Hilfsmaßnahme Die Ärzte Dr. Matthias Biedermann und Dr. Benoit Reuter von der Juraklinik Scheßlitz operieren den jungen Patienten aus Angola unentgeltlich. Damit unterstützen sie das Friedensdorf International.
Ob Adelino so ein rechter Lausbub ist? Wenn der Elfjährige aus dem südwestafrikanischen Land Angola am Atlantischen Ozean verschmitzt lächelt und seine tiefdunklen Augen aufblitzen, könnte diese Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden. „Mir geht es gut, ich fühle mich gut“, sagt er mit kräftiger Stimme in Deutsch .
Doch hier in der Juraklinik Scheßlitz zügelt der Junge sein Temperament, was nicht verwunderlich ist: Drei Mal musste er zwischen Ende Mai und Anfang August operiert werden. In einigen Tagen kann Adelino das Krankenhaus verlassen und wird so bald wie möglich in seine afrikanische Heimat zurückkehren. Stabilisiert, geheilt, gerüstet für eine Zukunft, was immer diese ihm auch bringen mag.
Alle haben Adelino ins Herz geschlossen
Diese Perspektiven verdankt er den beiden Ärzten Dr. Matthias Biedermann und Dr. Benoit Reuter, die ihn unentgeltlich medizinisch versorgen. Und den Krankenschwestern und -pflegern, die den aufgeweckten Patienten ins Herz geschlossen haben. Damit unterstützen sie die Hilfsorganisation Friedensdorf International mit Sitz in Oberhausen, die seit 1967 verletzten und kranken Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten eine kurzfristige medizinische Behandlung in Deutschland ermöglicht. Und zwar dank eines inzwischen tragfähig aufgebauten Netzwerkes aus Ärzten und Krankenhäusern, die auf eine Bezahlung ihrer Leistungen verzichten. „Uns kostet so ein Patient Zeit und etwas Essen“, wiegelt Dr. med. Biedermann ab. Seitdem er Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie in der Juraklinik ist, hat er bereits acht Kindern aus dem Friedensdorf International neue Lebensqualität wiedergegeben. „Ich operiere sie in meiner Freizeit oder an Samstagen und Sonntagen“, erzählt der Arzt. Er legt freundschaftlich den Arm um Adelinos Schultern und drückt ihn kurz an sich. Ein berührender Moment der zeigt, dass Nächstenliebe, dass rein humanitäre Gründe Motivation genug sind zu helfen.
Mit offenen, eiternden Wunden war Adelino nach Scheßlitz gekommen. Bereits seit vier Jahren litt der Junge an einer chronischen Osteomyelitis (Knochenentzündung) am linken Oberschenkel – trotz einer Voroperation in Angola. Die umfassende Untersuchung in der Juraklinik zeigte: Ursache der Entzündung war eine Infektion mit MRSA-Bakterien (Methicillin resistenter Staphylococcus aureus, bekannt als Krankenhauskeim ).
Medizinisches Vorgehen
In den ersten Operationen entfernten Dr. Biedermann und sein Team das befallene Gewebe und die Fisteln, zusätzlich wurde vorübergehend ein externer Fixateur angebracht. Die dritte OP durch Oberarzt Dr. Benoit Reuter war nötig, um die Oberschenkelknochen mit Schrauben und Platten zu stabilisieren, die „drinbleiben können, weil sie die Wachstumsfugen nicht stören“, erklärt er.
Die Wochen zwischen den Operationen verbrachte Adelino mit 180 gleichaltrigen Kameraden aus Angola und Afghanistan im Oberhausener Friedensdorf. Dort sorgen Sozialarbeiter, eine Ärztin und pensionierte Lehrerinnen für die Bewohner.
Dirk Bohlen, Sprecher dieses gemeinnützigen Hilfswerks, stellt klar, dass die unbegleiteten Kinder bis 14 Jahren nach abgeschlossener medizinischer Behandlung in Deutschland wieder mit Charterflügen ab Düsseldorf in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.