Nach GEMA-Schock - wird es nun still auf Frankens Weihnachtsmärkten?

4 Min
Nürnberger Christkindlesmarkt und die GEMA
Auch der berühmte Christkindlesmarkt in Nürnberg ist mit höheren Forderungen der GEMA konfrontiert. So will die Stadt damit umgehen.
Nürnberger Christkindlesmarkt und die GEMA
Daniel Karmann (dpa)

Schon in wenigen Tagen ist es wieder so weit: die ersten Weihnachtsmärkte öffnen ihre Pforten. Doch der Adventszauber steht heuer unter sehr kostspieligen Vorzeichen. Denn einige Veranstalter sahen sich in den vergangenen Monaten mit hohen Rechnungen der GEMA konfrontiert.

Im August flatterte ein sehr unangenehmer Brief ins Bayreuther Rathaus. Absender war die GEMA und im Umschlag befand sich eine Rechnung - 40.000 Euro Gebühren sollte die Stadt für die Musik auf dem Christkindlesmarkt 2022 entrichten. Und damit war Bayreuth nicht allein. Viele weitere Städte in Franken sollen deutlich mehr für "Last Christmas" oder "Driving Home for Christmas" als im vergangenen Jahr zahlen.

"Wie ich die GEMA-Rechnung gesehen habe, ist mir die Luft weggeblieben", sagte damals Stadtrat und Rechtsreferent Ulrich Pfeifer. Der Bayreuther Pressesprecher Joachim Oppold rechnete vor: Es handelt sich gegenüber 2019 um eine Preissteigerung von satten 8000 Prozent. Damals - beim letzten regulären Weihnachtsmarkt vor Corona - hatte man noch 493 Euro für die musikalische Untermalung bezahlt.

Horrende Kosten für Musik auf fränkischen Weihnachtsmärkten - so rechtfertigt sich die GEMA

Neben Bayreuth sind auch viele andere Weihnachtsmärkte von höheren Kosten für GEMA-lizenzierte Musik betroffen. So stiegen die Kosten in der kleinen Gemeinde Adelsdorf im Kreis Erlangen Höchstadt von 98 Euro auf 1232 Euro - das ist zwölfmal mehr als 2021. Um nur einige Beispiele zu nennen: In Würzburg könnten sich die Kosten laut Aussage der Stadt mehr als vervierfachen - und auch für den Christkindlesmarkt in Nürnberg, den Historischen Weihnachtsmarkt in Erlangen und weitere fordert die GEMA den Angaben der Veranstalter zufolge mehr Geld für Weihnachtslieder

In den vergangenen Wochen sind dementsprechend so einige Fälle von horrenden GEMA-Gebühren für Weihnachtsmärkte durch die Medien gegangen - es ist tatsächlich ein bundesweites Problem. Laut der Verwertungsgesellschaft selbst ist es ganz normal, dass die Abgaben steigen. "Preisliche Tarifanpassungen finden jedes Jahr statt. Sie bewegen sich im Bereich von 2 bis 5 % und folgen der allgemeinen Teuerungsquote", erklärt die GEMA auf einer eigens zu dem Thema gestalteten Webseite

Dass die Forderungen aber teils so heftig gestiegen sind, hat aber auch einen anderen Grund.  "In der Vergangenheit haben wir auf Basis der von den Kundinnen und Kunden gemeldeten Nutzungsflächen lizenziert. Wir haben uns auf korrekte Angaben verlassen und keine Prüfung vorgenommen", erläutert die GEMA die Ausgangslage. 2018 einigte man sich auf eine geänderte Berechnungsgrundlage abhängig von der Fläche der jeweiligen Veranstaltung - und maß nach Corona mithilfe von Google Maps noch einmal genau nach. "Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt. Schon aufgrund der Gleichbehandlung aller Kundinnen und Kunden haben wir diese Diskrepanz bei der Berechnung der Lizenzhöhe berücksichtigt." Dadurch hätten sich dann Steigerungen der Lizenzkosten ergeben.

Neue Bemessungsgrundlage: GEMA schaut jetzt deutlich gründlicher hin - und äußert Bedauern

Unter anderem war das auch beim Weihnachtsmarkt in Würzburg der Fall. So habe sich ergeben, dass bei der "Berechnung der Gebühren nicht mehr nur die Fläche des Unteren Marktes mit der Live-Bühne angesetzt wird, sondern die Fläche des gesamten Weihnachtsmarktes inklusive Oberer Markt und die Eichhornstraße angesetzt werden soll", so Pressesprecher Christian Weiß gegenüber inFranken.de. Der Grund liegt in einer BGH-Entscheidung (I ZR 175/10) aus dem Jahr 2011: "Die Höhe der Vergütung [ist] auch bei Freiluftveranstaltungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche – gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand – zu bestimmen." Dies sei weder "willkürlich" noch "unangemessen", so das Gericht damals.

