Angeklagter will weg von der Droge

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Um Drogengeschäfte ging es in einem Prozess vor dem Amtsgericht Haßfurt. Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich skizzierte, wie der heute 21-jährige Angeklagte...

Um Drogengeschäfte ging es in einem Prozess vor dem Amtsgericht Haßfurt. Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich skizzierte, wie der heute 21-jährige Angeklagte aufgewachsen ist. Schon als Kind attestierten die Ärzte bei ihm die Hyperaktivitätsstörung ADHS, kurz darauf litt er unter einer Krebserkrankung. Stets gab es massive finanzielle Probleme und die Eltern mussten in Privatinsolvenz gehen. Schließlich starb bereits 2011 sein Vater und vier Jahre später auch die Mutter.


Zehn Monate auf Bewährung

Diese "extrem belastende familiäre Situation" ist für den Pädagogen ausschlaggebend dafür, dass der Jugendliche auf die schiefe Bahn geriet und mit 17 Jahren zum ersten Mal mit dem Jugendgericht zu tun hatte. Nun stand der 21-Jährige erneut vor dem Kadi - wegen verbotenen Handels mit Betäubungsmitteln. Das Urteil des Jugend-Schöffengerichts lautete: zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, verbunden mit einem Drogenkonsumverbot, das der Mann mit regelmäßigen Drogenscreenings nachweisen muss.
Konkret ging es laut der von Staatsanwalt Stephan Jäger vorgetragenen Anklageschrift um einen Drogenhandel mit einem gleichaltrigen Mann, gegen den ebenfalls ein Verfahren läuft. Aufgrund dieser Situation hätte dieser als Zeuge aufgefahrene Ex-Kumpel das Recht gehabt, die Aussage zu verweigern. Obwohl ihn Jugendrichter Martin Kober auf diese Möglichkeit ausdrücklich hinwies, stand der ehemalige Drogenfreund bereitwillig Rede und Antwort.
Als Hintergrund dieser Auskunftsfreudigkeit darf man zum einen annehmen, dass sich der Zeuge davon im Rahmen der gesetzlich festgelegten Kronzeugenregelung einen Vorteil - einen sogenannten "Strafrabatt" - im Hinblick auf seinen eigenen Prozess erhofft. Zum anderen hat er mit dem nun angeklagten 21-Jährigen noch ein Hühnchen zu rupfen, wurde er von diesem bei einem der drei angeklagten Drogengeschäfte im Januar 2016 doch gehörig übers Ohr gehauen, wie zu erfahren war.
Wie in der Szene üblich, entwickelte sich nach einigen kleineren Testkäufen zwischen dem Angeklagten als Dealer und dem Zeugen als Kunden ein gewisses Vertrauensverhältnis. Schließlich bestellte der Kunde für 1600 Euro Marihuana. Wie viel Stoff er dafür zu kriegen hatte, wurde nicht explizit vereinbart. Laut seiner Überschlagsrechnung hätte er dafür bei einem angenommenen Grammpreis von sieben Euro etwa 250 Gramm erhalten müssen. Bei der Übergabe des Stoffes gab es die Knete bar auf die Kralle. Da der Handel in stockdunkler Nacht ablief, bemerkte der Käufer nicht gleich, dass sein "Freund" ihn gehörig "gelinkt" hatte, denn: Statt des halben Pfundes befanden sich in der Tüte nur etwa 75 Gramm.
Das Motiv für diese Gaunerei beim Drogenhandel, so der Beschuldigte, sei nicht Raffgier gewesen. Vielmehr habe er aus der ganzen Drogenszene aussteigen wollen - und mit solchen Aktionen wollte er sich seinen Ruf als Drogendealer ruinieren. Damit man ihm das glaubt, erklärte der Angeklagte sich ohne Zögern bereit, seine zukünftige Drogenfreiheit mit regelmäßigen medizinischen Screenings überprüfen zu lassen.
Das rechtskräftige Urteil enthält als weitere Bewährungsauflage die Verpflichtung, zwei Jahre lang mit einem Bewährungshelfer zusammenzuarbeiten.