In Zeiten wie diesen besinnen sich die Menschen ja häufig wieder auf ihre ureigensten Interessen. Zahllose Männer, so hört man, finden sich nun wieder in ihren Hobbykellern, während sich ihre Frauen u...
In Zeiten wie diesen besinnen sich die Menschen ja häufig wieder auf ihre ureigensten Interessen. Zahllose Männer, so hört man, finden sich nun wieder in ihren Hobbykellern, während sich ihre Frauen unterm Dach ein Atelier eingerichtet haben. Dort malt Eva nun, währt Adam seine Eisenbahn kreisen lässt.
Weil einem jüdischen Witz gemäß das menschliche Leben ja weder mit der Zeugung noch mit der Geburt beginnt, sondern wenn die Kinder aus dem Haus sind, müssen sich manche Adams und Evas aber nicht immer vollständig bekleidet unter die Augen treten. Da kann man schon mal leicht beschürzt vorfreudig durchs Haus wandeln und sich gegenseitig Besuche abstatten. Den Weg zurück nimmt man dann singend und tanzend. Muss man aber nicht. Manche Leute kommen daheim auch auf gänzlich andere Gedanken, und besonders Männer zeigen sich dabei von einer gewissen jugendlichen Seite.
So eine Seite entdeckte kürzlich auch Viola an ihrem Patrick. Der nämlich freute sich unbändig über das nun bekannt gewordene Comeback von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass ..?" so sehr, dass er sich einer Wette erinnerte, die er schon 30 Jahre vorher mal angedacht hatte. Damals stand er kurz vor dem Abitur und hatte neben dem Büffeln noch ein bisschen Zeit für seine Jugendlichkeit. Er wollte wissen, ob es ihm wohl gelänge, ein Fahrradschloss problemlos um den Bauch zu bekommen. Naja und wie er in den vergangenen Tagen so vermehrt in den Spiegel blickte (man hat ja gerade etwas Zeit), da fand er, dass sein Hintern in all den Jahren ja wohl kein Gramm fetter geworden sei, schloss von dieser Beobachtung auf seinen Bauch und sich ein Fahrradschloss auf. Seine Frau bekam das nicht mit, da sie unterm Dach malte und sich der Vernunft hingab.
Patrick aber lud sich am frühen Abend via Skype zwei Kumpels ein und formulierte ihnen gegenüber seine Wette: "Wetten, dass ich es schaffe, mir das Fahrradschloss von meinem alten Rennrad (dabei hielt er es in die Höhe und zeigte es in die Kamera) um den Bauch zu schnallen und im Schloss einrasten zu lassen?" Seine beiden Kumpels fanden die Wette super, auch weil sie beide so um fünf Jahre jugendlicher sind als Patrick. Vor allem aber, weil sie um diese Uhrzeit für gewöhnlich schon ihr drittes Bier intus haben. Und so wurde es ein heiterer Abend hüben wie drüben des Bildschirms.
Zwar ist es Ehrensache, bei einer Wette dagegenzuhalten, aber johlend feuerten die Jungs ihren Patrick doch an, der es redlich mit den engen Grenzen seines alten Fahrradschlosses aufnahm. Immer wieder nahm er neue Anläufe, um doch noch von ihm umschlossen zu werden.
Es war eine kräfteraubende Tortur, aber wer echte Freunde hat, der darf auf nie nachlassende Ermunterungen und Anfeuerungen hoffen. Und wie es immer so ist - keine Freude ist größer denn die nach einer ehrlichen und ernsten Anstrengung. Oder wie im Fall von Patrick einer geradezu heldenhaften. Und dann, beim letzten Anlauf (blöde Floskel, es konnte ja nur der letzte Anlauf gewesen sein) nahm er seine letzten, allerletzten Kräfte zusammen und in jugendlichem Übermut führte er die Enden des Schlosses zusammen. Völlig ermattet und irgendwie selig hörte Patrick jetzt das Schloss klicken.
Das Ding schnürte ihm regelrecht die Luft ab. Es saß wirklich sehr unbequem. Aber er hatte seine Wette gewonnen und seine Jungs haben es am Bildschirm live und freudig miterlebt. Wenigstens, so dachte Patrick noch, hält diese beschissene Corona-Zeit noch einen Spaß bereit. Dann klemmte das Schloss und ließ sich nicht öffnen.