Doch, sind extreme Preissteigerungen aber wirklich ein so flächendeckendes Problem, wie man aufgrund einiger extremer Fälle vermuten könnte? Laut der GEMA nicht wirklich: "Die GEMA hat rund 3.350 Rechnungen für Weihnachtsmärkte versendet, die 2022 nach dem Tarif für Stadtfeste lizenziert wurden. Davon haben rund 135 Kundinnen und Kunden aufgrund signifikanter Preissteigerungen reklamiert." Bei nur 35 davon habe es eine Steigerung im fünfstelligen Bereich gegeben, so die Verwertungsgesellschaft.

Immerhin räumt die GEMA eine fehlerhafte Kommunikation bezüglich der gestiegenen Forderungen nach Corona ein. "Dies hätten wir umfassend kommunizieren müssen. Das ist nicht in dem gewohnten Maße erfolgt und das bedauern wir", heißt es. Man habe in einigen Fällen bereits Verhandlungen mit den betroffenen Veranstaltern aufgenommen.

Folgen hoher Forderungen - wird es still auf den fränkischen Weihnachtsmärkten?

Gemeinsam mit dem Städtetag setzten die Städte auf Verhandlungen mit der GEMA. In Bayreuth waren diese erfolgreich, wie das Rathaus am Freitag (17. November) meldete. Man konnte die Forderung deutlich reduzieren - man zog aber auch Konsequenzen für den Christkindlesmarkt in diesem Jahr. Die Einigung ist jedoch ein Einzelfall. Unter anderem steht die Stadt Würzburg immer noch "mit der GEMA und dem Deutschen Städtetag in laufendem Austausch und Verhandlung", wie Sprecher Christian Weiß bestätigt. In Nürnberg hofft man auf eine grundlegendere Lösung und Verhandlungen zwischen der GEMA und dem Städtetag. "Eine finale Entscheidung hierzu ist noch nicht kommuniziert worden", so Christkindlesmarkt-Chef Marco von Dobschütz-Dietl.

Die schönsten Weihnachtslieder - jetzt zum Nachhören und Mitsingen

Wie gehen die Städte und Veranstalter nun aber mit den gestiegenen Kosten um? Nimmt man die Steigerung in Kauf und hofft auf erfolgreiche Verhandlungen für die kommenden Jahre? Musik soll auf den Märkten jedenfalls auch weiterhin erklingen. "An allen 24 Markttagen treten Kinder-, Erwachsenen- und Posaunenchören mit einem abwechslungsreichen Lieder-Repertoire auf der Bühne auf", erläutert von Dobschütz-Dietel vom Nürnberger Christkindlesmarkt. Insgesamt wolle man aber erst im kommenden Jahr über ein Zukunfts-Konzept entscheiden. In Würzburg will man die Besucherinnen und Besucher ebenfalls nicht um die weihnachtliche Atmosphäre bringen und ebenso wird der Historische Weihnachtsmarkt in Erlangen "auch weiterhin jeden Tag Programm auf der Bühne haben", wie Organisatorin Sabine Kunstmann bestätigt.

Nürnberg will unter Umständen aber an der Playlist schrauben, die erstmals seit Corona wieder von den Bühnen schallt: "Viele der bekannten Weihnachtslieder sind bereits GEMA-frei. Ein erster Schritt wird sein, bestimmte Tag des Bühnenprogramms als GEMA-frei zu deklarieren." Ähnlich ist es beim Historischen Weihnachtsmarkt in Erlangen. "Wir haben das Glück, dass wir schon in der Vergangenheit Musikgruppen dabei haben, die lizenzfreie Musik spielen. Das erleichtert uns von den GEMA Kosten sehr. Wir haben aber auch Bands, die eben nicht befreit sind", erläutert Kunstmann. Und auch in Bayreuth "wird beim Bayreuther Christkindlesmarkt 2023 verstärkt auf Liedgut zurückgegriffen, das nicht GEMA-pflichtig ist".

 Gestiegene GEMA-Kosten: Wird nun der Glühwein in Franken teurer?

Eines scheint zumindest für dieses Jahr klar zu sein: Die Preise auf den Weihnachtsmärkten in Franken dürften stabil bleiben - die Veranstalter wollen die Mehrkosten zunächst nicht an die Kundinnen und Kunden weitergeben. In Bayreuth ist "nicht beabsichtigt, die gestiegenen GEMA-Tarife auf die Marktbeschicker umzulegen, die sich derzeit ohnehin in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld bewegen". Ebenso hält man es in Würzburg "nicht für den richtigen Weg", die gestiegenen Kosten an die Anbieter und damit die Besucher weiterzugeben. Und auch in Erlangen bleiben die Preise heuer noch "stabil".

Sabine Kunstmann von Historischen Weihnachtsmarkt Erlangen räumt aber gleichzeitig ein: "Dass die Preise weiter steigen, und wir als Unternehmer und Veranstalter die gestiegenen Preise irgendwann an den Verbraucher weite geben müssen, ist auch klar." Es bleibt damit abzuwarten, wie sich die Lage in den kommenden Jahren entwickeln wird - und ob wir auf den musikalischen Weihnachtszauber verzichten, oder dafür ordentlich draufzahlen müssen.

Vorfreude auf den Advent. Wo und wann finden die Weihnachtsmärkte in Franken statt? Wir haben eine Übersicht aller großen und kleinen Veranstaltungen in der Region für dich zusammengestellt.

Artikel enthält Affiliate Links