Meteorit über Franken "wie ein Feuerwerk" explodiert - Bruchstücke auf dem Boden zu finden?

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War es eine besonders große Sternschnuppe, Blaulicht der Polizei oder doch ein Komet? Am Montagabend erhellte ein grünes Licht plötzlich den Himmel über Franken. Auf Facebook teilen Nutzer ihre Beobachtungen.

Wohl ein Meteorit ist am späten Montagabend (26. Juni 2023) über Deutschland verglüht: Das gleißende Licht war aber auch in Teilen Frankens am Nachthimmel zu sehen, wie Augenzeugen auf verschiedenen Social-Media-Kanälen berichten. Von einem "leuchtend gelb-grünen Himmelskörper mit Schweif" ist unter anderem auf Facebook die Rede.

Im tschechischen Pilsen war das Phänomen besonders gut zu sehen, zumindest stammen vom dortigen Wetterbeobachter Daniel Neumann die bisher spektakulärsten Aufnahmen. Dies wurden unter anderem vom Tschechischen hydrometeorologischen Institut in den sozialen Netzwerken gepostet. "Um 22.45 konnte man im Westen einen extrem hellen Meteor (Boliden) sehen!! Zum Zeitpunkt der Explosion war er teilweise heller als der Vollmond. Es besteht eine reale Chance, dass kleine Bruchstücke des Boliden auf die Erde gefallen sind", schreiben die dortigen Meteorologen auf Twitter.

Dass es ein "mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit" ein Meteorit gewesen sein dürfte, bestätigte gegenüber inFranken.de in einer ersten Stellungnahme auch ein Sprecher der Sternwarte in Pilsen. Auf den Videoaufnahmen sei sehr schön das Auseinanderbrechen des Boliden zu sehen gewesen, was charakteristisch für einen Meteoriten sei. Auch der erste Vorsitzende der Beobachtergruppe der Sternwarte des Deutschen Museums, Klaus Rohe, teilte diese Einschätzung. Nach seinen bisherigen Informationen, "handelt es sich wahrscheinlich um einen sogenannten Boliden, der in die Erdatmosphäre eingedrungen und verglüht ist". Besonders helle Meteoriten werden dabei als Bolide bezeichnet.

"99-prozentige Wahrscheinlichkeit" - Experten gehen von Meteoriten aus

Das Ereignis war beispielsweise in Pleinfeld im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen zu beobachten, wie Facebook-Nutzer schreiben. "Hab so etwas noch nie zuvor gesehen - absolut beeindruckend!" Auch in einer Bamberger Facebook-Gruppe wurde rege über das Phänomen diskutiert: Nutzer beschreiben unter anderem Sichtungen aus Gaustadt, Oberhaid, Stegaurach, Kemmern, Litzendorf, Breitengüßbach, Gundelsheim oder auch Hallstadt.

"Da ist ein Komet direkt über dem Garten von meiner Tante explodiert und war wie ein Feuerwerk in Oberhaid. Alle Farben und Funken und ein großer grüner Ball direkt über dem Garten und über den Baum weiter geflogen", heißt es unter anderem in den Kommentaren aus der Gruppe "Was ist denn etz schon wieder passiert in und um Bamberg".

Andere User bestätigen: "Erst taghell wie bei einem Blitz und dann ging es von Grün in Rot über." Und: "Man hat es sogar gehört wie Zischen und Funken. War echt krass." 

Mehr als 400 Sichtungen - Meteorit vermutlich bei Airburst explodiert

"Es gab mehr als 400 Sichtungen, hauptsächlich aus Deutschland und Tschechien, sowie fast allen mitteleuropäischen Ländern", teilte ein Sprecher des European Space Research Institute am Dienstag (27. Juli 2023) im italienischen Frascati mit. "Der Bolide wurde auf zahlreichen Bildern und Videos festgehalten, auf denen klar eine Fragmentierung des Objekts zu erkennen ist."

Zudem hätten Beobachter am späten Montagabend in einigen Kilometern Entfernung noch Geräusche gemeldet. Der Meteorit sei wohl in einem sogenannten Airburst explodiert.

"Das war ein ziemlich großer Meteor, eine Sternschnuppe im Prinzip", sagte der Geschäftsführer der Nürnberger Astronomischen Arbeitsgemeinschaft, Matthias Gräter. Der Verein betreibt ehrenamtlich die Sternwarte in Nürnberg und habe das Verglühen aufgezeichnet. Die grüne Farbe während des Ereignisses komme wahrscheinlich von dem Eisen in dem Gestein, das beim Verglühen grün leuchte. Die Lichterscheinung, die beim Verglühen eines Meteoriten entsteht, wird als Meteor bezeichnet. Bei Meteoriten handelt es sich hingegen um die wenigen Bruchteile, die nach der Explosion den Boden erreichen. 

"Spektakuläres Ereignis" - Meteor dieser Größe tritt nur etwas ein halbes dutzendmal pro Jahr in Erdatmosphäre ein

Ob der Himmelskörper über Franken vollständig verglüht ist oder ob sich Meteoriten am Boden finden lassen, sei bisher unklar, sagte Astrophysikerin Katharina Leiter vom Nürnberger Planetarium dem BR. Nicht-verglühte Teile zu finden, sei außerordentlich schwierig, betonte die Wissenschaftlerin. Das European Space Research Institute geht derweil von kleinen Bruchstücken des Himmelkörpers auf dem Boden aus. Deshalb seien Meteoritensucher bereits auf der Suche nach Überresten des Naturphänomens. 

Daten zur genauen Bahn des Himmelskörpers, seiner Größe und dem Material gebe es noch nicht. Die Spur am Himmel sei Beobachtern zufolge in etwa von Südosten nach Nordwesten verlaufen, so der Sprecher. "Auch die Größe des Objektes muss noch genauer bestimmt werden, ich würde es aber aufgrund der Videoaufnahmen rein visuell circa auf einen Meter oder knapp darüber schätzen."  Leiter geht hingegen davon aus, dass der Meteor beim Eintritt in die Atmosphäre noch einen Durchmesser von mehreren Metern hatte. Unabhängig von der Größe stuft sie das Ereignis als "spektakulär" ein. Ein Meteor dieser Größe würde nur etwa ein halbes dutzendmal pro Jahr in die Erdatmosphäre eintreten, sagte sie im Interview mit dem BR

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Auch wenn der Knall und die Druckwelle des Naturschauspiels bei den Usern der sozialen Netzwerke für Verunsicherung sorgte, gibt es nach Aussage der Astrophysikerin keinen Anlass dazu. Für globale Schäden müsste schon ein Himmelskörper mit mindestens 50 Metern Durchmesser auf die Erde fliegen. Zudem gebe es ein weltweites Überwachungssystem und die Gefahren durch Meteoriten seien im Vergleich zu Kriegen oder dem Klimawandel sehr klein. Zudem war es vorerst vermutlich ein einmaliges Ereignis. Bernhard Buchner, Leiter der Bayerischen Volkssternwarte München, glaubt, dass sich das "tolle Erlebnis" nicht so schnell wiederholen werde.

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mit dpa

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