Da viele Marathons wegen Corona abgesagt werden mussten, boomt das virtuelle Laufen. Aber wie geht das eigentlich? Bernd und Jasmin Lindner erklären es.
Bernd (38) und Jasmin ("Jassi") Lindner (34) kommen nun schon zum vierten Mal vorbei. Joggen die heute in Dauerschleife durch den Ort? Ich winke. Sie winken zurück und rufen: "Wir laufen einen virtuellen Marathon!" Schon sind sie wieder außer Sichtweite, lassen einen fragend zurück. Wenig später, im Ziel vor ihrem Haus am Drei-Franken-Eck, trinken sie ein wohlverdientes Radler und beantworten geduldig alle Fragen.
Virtuell - das heißt doch so viel wie simuliert, nicht echt. Was genau ist denn dann ein virtueller Marathon?
Jasmin: Es ist schon ein "echter" Lauf. Jeder Teilnehmer läuft die 42.195 Meter. Aber für sich. Wegen der Corona-Ausgangsbeschränkungen mussten ja viele Läufe abgesagt werden, zum Beispiel der Hamburg-Marathon, bei dem wir eigentlich starten wollten...
Bernd: Die Absage fanden wir ganz schade. Wir wollten an dem Tag trotzdem einen Marathon laufen; ich hatte mir daheim in der Flur schon eine Strecke ausgeguckt.
Jasmin: Dann haben wir aber im Internet gesehen, dass es vielen anderen Läufern auch so geht wie uns. Sie wollten trotzdem laufen - halt daheim. Sich virtuell zu vernetzen, ist da natürlich naheliegend. Mittlerweile gibt es schon verschiedene Anbieter so genannter virtueller Läufe.
Das heißt, die Läufe werden professionell organisiert - obwohl doch gar nicht gemeinsam gelaufen wird?
Bernd: Ja, genau. Wir haben als Erstes die Laufangebote von Marina Andresen entdeckt, die gern caritative Projekte unterstützt. Wer sich über www.marathon-princess.de anmeldet, bekommt eine Startnummer zugeschickt und ein "Goodie Bag", ein Paket mit einer Medaille für die Teilnahme; außerdem sind Proteinriegel drin, Körperpflegeprodukte und sogar ein Stück Kreide, damit man sich eine richtige Startlinie aufmalen kann.
Jasmin: Durch die moderne Technik mit Apps wie Strava kann man genau berechnen und sehen, wie lange die Strecke sein und auf welchen Wegen sie entlangführt. Man weiß, wo sie Anstiege und Gefälle hat und all solche Dinge.
Fangen weltweit alle Teilnehmer gemeinsam an zu laufen?
Jasmin: Ja, meistens gibt es eine Video-Live-Schalte mit Countdown, so wie bei echten Gemeinschaftsläufen. Und man ist ja über die Läufergruppen, Facebook oder Instagram ohnehin verbunden, so dass schon ein Gemeinschaftsgefühl entsteht.
Ist es aber nicht trotzdem ziemlich langweilig, so ohne Konkurrenz durch die Gegend zu laufen?
Jasmin: Für mich nicht. Es ist natürlich anders, als wenn man viele Läufer um sich hat und Publikum, das einem an der Strecke zujubelt. Aber ich mag Massenveranstaltungen sowieso nicht so. Für mich sind virtuelle Läufe deshalb wunderbar.
Bernd: Es ist halt was Anderes. Normalerweise würde ich Vollgas geben und mich mit den anderen Läufern messen. So allein ist es nicht ganz so aufregend. Und leider hat man natürlich auch keine abgesperrte Strecke, sondern muss sich halt mit den Gegebenheiten vor Ort arrangieren. Aber das geht schon. Wir haben letztes Mal zum Beispiel acht große Schleifen um unser Haus gedreht und dort unsere Getränkestation eingerichtet. Hat gut geklappt!
Wird für virtuelle Läufe auch eine Startgebühr fällig?