Der erste Ausflug

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Tauben sind Sportskameraden: Die eine Taube war schneller gewesen und wartet auf dem Dach des Heimatschlags auf einen anderen Flugkollegen.
Tauben sind Sportskameraden: Die eine Taube war schneller gewesen und wartet auf dem Dach des Heimatschlags auf einen anderen Flugkollegen.
Zur Belohnung dürfen Männchen und Weibchen einige Zeit gemeinsam verbringen. Fotos: Karl-Heinz Hofmann
Zur Belohnung dürfen Männchen und Weibchen einige Zeit gemeinsam verbringen.  Fotos: Karl-Heinz Hofmann
 
Georg Bayer zeigt das elektronische Konstatiergerät.
Georg Bayer zeigt das elektronische Konstatiergerät.
 

Die Brieftauben von Georg Bayer haben ihre erste große Reise hinter sich. 40 von ihnen machten sich in Belgien auf den Weg zurück nach Pressig. Zwar kehrten nur 38 zurück, für Bayer ist es dennoch ein Erfolg.

Karl-Heinz Hofmann Brieftaubenzüchter Georg Bayer ist gespannt auf die Rückkehr seiner 40 Brieftauben, die sich am Vormittag auf dem Heimflug befinden. Am Morgen wurden sie in Arlon (Belgien), nahe der Grenze zum Großherzogtum Luxemburg, aufgelassen und flogen die über 400 Kilometer lange Strecke, um am Mittag wieder im Heimatschlag in Pressig einzufliegen.

Im Mai hatte der Fränkische Tag von ihren ersten Trainingsflügen berichtet. Nun kam der große Tag des ersten weiten Flugs unter Wettbewerbsbedingungen. Während der Wartezeit auf die Heimkehrer informiert Bayer, wie diese auf ihre Weitflüge vorbereitet werden. In der Reisesaison bilden eine Diätmischung und drei verschiedene Witwermischungen die Hauptnahrung. Durch Zumischen von weiteren Komponenten werden diese ergänzt. Ein spezielles Taubenfutter für die optimale Versorgung in der Reisesaison.

Auf das Futter kommt es an

Nach den Preisflügen erhalten die Tauben zwei Tage lang eine Diätmischung. Nach schweren Flügen wird auf das Futter als zweite Mahlzeit ein Eiweißprodukt gegeben. Am zweiten Tag nach dem Flugeinsatz wird zusätzlich Oreganoöl über das Futter gegeben. Einige Tage vor dem nächsten Preisflug wird zusätzlich Jod und Eisenhaltige Kost zur Steigerung der Leistung und Ausdauer beigegegeben. Für längere Strecken werden Sonnenblumenkerne und anderes hochwertiges Saatgut in das Futter gemischt.

Der Vorsitzende des Brieftaubenzuchtvereins "Haßlachbote" erzählt auch vom unglaublichen Orientierungssinn der Brieftauben. Vor der Erfindung von Telegrafie und Telefonie waren sie die einzige Möglichkeit, Informationen schneller zu übermitteln als durch Boten. Eine vollständige Erklärung für das Heimorientierungsverhalten sei bis heute noch nicht gefunden. Gesichert scheint nach Bayer, dass "die Tauben nach dem Magnetfeld der Erde fliegen und nach dem Sonnenstand". Er selbst wisse auch nicht genau, wie das funktioniert, "aber es funktioniert und das ist ja auch ein faszinierendes Geheimnis meiner kleinen Täubchen", sagt er liebevoll.

Die Nervosität bei ihm wird größer, je mehr Zeit vergeht. Und dann geht es plötzlich Schlag auf Schlag. Die ersten Tauben kommen über den Rauhen Berg am Horizont eingeflogen und Bayer könnte Sprünge machen vor Freude. Im Nu kreisen sie auch schon über den Heimatschlag und Bayer setzt einige Lockrufe in den Himmel ab. Aber er weiß, sie kommen. Es ist ihre Eigenart, erst den Heimatschlag zu umkreisen und zu inspizieren, bevor sie sich am Dach erst einmal kurz absetzen. Es sieht aus, als wollten sie kurz den Blick ins Tettautal und nach Welitsch genießen, ehe sie sich dann völlig ruhig und entspannt in ihr Zuhause zurückziehen.

Es kehrt wieder etwas Ruhe ein. Der Taubenfreund aus Pressig erzählt, dass seine Tauben wie viele andere Tauben aus der Region und dem europäischen Ausland mit einem Spezialtransporter zum Auflassungsort gebracht wurden. Um circa acht Uhr habe er die Nachricht vom Auflass seiner Brieftauben erhalten. Jetzt geht er zur elektronischen Uhr, um die Flugzeiten abzulesen. Früher waren das manuelle Konstatieruhren, heute hält man mit einem elektronischen Konstatiersystem die Zeiten fest. Die Tauben bekommen vor jedem Flug einen Konstatierring an den Fuß, der die genaue Zeit durch Lichtschrankentechnik misst. Dieser enthält einen Chip, der mit einem speziellen Code beschrieben wird, so dass eine Manipulation der Flugergebnisse nicht möglich ist. Kehrt die Taube vom Flug in ihren Schlag zurück, wird sie über den Terminal an der Schlaganlage registriert und ihre Zeit sekundengenau in einem Konstatiergerät festgehalten. Die Werte werden dann in einem Rechenzentrum ausgewertet und übermittelt.

Die Ergebnisse sind endlich da

Heute warten während des Flugs viel mehr Gefahren als früher. Größte natürliche Feinde sind Greifvögel, erklärt Baye. Er muss sich noch über eine Stunde gedulden, bis er seinen Erfolg registrieren kann. 38 Tauben sind zurück - da könne man durchatmen, denn es hätten angesichts der Strapazen auch weniger sein können. Doch die Bedingungen waren sehr gut.

Und nun kommen die Meldungen. 2365 Tauben wurden gesetzt, 79 Züchter beteiligten sich am Wettbewerb. Die erste Taube traf um 12.06 Uhr ein. Es ist ein Blau Weibchen namens Susi, informiert der Pressiger. Die Tauben flogen im Schnitt mit 85 km/h. Nach so viel Ausdauersport erhalten die Tauben eine spezielle Diätmischung und als zweite Mahlzeit ein Eiweißprodukt. Als Belohnung dürfen Weibchen und Männchen einige Zeit zusammen zum Relaxen und Schmusen gemeinsam verbringen, sagt Bayer voller Erleichterung lächelnd, nach so einem glücklichen Tag für den Taubenzüchter und die Tauben.