Die verzweifelte Suche nach Azubis

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Im September beginnen zahlreiche Berufsanfänger ihre Ausbildung - viele Unternehmen sind aber noch auf der verzweifelten Suche nach Nachwuchs. Welche Branchen sind betroffen und warum tun sie sich so schwer?

Sarah Stieranka

Dorina Frunzke und Bastian Geuß sind sehr unterschiedlich. Bastian ist 16 Jahre alt und interessiert sich für Autos, Dorina wird bald 33 Jahre und liebt den Kontakt zu Menschen. Und doch eint sie eins: Sie haben sich bewusst für eine Ausbildung im Landkreis Lichtenfels entschieden. Aber nicht irgendeine Ausbildung - sie lassen sich in Branchen ausbilden, in denen es derzeit stark an Nachwuchs mangelt: der Kfz- und Pflegebranche.
Räderwechsel, Bremsen austauschen, Motor ausbauen - tagtäglich steht Bastian Geuß unter den Autos fremder Menschen. Das macht er dreieinhalb Jahre, dann darf er sich offiziell Kfz-Mechatroniker nennen. "Man glaubt nicht, was alles in einem Auto drin steckt." Mit 15 Jahren beendet er die neunte Klasse und entscheidet sich nach einem Praktikum für seine Ausbildung. Regelmäßig besucht er die Berufsschule, zwei große Prüfungen sind Teil seiner Lehre.
Obwohl der Beruf genau seinen Interessen entspricht, verschweigt der Lehrling die Schwächen der Ausbildung nicht. "Am Anfang muss man viele Räder wechseln." Doch seine Geduld zahlt sich aus. Ist Bastian Geuß fertig, hat er gute Chancen, im Betrieb aufzusteigen. Servicetechniker, Meister oder Serviceleiter sind nächste Stufen, für die er zusätzliche Seminare besuchen kann. Doch einen Haken gibt es, weiß stellvertretender Werkstattleiter Florian Düthorn: die Bezahlung. "Du tust dir schwer, Auszubildende zu kriegen. Man verdient weniger und die körperliche Belastung ist auch größer als in der Industrie beispielsweise." 700 bis 800 Euro verdient ein Auszubildender in der Kfz-Branche im Schnitt im ersten Lehrjahr. Um die dreieinhalb Jahre mit der körperlichen Arbeit und der geringen Bezahlung zu packen, sollten Auszubildende vor allem eins mitbringen: Interesse an Autos. "Wenn man sich dafür nicht interessiert, macht es keinen Sinn", erklärt Bastian Geuß. Gute Kenntnisse in Fächern wie Mathematik seien hingegen nicht ausschlaggebend, fügt der 16-Jährige hinzu.


Ausbildungsinhalte in der Pflege

Auch Dorina Frunzke liebt ihre Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin - sie muss sie lieben. Immerhin ist sie bereit, für ihren Beruf zu jeder Tages- und Nachtzeit zu arbeiten. Drei Jahre beschäftigt sie sich in der Schule und im Pflegeheim Lichtenfels mit Hygieneverordnungen, der Behandlungspflege, der Grundpflege der Bewohner sowie der sozialen Betreuung. Auch im Bereich Psychologie wird die 33-Jährige geschult - immerhin arbeitet sie auch mit stark dementen und aggressiven Personen zusammen. Ihr Beruf ist nicht einfach: Sie sieht Menschen sterben, erlebt Unfälle und ist gegen Verhältnisse, in denen die pflegebedürftigen Menschen leben müssen, machtlos.
Doch: "Man lernt immer etwas dazu beim Austausch mit Menschen. Hier ist kein Tag wie der andere", schwärmt Dorina Frunzke von den Vorteilen. Auch über die Bezahlung beschwert sie sich nicht. Zu den 980 Euro brutto im ersten Lehrjahr kommen Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Altersvorsorge hinzu. Und das Entscheidende: "Wir haben eine Übernahmegarantie", ergänzt Heimleiterin Annett Kürsten.
Ihren Job könnte auch die Auszubildende irgendwann einmal machen. Denn: Nach der Lehre gibt es viele Aufstiegschancen - Fachkraft Wundberater, Wohnbereichsleitung oder Pflegedienstleitung sind mögliche Weiterbildungen. Und für diese Aussicht nimmt die 33-Jährige auch die körperlich anstrengende Arbeit auf sich.
Aber nicht nur mit der körperlichen Anstrengung lasse man die Mitarbeiter nicht alleine, auch die psychische Belastung werde nicht missachtet. Und am Ende des Tages habe man es - dieses Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.