Als Herzogenaurach französisch war

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Der Türmersturm - hier mit den Flaggen der Länder, in denen Herzogenaurach Partnerstädte hat - hat auch schon die Zeit der französischen Verwaltung zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebt. Foto: Welker (Archiv)
Der Türmersturm - hier mit den Flaggen der Länder, in denen Herzogenaurach Partnerstädte hat - hat auch schon die Zeit der französischen Verwaltung zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebt. Foto: Welker (Archiv)

Vor 210 Jahren gelangte das Aurachstädtchen in den Besitz des napoleonischen Kaiserreichs. Diese Zeit währte allerdings nur knapp drei Jahre, danach fiel die gesamte Region dem Königreich Bayern zu.

Im Jahr 1988 wurde die Städtepartnerschaft von Sainte-Luce-sur-Loire mit Herzogenaurach offiziell besiegelt. Begonnen hatte diese mit einem Schüleraustausch zwischen dem Collège la Reinetière und dem Gymnasium Herzogenaurach bereits im Jahr 1983.
Die Verbindungen von Herzogenaurach mit Frankreich sind jedoch schon älter. Im Laufe der Umbrüche im Gefolge der französischen Revolution wechselte Herzogenaurach mehrmals den Besitzer und gelangte am 7. Juli 1807 mit dem Fürstentum Bayreuth zum französischen Kaiserreich unter Napoleon. Bis zum Jahr 1810 waren die Herzogenauracher dadurch französische Staatsbürger.
Bereits am 4. Oktober 1800 hatten sich französische Demarkationstruppen in Herzogenaurach einquartiert, wo sie bis zum 4. April 1801 blieben. Die ungebetenen Gäste verursachten der Stadtgemeinde Kosten in Höhe von 52 542 Gulden und 7 5/8 Kreuzer. Der damalige Pfarrer Georg Joseph Schleicher beschrieb die Bedrängnisse für die Bürger sehr eindringlich.


Kartenstücke auf der Goldwaage

Am 9. Dezember 1802 wurde Herzogenaurach durch Baierische Truppen unter Hauptmann Graf von Etzdorf besetzt. Amtmann war damals Joseph Theodor Roppelt. Bei Bayern verblieb Herzogenaurach aber nicht lange. Den Übergang Herzogenaurachs von Bayern an Preußen nahm Karl Heinrich Lang vor. Dieser nahm die Ämter Herzogenaurach und Büchenbach in " ... dem Straßendistrikt bei Baireuth ... " für Preußen in Besitz und trat im Gegenzug dazu das Amt Osternohe an Bayern ab.
Bei den Vorbereitungen zu diesem Gebietstausch zwischen Bayern und Preußen soll es nach Lang zu dem oft berichteten Abwägen von Kartenstücken auf der Goldwaage gekommen sein, um zu einem schnellen und doch einigermaßen befriedigenden Ergebnis zu kommen. Am 9. Februar 1804 wurde der königlich preußische Adler in Herzogenaurach angeschlagen und das Amtsstädtchen durch preußische Truppen besetzt.
Der unglücklich verlaufene Krieg Preußens gegen Frankreich im Jahr 1806 brachte schon im Oktober die Besetzung der fränkischen, nunmehr preußischen Fürstentümer Ansbach und Bayreuth durch Frankreich. Ein General übernahm als Militärgouverneur die Verwaltung. Am 14. November wurde Mr. l'Auditeuer en conseil d'Etat Baron Camille de Tournon als Gouverneur der "Provinze de Bayreuth" eingesetzt. Am 27. November 1806 wurde die Huldigung der neuen Untertanen an Napoleon erzwungen. Der Tilsiter Friede vom 7./9. Juli 1807 brachte die staatsrechtliche Abtretung der fränkischen Fürstentümer an Frankreich.
Während Napoleon das Fürstentum Ansbach dem neu geschaffenen Königreich Bayern zuwies, verblieb Bayreuth und damit auch Herzogenaurach unter französischer Verwaltung, um es als Vorposten gegen das habsburgische Österreich und das hohenzollersche Preußen zugleich in der Hand zu haben.
Tournon war ein umtriebiger Verwaltungsbeamter, er lieferte eine Beschreibung der Provinz. Diese trug den Titel: "Statistique de la Province de Bayreuth". Nach seiner Statistik hatte der Amtsbezirk Herzogenaurach 6195 Einwohner auf zwei Quadratmeilen. Die ausgezeichnete preußische Behördenorganisation behielt er unverändert bei, in der Rechtspflege brachte die Einführung des Code Napoleon die neuzeitliche Auffassung. Vor allem aber ging Tournon an eine energische Reform der nach seinen Worten "noch mittelalterlichen Zustände": Dazu zählte die Abstellung des Kirchweihschutzes 1806, das Verbot von Wallfahrten 1807, die Aufhebung des Zunftzwanges und der Gewerbebeschränkung 1808.


Die Aufklärung nachgeholt

Am 12. Dezember 1808 hob ein kaiserliches Dekret aus dem Feldlager von Madrid Leibeigenschaft und Bodenhörigkeit (Mortuarium, Fronden und persönliche Leistungen) auf. Am 28. Februar 1809 wurde von Tournon der Judenleibzoll als "Rest von Barbarei" abgeschafft. Die französische Besetzung hat besonders in den ehemaligen Reichslanden mit der Aufhebung der völlig altertümlichen Zustände in vielem nicht nur die Aufklärung nachgeholt, sondern den modernen Auffassungen Bahn gebrochen, die richtungweisend für das neue Jahrhundert wurden.
Die französische Zeit Herzogenaurachs war allerdings nur kurz. Im Pariser Vertrag vom 28. Februar 1810 gab Napoleon die Provinz Bayreuth nach dem Status quo vom 1. April mit Wirkung vom 7. April an das Königreich Bayern. Am 15. Mai 1811 war die Übergabe der Provinz abgeschlossen.