Jubiläum Vor 125 Jahren gründeten 15 Industrielle und Kaufmänner die Handelskammer zu Coburg. Dem Heimatforscher Gerhard Eckerlein ist es gelungen, Fotos von 14 von ihnen aufzutun und die Lebensdaten der Gründerväter zu ermitteln - honorige und schillernde Persönlichkeiten.
Die Gründung der Coburger Handelskammer erfolgte vor allem: ziemlich spät. Bamberg (bayerisch) hatte schon 1846 eine, also 50 Jahre früher als Coburg. Auch in den benachbarten Thüringer Bezirken Sonneberg und Saalfeld waren die Gewerbetreibenden früher dran als die Coburger.
Dabei hatten die schon in den 1820er-Jahren davon gesprochen, einen Kunst- und Gewerbeverein zu gründen. 1846 erließ der damals neue Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha ein Edikt, das den Zusammenschluss der Kaufmannschaft zu einer Innung oder Handelsgenossenschaft erlaubte. Ziel dieses Zusammenschlusses sollte sein, die kaufmännischen Interessen gemeinsam wahrzunehmen und "gediegene kaufmännische Bildung" zu verbreiten. Doch es geschah nichts.
Ab 1880 gab es neue Anläufe: Man erkundigte sich im benachbarten Herzogtum Sachsen-Meiningen, wie das mit den Kammern so lief, und fragte die einheimischen Kaufleute ab, ob sie interessiert seien. Doch obwohl die Antworten zustimmend ausfielen, passierte immer noch nichts. Erst knapp 15 Jahre später erließ der nunmehr regierende Herzog Alfred das Gesetz über die Errichtung einer Handelskammer, und zwischen dem 17. und 22. Februar 1896 fanden die ersten Wahlen statt. Jeder Gewerbetreibende, der mehr als 25 Mark Steuern im Jahr zahlte, war berechtigt, an der Wahl der Handelskammer teilzunehmen - und war auch automatisch Mitglied. Diese Mitglieder mussten auch die Kosten der neuen Kammer tragen, also Beiträge zahlen. Ein Prinzip, an dem sich bis heute nichts geändert hat.
Aus allen Bezirken
Die Mitglieder der Kammer wurden aus den fünf Gerichtsbezirken des Herzogtums Coburg entsandt: Neun aus dem Gerichtsbezirk Coburg, drei aus Neustadt und je einer aus den Amtsgerichtsbezirken Rodach, Sonnefeld und Königsberg. Für den Staat Gotha wurde 1897 eine eigene Kammer ins Leben gerufen - das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha war kein einheitlicher Staat, sondern hatte nur den Herzog gemeinsam.
Am 18. März 1896 nahm die neue Handelskammer zu Coburg ihre Arbeit auf. Finanzrat Albert Rose war der erste Präsident und blieb es bis zu seinem Tod 1903. Erster stellvertretender Präsident war der Fabrikant Georg Gagel, später Roses Nachfolger. Als Sekretär (Geschäftsführer) fungierte Professor Carl Röhrig, und die Kasse führte der Kaufmann Carl Busch.
Durch Zufall stieß Gerhard Eckerlein, ehrenamtlicher Heimatforscher, auf zwei Dinge: Ein Konvolut von 14 Fotos, die 14 Unternehmer aus dem Raum Coburg zeigten -14 Gründungsmitglieder der Handelskammer. Alle Fotos waren vom Studio Uhlenhut gefertigt, das Niederlassungen in Coburg und Schweinfurt hatte. Was fehlt, ist das Portrait des Königsberger Vertreters. Eckerlein erfuhr vom Verkäufer des Bilderkonvoluts, dass die Fotos sich in einem Album befunden hatten, das das herzogliche Wappen trug. Das Album hatte der Verkäufer indes nicht erwerben können, sondern nur jene 14 Portraits. 65 Euro zahlte Eckerlein dafür. Durch einen weiteren Zufall stieß Eckerlein in einem alten Coburger Adressbuch auf die Namen der IHK-Gründer. Aber auch in dieser Liste, sagt Eckerlein, finde sich kein Name eines Königsberger Vertreters.
Geforscht und vermutet
Gut ein Jahrzehnt dauerte es, bis Eckerlein die Namen und Portraits einander zuordnen konnte. Er suchte nach Fotos und Hinweisen auf die Personen, orientierte sich am Lebensalter und hatte einige male Glück. In einem Buch über die Grüber Blaufabrik fand er ein Portrait von Paul Hampe und konnte es abgleichen. Bei den Namen Carl Busch und Reinhold Süßenguth tippte Eckerlein anhand des Alters: Busch war bei der Handelskammer-Gründung 44 Jahre alt, Süßenguth 36. Dieser Reinhold Süßenguth wurde kurz nach seiner Wahl in die Kammer polizeilich gesucht: Er war des Konkursbetrugs verdächtig. "Er floh nach Amerika und starb dort 1923 bei einem Autounfall", sagt Eckerlein.
Mehr Bahnanschlüsse gefordert
Prägendes Thema der Kammer zu ihren Anfangsjahren war der Ausbau der Coburger Bahnverbindungen. Damit stand die Coburger Kammer nicht allein da - auch in Bayern war der Ausbau der Schieneninfrastruktur das prägende Thema der Kammern. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg verging "kaum eine Kammersitzung, in der nicht über die Forderung nach (einer) Schnellzugstrecke von Hamburg über Hannover-Eisenach, Coburg und Nürnberg nach München debattiert wurde, ebenso über die Querverbindung Ost-West von Eber über Bayreuth und Coburg nach Kassel", notierte der Historiker Harald Bachmann anlässlich des 100. Jubiläums der IHK 1996. Außerdem setzte sich die Coburger Kammer dafür ein, dass Lichtenfels Haltepunkt auf der Strecke München-Nürnberg-Leipzig-Berlin blieb, und sie forderte einen Ausbau der Itzgrundbahn von Rossach bis Breitengüßbach, um einen besseren Anschluss nach Süden über Bamberg zu erlangen.