Für die Brille reicht das Geld nicht

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Wer nur zehn Euro für den täglichen Bedarf zur Verfügung hat, muss jeden Cent umdrehen. Foto: Mascha Brichta
Wer nur zehn Euro für den täglichen Bedarf zur Verfügung hat, muss jeden Cent umdrehen.  Foto: Mascha Brichta

1100 Euro stehen Peter A. pro Monat zur Verfügung - und das, obwohl er 45 Jahre lang gearbeitet hat. Für das tägliche Leben bleiben dem Rentner aus dem Landkreis Forchheim ungefähr zehn Euro.

Ekkehard Roepert Kreis Forchheim —  Er ist 66 Jahre alt und hat 45 Jahre lang gearbeitet. Jetzt sitzt Peter A. (Name von der Redaktion geändert) in einer Einzimmerwohnung im östlichen Landkreis Forchheim und muss mit 1100 Euro Rente zurechtkommen.

Ob er sich arm fühle? "Armut ist, wenn man auf der Straße lebt", sagt Peter A. und öffnet die Tür zu seiner Wohnung: 25 Quadratzimmer, eine Couchecke, ein Fernseher, ein Regal, eine Küchenzeile. Neben dem Eingang ein kleines Bad. Alles wirkt neu, aufgeräumt, der Fernseher läuft. Sportsendungen verfolgen, das ist die Lieblingsbeschäftigung des 66-Jährigen.

Wenn er auf sein Leben zurückblicke, müsse er sich eigentlich "selber loben", meint Peter A. Er sei immer fleißig gewesen. Um nicht arbeitslos zu werden, habe er auch Hausmeister- oder Putzdienste nicht ausgeschlagen. Dass er heute ein von Armut bedrohtes Leben führen muss, kann er sich nicht so recht erklären. "Eins bereue ich allerdings", sagt er: "Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich nicht hierherziehen. Ich hätte Angestellter der Stadt Gera bleiben sollen. Ich war naiv, rüberzukommen. "

Nach der Wende

Nach der Wende war der gebürtige Dresdner nach Nürnberg gezogen. Ein lukratives Angebot als Amateurtrainer eines Nürnberger Damenfußballteams lockte den damals 38-Jährigen, der weiterhin auch als Installateur arbeitete. Bis dahin war er zweifacher Familienvater. Dann wurde sein Leben turbulent. Peter A. lernte eine fast 20 Jahre jüngere Partnerin kennen und trennte sich von seiner Frau. Durch die Scheidung habe er 600 Euro seiner Rente verloren.

In den Kreis Forchheim gezogen

Auch mit der zweiten Frau klappte es nicht. Mit ihr hat er zwei Kinder, die erst drei und acht Jahre alt sind. Der 66-Jährige ist in den Landkreis Forchheim gezogen, weil er hier eine bezahlbare Wohnung fand. Wenn er seine Kinder sehen will, muss er nach Nürnberg. Alleine die Fahrt nach Forchheim kostet 17 Euro. Peter A. ist dauernd am Rechnen. Für sein beheiztes Zimmer zahlt er monatlich 460 Euro. Zu den festen monatlichen Ausgaben zählen: Fernsehgebühren, Handy, Zahnversicherung und Sterbeversicherung.

Peter A. spart, um etwas mit seinen Kindern unternehmen zu können. "Ich lege was weg, für die Geburtstage oder, wenn wir am Sonntag ins Bad oder mal was Essen gehen."

220 Euro für Essen

Für das Essen blieben ihm monatlich 220 Euro, sagt Peter A. Er hat sich vorgenommen, nie mehr als zehn Euro pro Tag auszugeben. "Wenn es Bratwurstgehäck für 37 Cent pro 100 Gramm gibt, schlage ich zu." Er steckt Zehn-Euro-Scheine in Briefumschläge und versucht an jedem Tag ein paar Euro einzusparen. Was er sich gönne: zwei Mal die Woche Fleisch und eine 0,33 Flasche Bier am Tag. "Allerdings sind meine Mahlzeiten eintönig, meist esse ich Wurstaufschnitt und Brot." Auch sein Alltag wirkt eintönig: Der 66-Jährige geht alleine wandern. Er hat keinen PC. Er sieht abends fern. Er geht um 23 Uhr ins Bett und schläft bis Mittag.

Peter A. kann viele Geschichten erzählen, die ihn dann doch arm erscheinen lassen. Einer seiner Söhne sei Alkoholiker; dessen Schulden habe er lange mitgetragen. Vor zwei Jahren hat Peter A. selbst Privatinsolvenz angemeldet. Ebenfalls vor zwei Jahren hätten die Ärzte Parkinson diagnostiziert. Noch bemerke er wenig von der Krankheit. Befürchtet aber, dass Kosten auf ihn zukommen, die ihn überfordern könnten. Als er jetzt eine Brille benötigte, wandte sich Peter A. an die Landgraf-Stiftung in Forchheim. Die bezahlt ihm die Brille. Aber er fühle sich "zittrig und schlecht", wenn er bei der Stiftung "wie ein Bettler" um Geld nachfrage. In seinen besten Jahren habe er monatlich 1500 Euro zur Verfügung gehabt, erinnert sich Peter A. "Wenn alles normal gelaufen wäre, würde ich nicht hier sitzen. 300 Euro mehr im Monat - und es würde mir gut gehen." Welchen Wunsch er sonst noch habe? "Ich würde mich gerne mal wieder neu einkleiden."