kosten werden übernommen, weil er kann ja nix dafür. Es geht ihm blendend. Ich könnte heulen.