Fachwerk unterstreicht Charakter

3 Min
Die Söhne Paul (9) und Toni (15) haben bei der Renovierung kräftig mit angepackt. Fotos: Josef Hofbauer
Die Söhne Paul (9) und Toni (15) haben bei der Renovierung kräftig mit angepackt.  Fotos: Josef Hofbauer
So stellte sich Architektin Elisabeth Sternecker das Fachwerk-Ensemble mit dem Leika-Haus (links) vor.
So stellte sich Architektin Elisabeth Sternecker das Fachwerk-Ensemble mit dem Leika-Haus (links) vor.
 
Auch im Inneren sind die Fachwerk-Strukturen sichtbar.
Auch im Inneren sind die Fachwerk-Strukturen sichtbar.
 
Bisher war das Haus verputzt.
Bisher war das Haus verputzt.
 

Johannes Kotz hat in Effeltrich an seinem Wohnhaus das mehr als 200 Jahre alte Fachwerk wieder freigelegt. Dabei stieß er auf die Jahreszahl 1793.

Josef Hofbauer Tradition ist für den "Füllenbauern" Hans Kotz (81) wichtig. Er hat die Geschichte seiner Vorfahren elf Generationen zurückverfolgt. Nun hat sein Sohn Johannes (51) das "Leika-Haus", das er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen bewohnt, saniert. Dabei hat er das alte Fachwerk des Anwesens "Mittlerer Bühl 5" in Effeltrich wieder freigelegt, das vor rund hundert Jahren verputzt worden war. Ein altes Familienfoto zeigt die Bewohner, die vor dem verputzten Haus posierten, in dem die Großmutter des jetzigen Besitzers aufgewachsen ist.

"Die Vermutung lag nahe, dass sich unter dem Putz ein Fachwerk verbirgt", erzählt Johannes Kotz. Den Beweis lieferten Aufnahmen mit einer Wärmebildkamera. Angefertigt wurden sie, weil die junge Familie das alte Haus, das übrigens nicht unter Denkmalschutz steht, energetisch sanieren wollte.

Es bestand Handlungsbedarf

"Es bestand Handlungsbedarf. Besonders an der Westseite, der Wetterseite, und an der Ostseite des Hauses", erinnert sich der Bauherr. Hier war eine Ecke so morsch, dass sie nach außen wegzukippen drohte. In mehreren Tranchen wurde das Gebäude abgefangen, ein tragfähiges Fundament eingezogen und wieder komplettiert. Während das restliche Gebäude auf einem Fundament ruht, hatten die Vorfahren hier auf einen tragfähigen Untergrund verzichtet. Das Haus wurde irgendwann um drei Meter nach Westen verlängert.

Freischwebendes Fachwerk

Weil hier auch von unten Feuchtigkeit in das Gebälk eindringen konnte, waren in diesem Bereich die Schäden am größten. "Teilweise stießen wir auf Fachwerk, das völlig frei schwebte", erinnert sich der Bauherr. Einer der Balken war so morsch, dass sich bei der Analyse des Bauzustandes dahinter ein richtiger Hohlraum offenbarte. "Den gab es wahrscheinlich schon vor hundert Jahren, als der zweigeschossige giebelständige Fachwerkbau verputzt wurde", vermutet Johannes Kotz, der wissen wollte, wie alt das ererbte Gebäude ist und deshalb eine dendrochronologische Untersuchung durchführen ließ. Nach Analyse der Balken datierten die Experten das Haus auf das Jahr 1793.

"Wir haben aber nicht schlecht gestaunt, als wir bei der Freilegung des Fachwerkes in einem Balken an der südwestlichen Ecke genau diese Jahreszahl gefunden haben", freut sich Johannes Kotz. Er weiß auch, dass es zu diesem stattlichen Gebäude einen Vorgänger-Bau gegeben haben muss.

Darauf lasse ein vollständig erhaltener Gewölbekeller schließen, der vermutlich aus dem Mittelalter stammt, erklärt der gelernte Ingenieur, der es sich mit seiner Familie in dem historischen Gebäude so richtig gemütlich gemacht hat. Bemerkenswert findet Johannes Kotz auch, dass eine Skizze der Hetzleser Architektin Elisabeth Sternecker, die sie vom damals noch verputzten Fachwerk-Gebäude angefertigt hat, bis ins Detail mit der Realität übereinstimmte.

 

Konstruktion sichtbar gemacht

Johannes Kotz hat nicht nur das Fachwerk an der Fassade freilegen lassen, auch im Inneren des Hauses ist die Holzkonstruktion des Hauses an vielen Stellen sichtbar. Das beginnt bei den mächtigen tragenden Balken, die sich quer über die Wohnstube spannen und setzt sich bei den original belassenen Türen mit alten Beschlägen oder der restaurierten Treppe in den zweiten Stock und das Dachgeschoss fort. Auch in diesem Bereich, der einst als Lagerraum für Getreide diente, liegt das Fachwerk offen.

"Im Außenbereich haben wir so viel wie möglich von der tragenden Balkenkonstruktion zu erhalten versucht", informiert Kotz. Teilweise musste das morsche Holz abgebeilt und neu aufgedoppelt werden. Eine aufwendige Arbeit, die sich aber gelohnt hat, findet der Hausbesitzer. Die Gefache zwischen den Balken wurden auf der Westseite komplett entkernt und neu aufgemauert. Der Putz wurde in insgesamt vier Schichten aufgetragen. Den Abschluss bildet ein sehr feinkörniger, wasserabweisender Putz, der das Gebäude vor den Einflüssen der Witterung schützt. Die Balken wurden mit Leinöl eingelassen, das ebenfalls Wind und Wetter trotzt.

Wie eine Schwangerschaft

Bei all den Arbeiten war die Erfahrung der Handwerker Gold wert, berichtet der Bauherr, der für die Sanierung seines Hauses den Aufbau alter Gebäude im Freilandmuseum Bad Windsheim studiert und sich wertvolle Anregungen geholt hatte. Ehefrau Gemma hat die Arbeitsschritte in einem Fotobuch dokumentiert. "Es war wie eine Schwangerschaft", berichtet die aus Barcelona stammende Frau, mit Hinweis auf die neun Monate währende Bauzeit.

Um die Geschichte des Hauses erlebbar zu machen, hat Hans Kotz Kirchenbücher und Archive durchforstet. So lässt sich die Historie über elf Generationen zurückverfolgen. Das von Johann Kupfer 1793 erbaute Haus war fünf Generationen im Besitz dieser Familie. Drei Generationen gehörte es einer Familie Heilmann.

Vom "Leika-Bauern", der kinderlos geblieben war, erbte Hans Kotz, der Vater des jetzigen Besitzers, das Anwesen, dessen Fassade ein unter Denkmalschutz stehendes großes Holzkreuz ziert. Das bisher an der Giebelseite angebrachte Gemälde mit einer Darstellung von Mariä Krönung, das ein Vorbild im Altarbild der Effeltricher Kirche hat, wird ebenfalls erhalten. Es wird derzeit restauriert und soll dann wieder einen würdigen Platz erhalten.