Diese Musik ist anders

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Angelika Bachmann von "Salut Salon" im Gespräch mit Thomas Ahnert

Als "Klassikquartett" wird das Hamburger Ensemble "Salut Salon", das am Samstag, 21. Dezember, um 19.30 Uhr den Kissinger Winterzauber 2019/20 eröffnet, gerne bezeichnet. Das stimmt nicht ganz. Denn Angelika Bachmann und Iris Siegfried (Violine), Olga Shkrygunova (Klavier) und Anna-Lena Perenthaler (Violoncello) verzichten in der Besetzung auf eine Viola. Vor allem aber ist ihre Musik anders. Die Klassik ist zwar ihr Stichwortgeber. Aber was immer sich mit der von ihnen so geliebten klassischen Musik verbinden lässt, sie verbinden es: Tango, Chansons, Folk- und Filmmusik - solistisch virtuos, Show mit artistischen Einlagen, souverän und selbstironisch. "Liebe" heißt das Programm. Und das bedeutet: Es darf geweint und geseufzt, aber auch laut gelacht werden. Wie es dazu kam, darüber gab Angelika Bachmann, eine der beiden Gründerinnen des Quartetts, Auskunft.

Frau Bachmann, Sie haben alle vier eine klassische Ausbildung. Wieso sind Sie ins Entertainment gegangen?

Angelika Bachmann: Das habe ich mir vorher so nicht überlegt, ich wollte einfach Musik machen, die mir selber Freude macht. Ich komponiere, arrangiere und texte gerne. Und ich wollte schon ganz früh ein Ensemble gründen mit meiner Freundin Iris, mit der ich jetzt seit 36 Jahren gemeinsam Musik mache - wir sind beide 47. Als wir 11 waren, haben wir schon im Schulorchester zusammengespielt. Wir haben von Anfang an klassische Stücke so bearbeitet, wie wir das schön fanden. Für mich hätte sich deshalb nie die Frage gestellt, in ein Orchester zu gehen. Mir macht es mehr Spaß, das aus der Musik herauszuholen, was ich selber fühle.

Woher kommt denn in der Gruppe die Neigung zur Komik, zum Chaotischen?

Bachmann: Was empfinden Sie denn als chaotisch bei uns?

Ich habe mir noch einmal die Nummer "Wettstreit zu viert" angeschaut. Das ist ja nun nicht den konzertanten gesellschaftlichen Regeln entsprechend. Da kommen sehr viele Emotionen hoch, wird die Auseinandersetzung durchaus auch handgreiflich.

Bachmann: Uns macht es einen Riesen Spaß, alles aus unseren Instrumenten herauszuholen. Und beim "Wettstreit" ging es auch darum, was passiert, wenn wir uns in wechselnden Kombinationen gegeneinander verbünden...

Also Sie lassen auch gerne mal die Sau raus, wenn ich Sie recht verstehe. Bachmann: Ja, das Leben ist zu kurz, um immer nur brav zu sein. Das scheint aber anderen auch zu gefallen, denn allein bei diesem Video haben wir auf Youtube, glaube ich, so 26 Millionen Klicks.

Wissen Sie eigentlich, wenn Sie in ein Konzert hineingehen, schon, was am Ende herauskommt? Also nicht nur, welche Stücke Sie spielen, sondern auch, wie sich das Ganze entwickelt? Denn Ihre Auftritte wirken sehr spontan, auch wenn sie geplant und choreographiert sind. Bachmann: Das ist ja die hohe Kunst, und das macht uns sehr viel Spaß, eine Bühnenshow so zu entwickeln, dass sie wiederholbar wird und gleichzeitig genug Raum bietet für spontane Einfälle, auf die man dann reagieren muss.

Was erwartet die Besucher im Regentenbau, wenn Sie zum Eröffnungskonzert des Winterzaubers kommen?

Bachmann: Wir spielen unsere aktuelle Bühnenshow "LIEBE", die mit dem "Libertango" von Astor Piazzolla beginnt, für uns das Sinnbild für Freiheit in der Liebe. Piazzolla ist einer unserer absoluten Lieblingskomponisten, den wir immer spielen. Sein "Tango Nuevo" kommt in jeder Show vor. Darüber hinaus sind Teile aus "Romeo und Julia" von Prokofiew zu hören, die wir ganz neu bearbeitet haben, und auch ein Arrangement von Prokofiews "Streit" aus der "Cinderella-Suite". Da hört man so richtig, wie die Argumente zwischen den Instrumenten hin- und hersausen . Dann spielen wir Variationen über das bekannte "Follia"-Thema über den Wahnsinn der Liebe, von Bach über Rachmaninow bis zu eigenen Variationen, die wir komponiert haben. Wir spielen ein Liebesduett auf zwei singenden Sägen, singen eigene Chansons über die Liebe und darüber, dass es in der Liebe oft mehr Fragen als Antworten gibt, aber auch berühmte Liebeslieder der Popgeschichte von Marilyn Monroe bis Herbert Grönemeyer.

Und wer ist Oskar?

Bachmann: Oskar ist unsere Handpuppe. Diesmal verführt er unsere Cellistin mit Mozarts "Reich mir die Hand, mein Leben".

Also ich finde es ja schon einigermaßen beruhigend, dass vier Frauen, wenn sie von Liebe singen, auch einen Mann brauchen, auch wenn er von ihnen gesteuert wird. Ganz ohne Männer geht die Chose nicht.

Nein, definitiv nicht. Aber Oskar ist der einzige Mann, der es geschafft hat, in all den Jahren beständig an unserer Seite zu bleiben.

Warum sollen die Leute in ihr Konzert kommen?

Bachmann: Also ich hoffe, weil sie selber Lust haben zu kommen. Ich glaube, dass es ein sehr leidenschaftlicher Abend voller Freude wird, der aber auch sehr ernste Momente hat. Die Liebe wird von ganz verschiedenen Seiten beleuchtet. Und in der Liebe sind wir alle Experten, weil wir sie hoffentlich alle in unserem Leben erlebt haben. Und sie ist ja auch der Antrieb für die schönsten und verrücktesten Dinge, die man so tut im Leben. Auf die Frage: Was soll die Liebe sein? geben am Ende allerdings keine Antwort...

Wie suchen Sie sich Ihre Programme zusammen? Wer macht das?

Bachmann: Wir bringen alle vier Ideen ein, die dann zusammen ausprobiert werden. Das ist ein langer Prozess. Vieles wird auch verworfen. Die Stücke, für die wir uns entscheiden, arrangieren wir dann ganz neu.

In ihren Konzerten singen Sie auch alle. Gesangsausbildung kommt in ihren Biografien aber nicht vor. Wieso können Sie so gut singen?

Bachmann: Weil wir tatsächlich ganz viel Gesangsausbildung gemacht und viele Workshops besucht haben. Ich habe zum Beispiel an der Hochschule auch Gesangsexamen gemacht.

Das Gespräch führte Thomas Ahnert