Seit 100 Jahren gibt es die Arbeiterwohlfahrt in Deutschland. Der Ortsverband Herzogenaurach nahm das zum Anlass für eine Feierstunde.
Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) feierte am Samstag im Mehrgenerationenhaus ihre Gründung vor 100 Jahren und es konnten 17 langjährige Mitglieder geehrt werden. "Der Awo-Ortsverband ist ein wichtiger Bestandteil der Seniorenarbeit in unserer Stadt", erklärte die Vorsitzende Ursula Haslauer bei ihrer Begrüßung.
Bürgermeister German Hacker und der Kreisvorsitzende Christian Pech (beide SPD) zeigten in ihren Ansprachen die herausragende Bedeutung der Awo bei der Betreuung und Unterstützung Schwächerer auf. Dabei wies der Bürgermeister darauf hin, dass die Organisationen in der Stadt, die sich um die Schwächeren und diejenigen kümmern, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, eine hervorragende Arbeit leisten, und trotzdem sei noch viel verbesserungswürdig. Dafür müssen wir nicht nur heute einmal deutlich "Danke" sagen, so der Bürgermeister. "Denn die Awo ist eine unverzichtbare Säule und Stütze unserer Gesellschaft", erklärte der Bürgermeister.
Kreisvorsitzender Pech begab sich mit seiner Festansprache auf eine Zeitreise in die 100-jährige Geschichte der Arbeiterwohlfahrt, kurz Awo genannt. Sie wurde 1919 in Berlin gegründet, damals als Organisation innerhalb der SPD. Heute gehört sie zu den sechs deutschen Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und hat bundesweit über 200 000 hauptamtliche Mitarbeiter und rund 330 000 Mitglieder.
"Die Awo fragt nicht lange, sie handelt - als verlässlicher Partner in der Not in vielen Bereichen", fasste Christian Pech die professionelle Arbeit der Ortsvereine zusammen. Mit ihren Kitas, Anlaufstellen für Menschen in Not, vielen Beratungsstellen für Menschen in problematischen Lebenslagen und nicht zuletzt mit ihrem Engagement in der Flüchtlingshilfe sei die Awo zur Stelle, wenn sie gebraucht wird, erklärte der Kreisvorsitzende.
So sei die Entstehung und Entwicklung der Awo auch ein Spiegelbild der Entwicklung der Frauen innerhalb der Gesellschaft und ihrer Emanzipationsbewegung. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war geprägt von Hunger, Elend und politischen Unruhen. Marie Juchacz hob damals die Arbeiterwohlfahrt aus der Taufe, um den aus dem Krieg heimkehrenden Männern sowie den Müttern, Frauen und Kindern zu helfen.
Als erste weibliche Abgeordnete der SPD im Reichstag hatte sich Marie Juchacz damals für das Frauenwahlrecht starkgemacht - und nur wenig später die Awo als Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD gegründet. "Die SPD braucht auch heute wieder solche Frauen, mehr denn je", betonte der Kreisvorsitzende. Seit ihrer Gründung streite die Awo für eine umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern. Frauenpolitik bleibe dabei ein zentraler Bestandteil der Gleichstellungspolitik. Denn: "Nach wie vor sind Frauen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt - ein unhaltbarer Zustand", stellte Pech fest.
In einem Schnelldurchlauf der Parallelen von Awo und Frauenbewegung erinnerte er unter anderem an das Frauenwahlrecht ab 1919, an die fortschrittliche rechtliche Gleichstellung der Frauen in der DDR und an den Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen 218, der aus Awo-Sicht bis heute nicht gewonnen sei.