Blindlings das Augenlicht zerstört

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Vor dieser Diskothek in der Nürnberger Straße in Erlangen kam es zu der folgenreichen Tat. Foto: Michael Busch
Vor dieser Diskothek in der Nürnberger Straße in Erlangen kam es zu der folgenreichen Tat.  Foto: Michael Busch

Zu viel Alkohol, der Drang nach Zigaretten und zur falschen Zeit am falschen Ort - keine guten Voraussetzungen für eine Auseinandersetzung, die mit einem Faustschlag endete. Und der Erkenntnis, dass manchmal das Glück Pause hat.

Michael Busch Morgens, 5 Uhr in Erlangen - Bergkirchweihzeiten. Die Stadt schlummert, die Stadtreinigung hat ihre Arbeit aufgenommen. Für die meisten Menschen startet ein neuer Tag, für zwei junge Männer in Erlangen endete allerdings ein langer Tag tragisch.

Vor der Erlanger Disco John Doe wollte ein 18-jähriger Heßdorfer sich noch eine letzte Zigarette schnorren, um dann mit seinen Freunden per Taxi den Heimweg anzutreten. Dabei traf er auf den späteren Angeklagten. Der hatte zuvor in der Disco kräftig gebechert ("Ich glaube, es waren so sechs Jägermeister.") und entspannte ebenfalls mit einer Kippe auf der Straße. Diese hatte er sich ebenfalls zuvor geschnorrt, war damit also nicht im Besitz eigener Zigaretten.

Rassistische Beleidigungen

Was dann genau passierte, ging in den Schilderungen der beiden Akteure nun vor dem Erlanger Amtsgericht und dem Jugendschöffengericht vor Richter Wolfgang Pelzl ein wenig auseinander, wenn auch der eigentliche Vorgang nicht infrage stand.

Ein "Verpiss dich" habe dem Heßdorfer angezeigt, dass er weder eine Zigarette noch entsprechende Aufmerksamkeit erhalte. Die zunächst noch harmlosen Folgen waren die gegenseitigen Beschimpfungen und Beleidigungen. Der asiatisch ausschauende Erlanger empfand allerdings die Ansagen "Schlitzauge" und "Du siehst ja eh` nur die Hälfte" als Angriffe unter die Gürtellinie.

Die Freunde beider Parteien schafften es nicht, die beiden Kontrahenten so weit auseinander zu bringen, dass der Streit beendet werden konnte. "Der Kerl konnte einfach seine Klappe nicht halten", gab später einer der Freunde des Heßdorfers über seinen Kumpel zu Protokoll. Es kam in der Folge zu einer Handlung, die der Angeklagte in seinem vollumfänglichen Geständnis später mit den Worten erklärt: "Ich wollte, dass endlich Ruhe ist!" Eine gezielte Linke donnerte in das Gesicht des Gegenübers. So fest, dass dessen Brille zerbrach, so fest, dass das Jochbein brach, so fest, dass die Hornhaut verletzt wurde, so fest, dass Folgen eintraten, die der Schläger nicht annähernd erahnt hatte.

Richter Pelzl brachte es nach dem Verlesen der ärztlichen Atteste und dann später bei der Urteilsbegründung auf den Punkt: "Da ist das passiert, wovor wir immer offensichtlich vergeblich warnen." So oft beende man ähnliche Gerichtsverfahren mit dem Hinweis an die Angeklagten, dass "Sie massiv Glück gehabt hätten". Diese bekommen von den Gefahren erzählt, die diese Art von Schlag mit sich bringen können. Meistens hatten die Opfer Glück, dass es bei Schlägen oder Tritten bei Prellungen bleibt. "Die Folgen sind so dramatisch, wie es das Gericht selber auch nur sehr selten so gesehen hat." Es sind die schlimmsten Folgen eingetreten, die solch ein Schlag verursachen kann, mit massiven Folgen für eine nicht absehbare Zeit.

Das Gericht war sich mit den vertretenen Anwälten einig, dass der Angeklagte kein typischer Schläger sei. Staatsanwaltschaft, Nebenklägeranwalt und der Rechtsanwalt des Angeklagten waren sich ebenfalls einig, dass beide Männer ihren Teil daran tragen, dass die Situation eskalierte. Pelzl resümierte gegenüber dem Angeklagten: "Sie haben diese Folgen nicht gewollt, davon sind wir auch überzeugt." Nichtsdestotrotz sei es aber eben zu dieser schwerwiegenden Körperverletzung gekommen, die so nachhaltige Folgen habe. "Das ist zu bestrafen als gefährliche Körperverletzung", hatte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gefordert.

Zwei Jahre forderte sie, die aber unter Berücksichtigung des Geständnisses, der Vorgänge vor Ort und der Entschuldigung gegenüber dem Opfer zur Bewährung ausgesetzt werden könnten.

Das Jugendschöffengericht sah das weitgehend ebenso und setzte 18 Monate als Haft an, die zur Bewährung auszusetzen seien. Pelzl betonte, dass die Arbeitsstunden, die Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer, aber auch die noch zivilrechtlichen Folgen, wie die Übernahme der Krankenkosten sowie der Entschädigungen, entsprechenden Eindruck auf den Verursacher hinterlassen werden. "Sie werden diesen Vorfall nicht so schnell vergessen", mahnte er.