Zu Pfingsten wird das Geschichtsfestival auf der Festung Rosenberg für einen großen Aufmarsch sorgen. Dann werden auch Kämpfe aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges nachgestellt. Die Planungen dafür laufen schon.
Marco Meissner
Gewehrdonner hallt zwischen den Bollwerksmauern, Pulverdampf macht sich breit, Metall klirrt. Zwei Heere treffen mit geballter Wucht aufeinander. Und sie werden es bald wieder tun. Wenn vom 19. bis 21. Mai das Geschichtsfestival Crana Historica auf der Festung Rosenberg stattfindet, steht das Reenactment im Kern der Vorführungen. Diese Nachstellungen von Gefechten sollen keine Kriegsverherrlichung sein, sondern den Dreißigjährigen Krieg auf eine lebendige und realitätsnahe Weise zeigen. Dafür ist eine gute Planung unabdingbar.
Der nachgestellte Schwedensturm zu Kronachs 1000-Jahr-Feier war die Initialzündung für das Vorhaben, so ein Gefecht auch in größerem Maßstab umzusetzen. Wie sich Walter Schinzel-Lang von der Kronacher Ausschuss Compagnie erinnert, bot sich später eine günstige Gelegenheit dazu. Die Festung und Crana Historica bildeten den perfekten Rahmen. Und Schinzel-Lang sorgt bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Festival für die Ordnung im Schlachtengetümmel.
Genaue Planung
"Ohne Drehbuch und Regie geht's nicht", stellt der Planer des Reenactments fest. Drei Skizzen hat er auf dem Tisch ausgebreitet. Draufsichten des Festungsgeländes bei der Bastion III. Aufgemalt sind Kästchen und Pfeile. Gedankliche Trockenübungen für die Kämpfe.
Die abstrakten Zeichnungen werden sich in knapp vier Wochen in Menschentrauben mit Pistolen, Gewehren und Klingen verwandeln. Bisher plant Schinzel-Lang mit jeweils fünf Gruppen auf der Seite der Kaiserlichen - hierzu gehören die Kronacher - und der "Schweden".
"Es geht los mit der Frage, welche Gruppen habe ich zur Verfügung", sagt der Organisator. Dann müsse man sehen, wie ein Gefecht ausgearbeitet werden kann, das für das 17. Jahrhundert authentisch ist.
In dessen Umsetzung spiegelt sich auch die Weiterentwicklung bei der Darstellung wider. Schinzel-Lang hat sich heuer beispielsweise Gedanken über unerwartete Attacken aus dem Hintergrund oder simulierte Einschlagseffekte der Geschütze gemacht. "Es geht um Überraschungen und darum, Spannung aufzubauen. Halt wie im Theater oder im Kino", erklärt er.
Bei allem Spaß sollen die Darsteller ebenso wie das Publikum eines aber im Bewusstsein behalten: Das Spektakel zeigt, warum es eine Festung gibt, warum die Zeit hart war. Weil ein brutaler Krieg herrschte.
Museumspädagogische Aufgabe
Schinzel-Lang spricht daher beim Reenactment von einer museumspädagogischen Aufgabe. Während in einer Ausstellung die Waffen von damals "nur" betrachtet werden können, zeigt das nachgestellte Gefecht, wie sie eingesetzt wurden und auch, dass damit Menschen verletzt und getötet wurden.
Ein Grund übrigens, warum für ihn in Deutschland Weltkriegsdarstellungen ein Unding wären. Diese Zeit sei für uns emotional zu stark belastet, als dass man sie auf diese Weise wiedererwecken sollte. Mit dem Dreißigjährigen Krieg vor 400 Jahren sei das eine andere Sache.
Auch wenn keine scharfen Klingen eingesetzt werden und nicht mit Munition geschossen wird, erfordert eine solche Darstellung Disziplin von den Beteiligten. Aus eigener Erfahrung weiß Schinzel-Lang, wie die Leute in einer solchen Situation überreagieren können.
Alkohol ist ein Absolutes Tabu
Er denkt dabei vor allem an große Schlachtdarstellungen wie im holländischen Grolle. Etwa 1500 Mitwirkende kommen dort zum Einsatz. "Da freut man sich, dass man eine solche Auseinandersetzung nur spielt. Manchmal wird aber selbst das etwas zum Selbstläufer", erinnert er sich daran, dass der eine oder andere im Getümmel schon mal die ihm zugedachte Rolle außer Acht gelassen hat. Im wahrsten Sinne des Wortes agierten einige Teilnehmer inmitten solcher großen Kämpfe wie im Eifer des Gefechts.
In Kronach wird daher sehr großer Wert auf die Sicherheit gelegt. Strenge Vorgaben müssen erfüllt werden. Schließlich sind auch eine stumpfe Klinge und eine nur mit Pulver geladene Schusswaffe immer noch gefährlich. "Wir bewegen uns ja nicht im rechtsfreien Raum", betont er, dass beispielsweise nicht auf andere Teilnehmer oder gar in Richtung Publikum angelegt werden darf. Und Alkohol ist ein absolutes Tabu für alle Teilnehmer. Wer gegen die "Spielregeln" verstößt, ist auf der Stelle raus.
Strenges Reglement
Das strenge Reglement und die Tatsache, dass die teilnehmenden Gruppen gezielt ausgewählt werden, haben dazu geführt, dass es in Kronach über die Jahre zu keinen Zwischenfällen gekommen ist. Die "Mitspieler" sind laut Schinzel-Lang sehr diszipliniert. Die Betrachter zum allergrößten Teil auch. Bloß einzelne Zuschauer möchten sich ab und an für eine bessere Aussicht in verbotenes, weil gefährliches Terrain wagen. Doch da passen die Organisatoren und ein Sicherheitsdienst - natürlich historisch gewandet - gut auf.
Über Funk in Kontakt
Nicht nur deshalb gibt es vor Ort auch eine Funkverbindung. Das Eingreifen der verschiedenen Gruppierungen in das Gefecht kann so besser koordiniert werden. Eine große Stütze hierbei ist für Walter Schinzel-Lang sein Sohn Ferdinand Lang. Der ist in die Regie eingebunden. "Ich bin beim Planen eher der Theoretiker", sagt Schinzel-Lang. "Ferdinand hat ein gutes Auge für die praktische Umsetzung."
Zu Pfingsten dürfen sich die Kronacher und ihre Gäste daher wieder auf eine ausgeklügelte Schlacht freuen. An deren Ende werden die Schweden einmal mehr unterliegen, verrät Schinzel-Lang und ergänzt mit einem Schmunzeln: "Ich kann die Kronacher Geschichte schließlich nicht ändern."