Durch Verzicht auf fossile Energie kann die Welt "die Kurve noch kriegen"

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Der weltweit anerkannte Klimaforscher Professor Stefan Rahmstorf referierte im Nachhaltigkeitszentrum Handthal. Foto: sw
Der weltweit anerkannte Klimaforscher Professor Stefan Rahmstorf referierte im Nachhaltigkeitszentrum Handthal.  Foto: sw

Ja, die Welt kann das Klimaziel zwei Grad Erderwärmung noch erreichen, aber dann muss die Einigkeit von Paris umgehend in konkrete Maßnahmen aller Länder de...

Ja, die Welt kann das Klimaziel zwei Grad Erderwärmung noch erreichen, aber dann muss die Einigkeit von Paris umgehend in konkrete Maßnahmen aller Länder der Erde münden. Dies sagte der renommierte Klimaforscher Professor Dr. Stefan Rahmstorf am Donnerstag beim zweiten Nachhaltigkeitssymposium Mainfranken im Nachhaltigkeitszentrum in Handthal vor einem interessierten Publikum.
Hurrican Matthew und Präsident Obamas optimistische Äußerung über das Klimaschutzabkommen von Paris waren für Moderator Eberhard Schellenberger die richtigen Nachrichten, um in das Thema einzusteigen. Schweinfurts stellvertretende Landrätin Christine Bender (CSU) meinte, Nachhaltigkeit sei ein forstliches Prinzip aus dem 18. Jahrhundert, gleichzeitig aber brandaktuell und mittlerweile auf alle Lebensbereiche ausgeweitet.
Global wie regional müssten Netzwerke geschaffen werden, die die Nachhaltigkeit zum Lebensprinzip machen und das Nachhaltigkeitszentrum in Handthal sei Knoten eines solchen Netzwerkes aus Kreisen, Kommunen und Verbänden.
Vertreter aus sieben Landkreisen sowie aus der Wirtschaft hatten die Einladung der Mainfranken-Geschäftsführerin Asa Petersson angenommen.
Professor Rahmstorf zeigte sich beeindruckt vom Nachhaltigkeitszentrum, das dessen forstlicher Leiter Andreas Leyerer kurz vorstellte. 45 000 Besucher werden es wohl werden, die im zweiten Jahr des Bestehens in Handthal Informationen zur Nachhaltigkeit finden.


"Hervorragendes Konzept"

"Wir wollen informieren und die Realität im Wald zeigen", erklärte Leyerer auf die Frage Schellenbergers zur Nationalparkdiskussion. "Wir haben hier mit dem Trittsteinkonzept ein hervorragendes Waldnaturschutzkonzept, das für Wälder in dicht besiedelten Regionen die maximale Artenvielfalt ermöglicht bei gleichzeitiger Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz.
Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien sind auch für Professor Rahmstorf wesentliche Pfeiler bei der Erreichung der in Paris vereinbarten Klimaziele. Dass erstmals alle über 190 Staaten das Abkommen ratifizierten, "macht mich sehr optimistisch, dass es ernst gemeint ist", so der Professor, dennoch sei die Umsetzung ein Wettlauf mit der Zeit.
Er zeigte auf, wie Klimaforschung funktioniert und dass es etwa alle Million Jahre eine Eiszeit gibt. Die Klimaveränderungen seit Anfang des 20. Jahrhunderts seien mit natürlichen Schwankungen jedoch nicht mehr zu erklären.
Er stellte ein Klimamodell vor, wonach die Welt "die Kurve noch kriegen kann", wie es Schellenberger formulierte, wenn in den nächsten Jahrzehnten völlig auf die Verbrennung fossiler Energieträger verzichtet wird. Das kann laut Rahmstorf auch gelingen, wenn auch unter Anstrengungen. Parallel zum weltweit wachsenden Ausbau von Sonnen- und Windkraft seien die Anlagenpreise massiv gesunken, was die daraus gewonnene Energie günstiger macht. Doch trotz aller positiven Entwicklungen würde sich die Erde bis 2100 um drei Grad erwärmen und "nur wenn wir gut sind, sind die zwei Grad zu schaffen".
Er zeigte auf, wie Hitzewellen, Dürren und Hochwasser-ereignisse in immer kürzeren Abständen registriert werden. Auch der Bürgerkrieg in Syrien sei mit durch die Dürrekatastrophen ausgelöst worden, die eine Million Binnenflüchtlinge produziert haben, und durch die Unfähigkeit des Assad-Regimes, diesen Menschen zu helfen.
Ständig würden Wetterrekorde gebrochen, zeigte Professor Rahmstorf anhand von Messreihen auf. Auch der aktuelle Hurrican Matthew liefere wieder solche Rekorde, die sich in grausamer Zerstörung zeigen.


Entscheidende Phase

Eindrucksvoll demonstrierte er die Veränderungen der planetarischen Zirkulation, bekannt als Jetstream, und ging auf den Anstieg des Meeresspiegels ein. "Der Meeresspiegel wird für Tausende Jahre steigen, wir können nur die Beschleunigung stoppen", sagte er. "Unser Jahrhundert bestimmt die nächsten 10 000 Jahre."
Wenn die 195 Unterzeichnerstaaten sich strikte Handlungsauflagen geben, so Stefan Rahmstorf, und wenn die Vereinbarungen regelmäßig nachgeregelt werden, dann sei Paris Startpunkt einer echten globalen Trendwende, "aber ob es wirklich historisch war, kann man erst in 30 Jahren sehen". sw