Ein Miteinander für die Natur

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Die Vielfalt macht's: Blumen, Wildkräuter und Gräser entlang der Äcker und Feldraine sind wichtig für verschiedenste Tiere. Fotos: Drossel
Die Vielfalt macht's: Blumen, Wildkräuter und Gräser entlang der Äcker und Feldraine sind wichtig für verschiedenste Tiere.  Fotos: Drossel
Karl Bär
Karl Bär
 

Die Naturschützer wollen die Schöpfung bewahren, die Landwirte fühlen sich von den Bemühungen gegängelt und angeprangert. Dabei sind die Landwirte aber für den Erhalt der Artenvielfalt ganz besonders wichtig.

Da steht er nun also, dieser 34-jährige Agrarwissenschaftler aus der Landeshauptstadt und erklärt einer Riege gestandener Landwirte, dass sie besser heute als morgen umdenken sollten. Dass sie sich selbst das Wasser abgraben, wenn sie so weiterwirtschaften wie in den vergangenen Jahrzehnten. Dass sie ihr berufliches Lebenswerk hinterfragen sollten. Beste Voraussetzungen für eine heftige Kontroverse, müsste man meinen. Doch weit gefehlt: Die Landwirte hören aufmerksam zu, hinterfragen, sind wissbegierig - sehen Karl Bär vom Umweltinstitut München eher als Partner denn als Widersacher, eher als Helfer denn als Feindbild.

Immer mehr Pestizide

"Naturschutz in landwirtschaftlichen Pachtverträgen" ist der Abend überschrieben, zu dem der Gartenbauverein eingeladen hatte und zu dem Landwirte aus weitem Umkreis gekommen sind. Ein Vortrag war angekündigt, doch es war weit mehr, nämlich eher ein Workshop oder eine Art Fortbildung. In Deutschland verliere man immer mehr Biodiversität, so Bär, nicht nur die Vielfalt an Arten, sondern auch die Vielfalt an Ökosystemen und Landschaften. Jedoch brauche man stabile Ökosysteme, um Nahrung produzieren zu können.

Es gebe einen langsamen, aber stetigen Anstieg an Pestiziden bei einer gleichzeitigen langsamen, aber stetigen Verminderung landwirtschaftlicher Flächen. Der Deutsche Wetterdienst warne erneut vor einem Dürrejahr, die Wetterphänomene werden immer extremer. Sprich: der Klimawandel hat Folgen.

"Ein grundsätzliches Problem ist, dass die Bevölkerung und die Landwirtschaft immer mehr auseinanderdriften", so der Agrarwissenschaftler. "Viele Bauern haben das Gefühl, dass wir vergessen werden. Dabei sind sie als Nahrungsmittelproduzenten so wichtig für uns. Und sie brauchen die Landwirte, um die Agrarwende einzuleiten. Nur gemeinsam kommen wir weiter." Deswegen sei eine enge Kommunikation zwischen Pächtern und Verpächtern von landwirtschaftlichen Flächen unabdingbar, gegenseitiges Verständnis und gegenseitiger Respekt eine Grundvoraussetzung. Wer seinem Pächter beispielsweise Naturschutzmaßnahmen in den Vertrag schreibe, der sollte dann tunlichst auch finanziell etwas entgegenkommen. "Es gibt kein Gesetz, dass man die maximal mögliche Summe verlangen muss", so der Miesbacher. Leben und leben lassen. Der Naturschutzbund empfiehlt Mindeststandards wie das Verbot von gentechnisch veränderten Pflanzen und Saatgut auf den zu verpachtenden Flächen sowie das Ausbringen von Klärschlamm zu untersagen, ebenso wie das Umwandeln von Grünlandflächen oder das Entfernen von Landschaftselementen wie Hecken oder Bäumen. Ebenso sei es möglich, keine oder weniger Pestizide oder Düngemittel vorzuschreiben.

Weniger Dünger

Weniger Dünger sei sowieso oft der bessere Weg, um eine Artenvielfalt zu bewahren. Und wer die Ruhezeiten zwischen der Mahden bei Wiesen festlege, ermögliche es Pflanzen zu wachsen, die etwas länger brauchen. Und gebe bodenbrütenden Vögeln wie dem Kiebitz eine Chance, ihren Nachwuchs aufzuziehen. Vierjährige Fruchtfolgen, also nur alle vier Jahre die gleiche Frucht an selber Stelle, verhindern, dass der Boden einseitig Nährstoffe verliere.

Weitere Impulse könnten Blühstreifen, sogenannte Lärchenfenster (Schutzbereiche für die Vögel) oder das Pflanzen von Hecken und Einzelbäumen sein. "Es muss immer ein Kompromiss gefunden werden zwischen intensiver Landwirtschaft und Artenvielfalt. Pachtverträge jedoch bieten eine gute Möglichkeit, den Naturschutz voranzutreiben", meinte Gartenbauvereinsvorsitzender Harald Hümmer. Bär stimmte zu.

Zudem könnten Subventionen helfen, Mindereinnahmen durch naturschützerische Maßnahmen auszugleichen. Regionale Vermarktung könne das Bewusstsein der Konsumenten stärken, wie wichtig die heimische Landwirtschaft für sie sei. "Der Konsument muss sich wieder bewusst werden, welchen Wert ein Lebensmittel hat. Und das ist oft nicht der, der auf dem Preisschild im Supermarkt steht", bekräftigte Angela Hennemann, die Zweite Vorsitzende des Gartenbauvereins.

Weitere Informationen gibt es auf fairpachten.org.