Einigen Anwohnern ist die Flaniermeile Fürths, die Gustavstraße, mit den Straßencafés ein Dorn im Auge, weil sie nachts nicht schlafen können. Weil ein Bürger geklagt hatte, soll beim Grafflmarkt nun schon um 22 Uhr Zapfenstreich sein. Die Stadt geht nun gegen das Urteil vor.
Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) spricht von einem "Vernichtungsfeldzug" gegen das Flair .
Fünf vor zwölf in der Gustavstraße: "Wir wollen das Thema nicht dramatisieren, es ist dramatisch genug", sagt Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) zur Begrüßung. Dann schlägt die Michaeliskirche zwölf Uhr und die kurzfristig einberufene Pressekonferenz auf der Flaniermeile im "Herzen der Stadt" kann beginnen.
Seit Jahren ist die Gustavstraße ein Streitthema in der Stadt.
Einige Anwohner beklagen sich ständig darüber, dass man in dem romantischen Straßenzug immer seltener ein Auge in der Nacht zu tun könne. Mittlerweile streitet man am liebsten vor Gericht.
Beim Verwaltungsgericht Ansbach ist die Gustavstraße der Dauerbrenner.
Nur droht in Fürth neues Ungemach.
"Ein ehemaliger Anwohner führt einen Vernichtungsfeldzug gegen das Flair in der Gustavstraße", sagt Jung mit ernster Miene. Derweil geht es in den zahlreichen Straßencafés an diesem Nachmittag gemütlich zu. Nur die Müllabfuhr stört die Ruhe. "Ich verstehe überhaupt kein Wort", sagt der Oberbürgermeister.
Grafflmarkt ist in Gefahr
Verstehen kann Thomas Jung auch nicht die Entscheidungen der Ansbacher Verwaltungsrichter. Die haben den Klagen der Anwohner immer wieder Recht gegeben. Aktuell sei der "Grafflmarkt" in Gefahr, sagt Jung. Die Stadt wollte den Wirten bei dem beliebten Flohmarkt am nächsten Wochenende erlauben, den Gästen länger als üblich Getränke im Freien zu servieren. Bis 0.30 Uhr sollte der Außenausschank am Freitagabend erlaubt sein.
Um ein Uhr hätten die Gäste von der Straße spätestens verschwunden sein sollen. Daraus wird wohl nichts. Denn ein "früherer Anwohner", wie Jung mit unverhohlenem Sarkasmus sagt, habe dagegen einen Eilantrag erfolgreich bei Gericht durchgesetzt.
Am Freitag entscheidet das Bayerische Verwaltungsgericht
Die Ansbacher Richter haben entschieden, dass die Außenflächen der Kneipen und Gaststätten um 22 Uhr schließen müssen und verwiesen darauf, dass die Stadt die Lärmschutzvorschriften missachtet hat.
Jung will diesen Entschluss nicht kommentieren. "Falsch" findet er ihn trotzdem. Die Stadt hat den Fall deshalb vor das Bayerische Verwaltungsgericht gebracht. Bis Freitag müssen die Richter in München nun entscheiden, ob sie das Urteil aus Ansbach kassieren oder bestätigen.
Kein Flohmarkt ohne Feier
Feiern und Flohmarkt gehört für die Fürther zusammen, sagt Jung und verweist auf die lange Tradition des Trödelmarktes, der zweimal im Jahr auf der "Fürther Prachtmeile" stattfindet. "Der Grafflmarkt findet heuer zum 75. Mal statt", sagt Jung und erklärt, dass man in Fürth nicht nur auf den Flohmarkt geht, um Kunst und Krempel zu kaufen. Der Markt sei eben auch ein Fest, bei dem man am Abend "gemütlich und ohne Randale" unter freiem Himmel zusammenzusitzen wolle. "Dass das auf Wunsch eines Menschen, der gar nicht mehr in Fürth wohnt, zerstört werden soll, das verbittert auch ein Stück weit", sagt der Oberbürgermeister und kritisiert die seiner Meinung nach veraltete Gesetzeslage, die nicht mehr dem Freizeitverhalten der Menschen entspreche.
Fürth will kein Kuhdorf werden
Die Lärmvorschriften aus dem Jahr 1968 seien aus einer Zeit, als die Läden bereits um 18 Uhr schließen und die meisten Menschen um fünf Uhr zur Arbeit mussten. Jung will nicht, dass seine Stadt mit seiner malerischen Ausgehmeile wie ein Kuhdorf behandelt wird. Falls das Bayerische Verwaltungsgericht die Entscheidung aus Ansbach nicht aufhebe, drohe das große Schweigen im Zentrum der Altstadt nach 22 Uhr, fürchtet Jung. Der Konflikt zwischen Stadt und Wirten auf der einen, klagenden Anwohnern auf der anderen Seite, stellt das Zusammenleben in der Stadt auf die Probe.
Eine Ladenbesitzerin in der Gustavstraße kritisiert, dass die Stadt so eindeutig auf die Seite der nächtlichen Flaneure schlage.
Der Streit sei eskaliert, als auch die Fussball-Fans der Spielvereinigung Greuther Fürth die
Gustavstraße für sich entdeckt hätten. Indes dürfte die Causa Gustavstraße bald auch die Politik beschäftigen. Oberbürgermeister Jung hofft auf Rückendeckung aus dem Landtag.
Der Präsident des Städtetages und Oberbürgermeister aus dem benachbarten Nürnberg, Ulrich Maly (SPD), habe bereits seine Unterstützung zugesagt. Weil die politischen Mühlen langsam mahlen, schauen sie in Fürth jetzt aber gespannt nach München. Die meisten Fürther hoffen wohl auf ein positives Urteil. Sonst muss der Flohmarkt auf der Flaniermeile ohne abendliches Flair auskommen. Für viele wäre das eine Katastrophe. "Es wäre schade, wenn unsere Gustavstraße auch noch kaputt gemacht wird", sagt eine Frau. Schließlich sei in Fürth meistens anderswo sowieso nichts los.