Der Steigerwald und die Gerichte

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Einspruch gegen die Aufhebung eines Schutzgebiets: Naturschützer demonstrierten in München vor dem Verwaltungsgerichtshof. Foto: p.
Einspruch gegen die Aufhebung eines Schutzgebiets: Naturschützer demonstrierten in München vor dem Verwaltungsgerichtshof.  Foto: p.

Im Streit um den 770 Hektar großen "Hohen Buchenen Wald" hat jetzt Justizia das Sagen. Nach einem ersten Erörterungstermin im Verwaltungsgerichtshof scheint noch alles offen. Doch die Hürden für die Naturschützer sind hoch.

Michael Wehner

Ebrach — Frankens Naturfreunder müssen weiter um die Zukunft des "Hohen Buchenen Wald" bei Ebrach bangen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bei einem nicht öffentlichen Erörterungstermin noch keine Entscheidung in der Grundsatzfrage gefällt, ob die Bäume in dem 770 Hektar großen Gebiet künftig vor der Säge verschont bleiben.
Eine Überraschung ist dies freilich nicht. Bei dem Treffen der widerstreitenden Parteien im Gerichtsgebäude an der Münchner Ludwigstraße ging es allein um die Frage der Zulässigkeit der Klage. Mit ihr wollen der Bund Naturschutz (BN) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) erreichen, dass die Staatsregierung die Aufhebung der umstrittenen Schutzgebietsverordnung wieder zurücknimmt.
Bekanntlich hatte der Landkreis Bamberg unter dem damaligen Landrat Günther Denzler (CSU) den geschützten Landschaftsbestandteil im Frühling 2014 auf dem Wege einer Verordnung ins Leben gerufen, um für den Steigerwald eine Bewerbung für den Titel Weltnaturerbe offen zu halten.
Daran entzündete sich allerdings schnell heftiger Streit. Während der Nationalparkverein jubelte, kam aus dem Verein "Unser Steigerwald", aber auch aus der Staatsregierung laute Kritik. Denzler wurde vorgeworfen, seine Kompetenzen überschritten und rechtswidrig gehandelt zu haben.
BN und LBV sehen dies freilich anders. Sie kritisieren die nachträgliche Zuständigkeitsverschiebung für die Ausweisung von Schutzgebieten vom Landkreis in die Bezirksregierung als "Willkürakt der Staatsregierung", um ein rechtlich einwandfreies, aber politisch ungeliebtes Naturschutzgebiet "zu kassieren", wie es hieß.
Auch das Hauptargument der Staatsregierung, das Schutzgebiet sei naturschutzfachlich nicht wertvoll und nicht richtig abgrenzbar, wollen die Naturschützer vor dem Verwaltungsgerichtshof entkräften.
Doch bevor es zu einem Schlagabtausch über einen Wald kommt, in dem mittlerweile fast alle Bäume satellitengenau kartiert sind, muss vor den Schranken des Gerichts festgestellt werden, ob die Antragsteller überhaupt klageberechtigt sind. So steht den Naturschutz-Organisationen nach bisherigem Verständnis ein Klagerecht zu, wenn etwa in einem FFH-Gebiet eine Straße gebaut wird, nicht aber, wenn ein Schutzgebiet aufgehoben wird.
Die Hürden sind hoch: Die den Freistaat vertretende Landesanwaltschaft vertritt den Standpunkt, dass das Bundesnaturschutzrecht eine solche Klagemöglichkeit nicht vorsieht. BN und LBV berufen sich dagegen auf europäisches Naturschutzrecht und die so genannte Aarhus-Konvention, die Einzelpersonen Klagerecht in Umweltangelegenheiten einräumt. Auch die Tatsache, dass den Schutzgütern im Hohen Buchenen Wald eine Entwertung droht, könnte eine Rolle spielen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun beide Seiten dazu aufgefordert, ihren Standpunkt genauer darzulegen. Sollte die Klage zulässig sein, könnte es Ende Juni zu einem Ortstermin unter dem grünen Dach der Ebracher Buchen kommen.


Landesanwaltschaft schweigt

BN-Vorsitzender Hubert Weiger betrachtet den Ausgang des Rechtsstreits nach wie vor als offen. Sollte es zu einer Auseinandersetzung in der Sache kommen, wäre dies für die Naturschützer Bayerns ein wichtiger Erfolg, der wegen der Einmaligkeit einer Schutzgebietsrücknahme auch deutschlandweite Bedeutung hätte. Die Landesanwaltschaft wollte sich nicht näher zu dem Verfahren äußern.
Schmettert der Verwaltungsgerichtshof die Klage ab, ist das Tauziehen um weniger als ein Tausendstel der Staatswaldfläche allerdings noch nicht ausgestanden. Nach dem Verwaltungsgerichtshof wird sich auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit der Frage befassen, ob die Rücknahme des Schutzgebiets im Steigerwald rechtens war oder ihrerseits aufgehoben werden muss. Der Nationalparkverein Nordsteigerwald wirft dem Freistaat eine Vielzahl von Rechtsverstößen vor, unter anderem die Missachtung der Gewaltenteilung.
Wie immer gehen beim Steigerwald die Meinungen auseinander: Während Naturschützer am Donnerstag in München für das Waldschutzgebiet demonstrierten, wirft der Verein "Unser Steigerwald" dem früheren Landrat Günther Denzler auch zwei Jahre nach der Ausweisung einen "beispiellosen Willkürakt" vor. Auch die Schutzwürdigkeit bestreitet Oskar Ebert von "Unser Steigerwald": "Deutschlandweit gibt es Tausende Hektar solcher Wälder. "