Dennoch ist es dieser Realismus, der dem Leser den Grusel gibt. "Je nüchterner etwas Grausames beschrieben wird, desto unheimlicher wirkt es oft", sagt der Autor.
Dadurch, dass Backert die Fälle, die Vorgehensweise der Polizei noch aus seiner Zeit als Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit im Ordnungsamtes in Coburg kennt, kann er sehr genau darüber schreiben. Die eingestreuten Verhörprotokolle oder andere Details aus der Bürokratensprache geben dem Leser die Möglichkeit, für wahr zu halten, was er gerade liest - zumindest möglich ist das, was Backert schreibt.
Persönliche Anwesenheit ist dafür nicht immer notwendig. Für seinen neuen Roman, der nächstes Jahr im Herbst erscheinen wird, hat Backert wieder zwei Jahre recherchiert. Recherche ist ihm wichtig. Einlesen, mit Leuten sprechen oder auch mal nachts eine Doku über Ballett auf Arte gucken. Im tschechichen Cheb, wo sein Roman "Hard Rock" stellenweise spielt, war Backert aber nie. Eigentlich dachte er, hinfahren zu müssen, war dann aber doch erstaunt, dass eine Google-Earth-Recherche alle notwendigen Informationen liefern konnte.
Das kommende Buch behandelt eine Familientragödie, die sich in der Nacht zum 3. Oktober 1990 nahe der ehemaligen Grenze ereignet hat. Nun, 30 Jahre später, geht eine Journalistin auf Spurensuche in eigener Sache. In jener Nacht überlebte sie als Einzige den erweiterten Suizid ihres Vaters.
"Ich wollte mal was völlig Neues machen", sagt Backert über den Wechsel der Hauptfigur. Sein Kommissar Charly Hermann wird nur am Rande auftauchen.
Darin, so erzählt der Autor schon mal aus dem Nähkästchen, wird es auch um einen besonderen Blickwinkel auf Wahrheit gehen. 30 Jahre haben Adoptiveltern die Wahrheit verschwiegen. Freilich eine Lüge, die diese lange aufrechterhalten haben - "zum Wohl des Kindes".
Wie viel Wahrheit kann man einem Menschen, den man liebt, zumuten? "Gibt es im Leben eine Gnade des Belogenwerdens?", fagt Backert.
Elementare Wucht
Er meint, dass seine Bücher mit der Zeit immer psychologischer geworden sind, was auch an der Authentizität der Figuren liege, die während des Schreibens ein Eigenleben entwickelten. Dadurch wird es zwar immer noch um Kriminalfälle gehen, die ebenso erfunden sein mögen wie die Figuren, aber in diese kann sich der Leser, sind sie stimmig geschrieben, hineinversetzen. Was immer auch heißt, es könnte den Kommissar und die Fragen, die er sich stellt, genau so geben. Aber die großen existenziellen Fragen will Backert nicht stellen. Wenn, dann kommen sie von alleine in seine Bücher. So sagt er: "Nicht alle Fragen lassen sich mit Ja oder Nein, Richtig oder Falsch beantworten. Gerade existenzielle Fragen entwickeln ihre elementare Kraft und Wucht doch dadurch, dass wir uns als Menschen ein Leben lang immer wieder neu an ihnen abarbeiten müssen." Das kann man auch mit erfundenen Geschichten, die deswegen nicht weniger wahr sein müssen.