"Existenz steht auf dem Spiel"

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Landwirte aus dem Kulmbacher Land protestierten vor der Aldi-Filiale in Himmelkron mit einem Schlepper und Plakaten gegen die Werbeaktionen des Discounters. Mit dabei waren auch der Kulmbacher BBV-Obmann Wilfried Löwinger und Kreisbäuerin Beate Opel (Dritter und Vierte von links).
Landwirte aus dem Kulmbacher Land protestierten vor der Aldi-Filiale in Himmelkron mit einem Schlepper und Plakaten gegen die Werbeaktionen des Discounters. Mit dabei waren auch der Kulmbacher BBV-Obmann Wilfried Löwinger und Kreisbäuerin Beate Opel (Dritter und Vierte von links).
Stephan Herbert Fuchs

Lebensmittel   Landwirte aus der Region protestieren vor der Himmelkroner Aldi-Filiale gegen jüngste Werbeaktionen des Discounters. Für den BBV ist die Herkunftsbezeichnung wichtiger als die Haltungsform.

Gegen das Preisdumping bei Aldi haben Landwirte aus dem Raum Kulmbach protestiert. Mit einem Schlepper und einigen Transparenten zogen sie am Freitagvormittag vor die Filiale des Discounters in Himmelkron und machten ihrem Ärger Luft.

Coronabedingt wurde die Demonstration bewusst nicht im großen Stil durchgeführt. Allerdings fanden zeitgleich in vielen weiteren Städten und Landkreisen Bayerns ähnliche Aktionen statt.

Vollmundig und mit großen Anzeigen kündige Aldi aktuell einen Haltungswechsel für mehr Tierwohl an, kritisierte der Kulmbacher BBV-Kreisobmann Wilfried Löwinger. Frischfleisch solle bis 2030 nur noch aus den Haltungsformen 3 und 4 kommen. Zusätzlich habe Aldi vor wenigen Tagen angekündigt, dass bei Eigenmarken künftig keine Frischmilch aus Haltungsform 1 (Anbindehaltung) mehr verkauft werden soll. Betroffen wären insbesondere kleinere Milchbauern in ganz Süddeutschland.

Während Politik und Bauernverbände in Bayern und Baden-Württemberg in den zurückliegenden Jahren gemeinsam an Wegen gearbeitet hätten, damit genau diese Betriebe ihre Tierhaltung Schritt für Schritt weiterentwickeln können, habe Aldi nun seine Machtposition ausgenutzt. Der Handelskonzern stelle Bäuerinnen und Bauern einmal mehr vor vollendete Tatsachen und gefährdet damit die regionale Landwirtschaft. "Die Standards in Sachen Tierwohl steigen, doch die Frage, wer die damit verbundenen Kosten trägt, ist offen. Die Existenz Dutzender Höfe im Landkreis Kulmbach steht auf dem Spiel", so die Kulmbacher Kreisbäuerin und stellvertretende oberfränkische Bezirksbäuerin Beate Opel.

"In Anzeigen behauptet Aldi, dass Tierwohl eine Frage der Haltung sei", so Löwinger, für den die Herkunftsbezeichnung ohnehin die viel wichtigere Verbraucherinformation ist als die Haltungsform. Vor allem aber sei Tierwohl eine Frage der Umsetzbarkeit und des Geldes. "Zu einem Haltungswechsel gehört auch ein Ende der Niedrigpreise."

Nach zweijährigen Verhandlungen über ein branchenweites Tierwohlprogramm für Rindfleisch und Milch hätten die Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels zuletzt einen umfangreicheren Katalog an Tierwohlkriterien verhindert, da sie den Kostenausgleich für die Landwirte nicht bezahlen wollten. "Gleichzeitig sind aber anscheinend riesige Werbebudgets vorhanden. Das passt einfach nicht zusammen", waren sich Wilfried Löwinger und Beate Opel einig.

Beide forderten von Aldi eine angemessene Honorierung von Tierwohl, die Berücksichtigung der besonderen Situation kleinerer Betriebe sowie Einbeziehung aller Marktsegmente in Tierwohlprogramme. "Das wäre ein ernsthafter gemeinsamer Weg hin zu mehr Tierwohl, der auch die kleineren Betriebe mitnehmen würde, statt sie aus dem Markt zu drängen."