Ein Familienbeisammensein lief am 24. Juli 2016 aus dem Ruder. Weil er sich im Hause seiner Eltern an seiner Schwester vergriffen hatte, stand am Donnerstag...
Ein Familienbeisammensein lief am 24. Juli 2016 aus dem Ruder. Weil er sich im Hause seiner Eltern an seiner Schwester vergriffen hatte, stand am Donnerstag ein 40-jähriger Burgkunstadter vor Gericht. Was dem bis dato nie mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Mann von Staatsanwalt Timm Hain vorgeworfen wurde, war eine vorsätzliche Körperverletzung. Strafbefehl, Einspruch, Sitzungstermin.
Um was ging es? Es ging um einen Router, um eine Internetverbindung, die der 40-Jährige seiner Mutter einrichten wollte. Die Art und Weise, in der er das tat, sorgte für Befremden bei seiner Schwester. Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen und vor allem nach einer Beleidigung auch zu physischen nebst psychischer Gewalt. "Du elende Säugoschn", warf der Angeschuldigte seiner 33-jährigen Schwester an den Kopf und zeigte ihr laut Staatsanwalt auch den Mittelfinger. Dann soll er ihr auf den Kopf geschlagen und sie in den Schwitzkasten genommen haben. Eine abschließende Ohrfeige brach ihr sogar die Nase.
Im Wesentlich räumte der Angeklagte, der von Rechtsanwalt Horst-Hermann Hofmann vertreten wurde, die Vorwürfe ein. Was also bezweckte er mit dem Einspruch gegen den Strafbefehl? Eine Frage, die auch Richter Stefan Hoffmann beschäftigte. Horst-Hermann Hofmann führte aus, dass "die Lage in der Familie eher durch Mediation statt Strafe" zu regulieren sei. Immerhin sei sein Mandant absolut unbescholten, zudem könne man davon ausgehen, dass es bei dieser Einmaligkeit bleiben wird.
Geht es nach der Schwester des Beschuldigten, wird es das auch. Mehrmals signalisierte die Frau, dass sie mit ihrem Bruder nichts mehr zu tun haben wolle. Selbst als der Richter sie direkt darauf ansprach, ob sie nicht daran interessiert sei, dass sich das Verhältnis bessert, antwortete sie mit einem klaren "Nein". Auch als ihr Bruder sich bei ihr in aller Form entschuldigte, schwieg sie und sorgte so für eine peinliche Pause. Der Mittelfinger, von dem der Beschuldigte sagte, er sei "nicht ausgefahren" und ohnehin eher nicht ernst gemeint gewesen, sei es aber laut seiner Schwester doch. Aber vor allen Dingen blieb ihr in der Seele, was danach kam. Er habe ihr Wasser ins Gesicht geschüttet, sie an den Haaren gezogen, in den Schwitzkasten genommen und geschlagen.
Was seinen Mandanten zum Überkochen gebracht haben könnte, liege wohl in seiner Vergangenheit begründet, so Hofmann. Immer schon "als fünftes Rad am Wagen" habe er sich im Familienverband gefühlt, zudem sei die Kritik an seiner Routereinrichtung unverhältnismäßig gewesen. Statt einer Strafe soll der Angeschuldigte ein Schmerzensgeld in Höhe von 2000 Euro an das Opfer leisten, das Verfahren damit ohne eine Verurteilung sein Bewenden haben. Sofort nahm die Schwester diesen Vorschlag nicht an. Sie, die schon einmal Gewalt durch einen Mann erfahren habe und darum rigoros bei der Anzeige war, erklärte ihre Bedingung: "Wenn das nicht so ausgelegt wird, als ob dann alles in Ordnung wäre."
MH