Verborgene Orte (9) Im Kronacher Stadtarchiv finden sich viele Schätze aus der Stadtgeschichte. Urkunden, alte Zeitungen und historische Unterlagen locken Heimatkundler ebenso an wie Familienforscher und Schüler.
von unserem Redaktionsmitglied
Marco Meissner
Kronach — Tritt der Besucher durch die Doppeltür und erreicht den Eingangsbereich des Rathauses, sieht er Büros, zwischen denen Menschen hin- und herlaufen. Er bemerkt belebte Treppen, die nach oben zu den weiteren Amtsstuben führen. Meist unbeachtet bleibt die Treppe zur Linken, die in die Kellerräume führt. Dabei sind dort viele kleine Schätze verborgen. Zwei Stockwerke unter dem Eingang befindet sich nämlich das Kronacher Stadtarchiv.
Obwohl sich der "normale" Rathausbesucher selten in diesen Bereich verirrt, kann sich Wissenschaftlerin Anja Weigelt, die das Archiv der Stadt betreut, nicht über mangelnden Betrieb beschweren. "Heimat- und Familienforscher schauen immer wieder vorbei", erzählt sie. Auch freut sie sich, dass immer mehr Schüler für ihre Recherchen auf die Unterlagen des Archivs zurückgreifen.
Die jungen Leute würden so an die Geschichte herangeführt. "Und sie sind auch mit Eifer dabei. Ich habe jedenfalls noch keinen erlebt, der sich gelangweilt hat."
Angebot bereitet Probleme
Wenn es um Kopien historischer Zeitungen als Geburtstagsgeschenke geht, klopfen auch weniger Geschichtsinteressierte an die Tür. Doch dieses Angebot - "es wird sehr gut angenommen" - wird die Stadt wohl einschränken müssen. Das Aufklappen, das Flachdrücken und das grelle Licht beim Kopieren sind Gift für die Bindung und das Papier. "Man muss immer im Auge behalten, in welchem Zustand die Zeitungen sind" - wie bei allen Dokumenten, die im Archiv eingelagert sind. Schließlich sind es unwiederbringliche Unterlagen.
"Die älteste Zeitung, die wir hier haben, ist aus dem Jahr 1852", erklärt Weigelt.
"Unser Bestand ist nicht lückenlos, aber sehr gut." Und gesammelt werden die Zeitungen weiterhin.
Bei den Tageszeitungen hört die Sammlung jedoch längst nicht auf. Fotos, Filme, Vereinsunterlagen, Nachlässe von Privatpersonen, diverses Bildmaterial, Prospekte und Flyer über die Kreisstadt, ihr Umfeld und ihre geschichtlichen Verbindungen auch über den Landkreis hinaus werden archiviert. Die "ausrangierten" Unterlagen der Verwaltung landen ebenfalls irgendwann in den Kellerräumen. "Es ist alles da, was das städtische Leben widerspiegelt", unterstreicht Weigelt.
Ein wichtiger Teil des Stadtarchivs ist die Archivbibliothek mit ihren etwa 6000 Büchern. "Darunter gibt es richtige Bücherschätze, zum Beispiel die ,Bambergische Peinliche Halsgerichtsordnung‘ aus dem Jahr 1580 - ein Gesetzbuch -, zugleich das älteste Buch des Bib lio theksbestandes.
Oder auch die ,Neu-errichtete hochfürstliche Bambergische Ordnung, nach welcher sich die Physici ordinarii, Medici Practici, Apothecker, Barbierer, Bader und Hebammen zu richten‘ von 1723."
Seit 1889 wird gesammelt
Dass Kronach überhaupt ein so umfassendes Stadtarchiv besitzt, verdankt es einem Geistlichen. "Wie so oft, war es ein Pfarrer, der sich gekümmert hat - Karl Traut." 1889 habe er auf der Festung die Arbeit am Archiv aufgenommen. Seit 1976 sind die Dokumente im Rathaus eingelagert. "Die Unterbringung in den Räumen der Festung war nicht optimal. Es war zu feucht, und das Archivgut war nicht vor Tageslicht geschützt, was unweigerlich zu Schäden geführt hat", erklärt Weigelt diesen Wechsel. Die Voraussetzungen für eine trockene sowie lichtgeschützte Unterbringung seien in den jetzigen Archivräumen erfüllt. Inzwischen gerät die Sammlung im Rathaus jedoch an ihre räumlichen Grenzen. "Der Platz ist das große Problem, für das wir noch eine Lösung suchen." Bis auf Weiteres sind geschichtlich Interessierte im Keller des Rathauses jedoch an der richtigen Adresse.