Höherer Preis für Milch
Die Milcherzeugungspreise liegen momentan bei umgerechnet 41 Cent pro Liter, das ist das, was der Landwirt bekommt. In Deutschland seien es oftmals nur 34 Cent. "Russland hat bei der Milch eine Selbstversorgungsrate um die 70 bis 75 Prozent. Die Hälfte der Milch wird in kleinen hauswirtschaftlichen Betrieben mit ein bis zwei Milchkühen, aber nicht in großen Milchviehanlagen produziert. Auch die Verkaufspreise im Laden sind in Russland mit ungefähr 95 Cent bis 1,10 Euro höher", erklärt Kowalczyk.
Er erlebt den Stolz der dortigen Bevölkerung auf die eigene Nahrungsmittelproduktion, weil vor allem bei tierischen Produkten nicht überall gesättigte Märkte vorliegen. "Viele Leute wollen in diesem aufstrebenden und modernen Wirtschaftszweig mit modernen Ställen und neuer Technik arbeiten." Mittlerweile gibt dieser rund elf Prozent der Bevölkerung Arbeit - vorrangig bei sogenannten Agrarholdings, industriellen Großlandwirtschaften, die zwischen 30 000 und 1,3 Millionen Hektar Land bewirtschaften. Die Politik hat sich das Ziel gesetzt, die Selbstversorgung in Russland weiter auszubauen und Agrargüter für den Export zu stellen. Bei der Milch solle die Selbstversorgung beispielsweise von derzeit 70 auf über 90 Prozent ausgebaut werden.
Oft ist Kowalcyzk aber auch im Land unterwegs. Gerade betreut er neben seinem eigenen Betrieb noch weitere Projekte, hauptsächlich 50 000 Hektar für einen ausländischen Investor im zentralen Schwarzerde-Gebiet Woronesch, rund 600 Kilometer von seinem neuen Zuhause entfernt. Eine halbe Nacht im Auto zweimal die Woche sind hier nichts Außergewöhnliches. Manches kann er im Home-Office erledigen, bei manchen Tätigkeiten seine Familie mitnehmen. Die lebt wochentags in der rund 150 Kilometer entfernten Stadt Oriol, am Wochenende und in jeder freien Minute ist sie aber auf dem Hof in Apazha.
Dort hilft derzeit auch der Junglandwirt Hannes Kellner aus Rothenfurt als Praktikant für zweieinhalb Monate mit. Er studiert an der Technikerschulschule in Triesdorf. "Christian ermöglicht mir sehr viel, verschafft mir Kontakte, und wir sind von Fremden zu engen Freunden geworden", berichtet Kellner.
Große Zukunftspläne
Doch auch Kowalczyk hat noch Großes vor: "Ich möchte in den nächsten Jahren schon noch einige andere Projekte betreuen, aber auch meinen eigenen Betrieb weiter ausbauen: mehr Fläche, mehr moderne Technik und Technologien anwenden und eine neue Milchviehanlage auf der grünen Wiese bauen, mit mehr Kühen, an die 1200 vielleicht, mehr Arbeitseffizienz, Maßnahmen für mehr Tiergesundheit und Tierwohl ..." Er könnte noch lange weitererzählen.
Hält er eine Rückkehr in die Heimat für möglich? Momentan wird er weiterhin zwischen den beiden Ländern pendeln. An Deutschland schätzt er die stabile Gesundheitsversorgung und in ein deutsches Wirtshaus gehen zu können - "das vermisse ich wirklich!"
"Weniger Neid"
Ansonsten genieße er die größere Freiheit in Russland, weniger Überwachung und vor allem weniger Neid zwischen den Menschen. "Viele Menschen in dieser Wohlstandsgesellschaft machen sich Probleme, wo gar keine sind." Heimat bedeutet für ihn vor allem auch seine Mutter. Er ist regelmäßig, aber selten zu Besuch bei ihr. Die modernen Medien wie Facebook, Skype usw. helfen ein bisschen darüber hinweg.
Insgesamt ist er 14 Stunden unterwegs, wenn er seine Mutter und Freunde im Landkreis Lichtenfels besucht. Aber es lohnt sich: Zu Weihnachten in der Heimat gehörte für ihn auch diesmal ein Entenbraten mit Klößen und Blaukraut dazu, ein "schöner deutscher Weihnachtsbaum", einmal in die Kirche gehen und über die Weihnachtsmärkte in Coburg oder Nürnberg zu laufen.