Der Zwickturm wurde 1792 abgerissen, die Folter dann laut Kolbet 1795 abgeschafft. Frauen wurden meist nur wegen Hexerei, Zauberei und Trudnerei angezeigt, "aber Hexen hatten wir in Höchstadt keine", sagt sie. "In Schlüsselfeld war es sehr, sehr schlimm, die hatten Hexen ohne Ende. Lediglich zwei Verdachtsfälle gab es bei uns. Eine Frau in Schwarzenbach hat behauptet, dass sie, wenn sie auf ihrem Dreifuß sitzt, hören könne, was im Ort geredet wird." Dann war da laut Kolbet noch die Frau eines Bauern aus Greiendorf, die Kröten gehalten hat.
Die Hobby-Historikerin berichet, dass es aber ein Verbrechen gab, welches für Frauen schwer wog und mit Ertränken bestraft wurde: den Kindsmord. "Im 16. Jahrhundert gab es das häufig, im 18. Jahrhundert sehr häufig aufgrund der sozialen Situation. Das waren bitterarme Menschen." Kolbet erklärt, dass es meist Dienstmädchen und Mägde waren, die nicht selten von ihrem Arbeitgeber in andere Umstände gebracht wurden. "Die Frauen wurden gefesselt und in einen Sack gesteckt, den sie selbst nähen mussten, und dann ertränkt", verdeutlicht Kolbet das Vorgehen.
Ehrenhafte Enthauptung
Sie erzählt, dass Frantz Schmidt, auch "Meister Frantzen" genannt, ein Henker aus Nürnberg, um 1600 eine Eingabe beim Nürnberger Rat machte, woraufhin die Frauen mit einem Schwert enthauptet statt ertränkt wurden. "Abgesehen davon, dass es schneller ging, war das ein ehrenhafter Tod und sie konnten in geweihter Erde beerdigt werden."
Eine dieser Frauen war Margarete Lubach. Schwanger vom eigenen Bruder hatte sie ihr Kind getötet. "Am 11. März 1600 wurde sie auf dem Sauanger, einem Platz zwischen der Stadtmühle und dem ehemaligen E-Center, öffentlich hingerichtet. Diebe hingegen wurden am Galgenberg gehenkt, Raubmörder wurden gerädert und nach dem Tod auf ein Rad gebunden und dort aufgehängt."
Ein weiterer Halt ist in der Gerbergasse. "Hier haben die ,unehrlichen‘ Leute gelebt. Henker, Büttel, Bader, Gerber, Totengräber, Abdecker, Hundeschlager und auch Straßenkehrer", zählt Kolbet auf, "alle, die mit Krankheit, Tod und Unrat zu tun hatten. Das war wie heute Corona, man hielt Abstand".
Oben am Schlossberg dann doch noch ein Mord. Dort, wo das große, steinerne Kreuz steht. "Allerheiligen 1514 hat an dieser Stelle Fritz Marschalk von Wildenberg einen Maximilian Tannhauser vermutlich im Streit entleibt", erzählt Kolbet. "Beide waren adliger Abstammung, sodass der Täter sich mit den Angehörigen des Opfers außergerichtlich einigen konnte, was bei Totschlag möglich war." Laut der Stadtführerin gehörte neben Wallfahrten nach Aachen und nach Rom und Unterstützung der Familie das Aufstellen eines solchen Rechtsmals mit zur Wiedergutmachung. "Es finden sich noch einige große Sandsteinkreuze, das sind Sühnemarker, wo jemand gewaltsam zu Tode kam."
Aber wie war denn der genaue Ablauf eines Verfahrens, wenn man nicht um ein solches herumkam? "Nach dem Geständnis wurde am Rathaus die Glocke geläutet", sagt Kolbet, "dann kamen die Leute zusammen zur öffentlichen Gerichtsverhandlung. Das passierte an der Schranne, dem Gerichtsplatz. Das Urteil wurde gefällt und es gab ein Henkersmahl. Meist waren das ja arme Schweine, da konnten die sich das erste Mal richtig satt essen. Mit einer Prozession ging es aus der Stadt raus. Das war ein Riesenspektakel, wie Altstadtfest und Kerwa auf einmal." Über die alte Aischbrücke ging es laut Kolbet entweder zum Galgenberg oder zum Sauanger.
"Die letzte Hinrichtung hat 1699 stattgefunden", sagt sie, "Johann Merck, ein Maler aus Bamberg, und Fritz Hoffmann, Jäger aus Röbersdorf." Kolbet erzählt, dass beide Rädelsführer bei den Plünderungen der Juden waren, denen man damals für alles die Schuld in die Schuhe schob, in diesem Fall für die Hungersnot. Merck wurde gehenkt, Hoffmann enthauptet.