Zur Corona-Krise in Verbindung mit dem umstrittenen Hallenbau bei Grundfeld ging uns folgende Lesermeinung zu: Zu sehr haben wir uns daran gewöhnt, dass Lastwagen die Waren in die Märkte bringen und n...
Zur Corona-Krise in Verbindung mit dem umstrittenen Hallenbau bei Grundfeld ging uns folgende Lesermeinung zu: Zu sehr haben wir uns daran gewöhnt, dass Lastwagen die Waren in die Märkte bringen und nicht mehr gesehen, dass Bauern die Lebensmittel vorher anbauen müssen. Was bislang in einer globalisierten Anbau- und Lieferkette vor allem als logistische Herausforderung eines funktionierenden Marktes als selbstverständlich angenommen wurde, gerät in Zeiten einer weltweiten Krise komplett aus dem Gleichgewicht. Nichts mehr da, worauf man sich verlassen kann, außer täglich neue Einschränkungen. Es macht sich nun doch etwas Angst, Sorge und teils sogar Panik breit. Geht es doch nicht mehr nur darum, wie weit wir uns in unserem Freizeitverhalten anpassen müssen, sondern auch um die Fragen "Geht's jetzt ans Eingemachte?", "Sind wir noch sicher versorgt?". Diese Fragen sind wörtlich zu verstehen, denn die Vorräte sind jetzt wichtiger denn je und alle machen sich auf den Weg, ein Mindestmaß an Sicherheit in der Lebensmittellagerung sicherzustellen.
Dabei vergessen wir, dass wir in der Vergangenheit aus einem Selbstverständnis eines funktionierenden Staates und Markts oftmals selbst Entscheidungen leichtsinnig zu Lasten von Vorsorgestrategien getroffen haben. Nehmen wir den Bürgerentscheid zum Hallenbau in Grundfeld: Auf gut fünf Hektar wertvollem Ackerboden, welcher für Logistikflächen nichtlandwirtschaftlicher Produkte versiegelt und damit der landwirtschaftlichen Produktionskette entnommen werden soll, kann man mit mindestens 200 Tonnen Kartoffeln oder 50 Tonnen Weizen jährlich in der Region die Versorgung sicherer machen. Sollten bis zum Sommer keine Warenströme mehr ankommen, wäre es ratsam, jetzt zu säen und anzubauen, was nur irgendwie geht, damit wir uns regional selbst versorgen können. Stattdessen wird demnächst im Bad Staffelsteiner Stadtrat der sinnvolle Grundsatz "Flächenrecycling geht vor Baugebietsneuausweisung" mit wirtschaftlichen Argumenten Einzelner vermutlich endgültig beerdigt. Das ist in Krisenzeiten mehr denn je eine schlechte Zukunftsentscheidung, denn Amazon liefert keine Kartoffeln, schon gar nicht welche, die erst gar nicht angebaut werden können. Der Stadtrat muss unter dem Licht der Krise aber keineswegs alles durchwinken, was er und der Bürgerentscheid in der Vergangenheit für richtig hielten. Er kann sich in seiner nächsten Sitzung auch für eine "Zukunft mit Weitblick" im wahrsten Sinne des Wortes entscheiden.
Uwe Bäuerlein
Bad Staffelstein