Es braucht nur sieben Worte, um den Sicherheitskräften für einen kurzen Moment die Farbe aus dem Gesicht zu vertreiben. "Ich geh' mal kurz zu den Leuten", t...
Es braucht nur sieben Worte, um den Sicherheitskräften für einen kurzen Moment die Farbe aus dem Gesicht zu vertreiben. "Ich geh' mal kurz zu den Leuten", teilte der Bundespräsident den durchtrainierten Herren in den schwarzen Anzügen kurzerhand mit - und machte sich auf den Weg zu den neugierigen Neufangern, die artig hinter der Absperrungwarteten. Ein Albtraum für jeden Bodyguard.
Über 100 Zuschauer zog es auf das Gelände der Firma Kotschenreuther. Joachim Gauck wollte sich dort erkundigen, wie es einem Unternehmen - das sich auf den Umbau von Traktoren spezialisiert hat - gelingt, sich im ländlichen Raum anzusiedeln, aber dennoch keine Sorgen haben zu müssen, genügend Arbeitskräfte und Auszubildende zu finden. Ganz so leicht sei das allerdings nicht, erläuterte Geschäftsführer Eugen Kotschenreuther dem deutschen Staatsoberhaupt.
Da jedes Bundesland sein eigenes Ausbildungssystem habe, führe dies zu unnötigen Problemen. "Unsere Auszubildenden müssen zum Beispiel die weite Strecke zur Berufsschule nach Bamberg auf sich nehmen, obwohl die in Sonneberg viel schneller zu erreichen wäre", bemängelte Kotschenreuther.
Doch das durften die jüngsten Mitarbeiter dem Gast auch noch einmal selbst mitteilen. "So, meine Herren. Jetzt komme ich zu ihnen", sagte Gauck und wandte sich zwei an einem Stehtisch wartenden Auszubildenden zu. Den Kopf auf seine Hand gestützt, lauschte er gespannt, warum sich diese für ihren Beruf entschieden haben.
"Gauck hat bewusst nach einem Kontrast zu den Metropolregionen gesucht, die er bereits besucht hat", erklärte Bernd Graf, Pressesprecher des Landratsamts, als der Bundespräsident in seiner schwarzen Dienstlimousine den Hof schon wieder verlassen hatte.
Kotschenreuther hofft, dass der Besuch nicht ohne Folgen bleiben wird.
"Mir ist klar, dass sich jetzt nichts von heute auf morgen ändert, aber er hat sicherlich fünf, sechs Punkte aus der Region mitgenommen, die er ansprechen wird", vermutet er und zeigte sich von Gauck beeindruckt: "Er hat sich viel Zeit genommen und jeden Mitarbeiter persönlich begrüßt."
Dass Gauck aus dem Protokoll offenbar gerne einmal ausbricht, demonstriert er zum Abschluss. Das obligatorische Gruppenbild war bereits geschossen, als Kotschenreuthers jüngster Sohn Tim (9) dem Bundespräsidenten zum Abschied ein selbst gemaltes Bild samt Widmung überreichte. "Das ist aber schön", freute sich dieser und beorderte die Anwesenden zurück in die Ausgangspostition. "Das Foto machen wir jetzt mit dem Bild nochmal."