Zum Jahresende 2022 rollt die Polizei den Fall wieder auf. "Bei der akribischen Neuauswertung der damaligen Ermittlungsarbeiten ergaben sich Hinweise auf mögliche Täter mit Bezug zu Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg", so die Begründung der Beamten. "Wir haben jedes Stückchen Klebeband aufgehoben und noch weitere Spuren zur Untersuchung auf Halde. Wir geben nie auf", sagt ein damaliger Ermittler.
Simone Strobel, Würzburg:
Im Februar 2005 wird die Erzieherin aus dem Landkreis Würzburg tot unter Palmwedeln in Australien gefunden. Die 25-Jährige war mit ihrem Freund durch das Land gereist. Er gilt bis heute als Hauptverdächtiger. Doch nachgewiesen werden konnte ihm bisher nichts. Im Oktober 2020 setzt die Polizei in Australien eine Belohnung von einer Million Dollar für Hinweise zu dem Gewaltdelikt aus. Ende Juli 2022 wird der verdächtige Deutsche überraschend in seinem Haus im westaustralischen Perth festgenommen und nach Sydney geflogen. Dort wird er des Mordes angeklagt, wenige Tage später aber auf Kaution freigelassen. Die zuständige Richterin wirft der Anklage vor, kaum Beweise für ihre Beschuldigungen vorgelegt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat vor Monaten ein Rechtshilfe-Ersuchen wegen aktueller Ermittlungsergebnisse der australischen Behörden gestellt. So haben die Australier etwa Haftbefehle gegen die anderen beiden damals Mitreisenden erlassen. Sie leben heute in Bayern. Nach Medienberichten wird ihnen Beihilfe zum Mord und Justizbehinderung vorgeworfen. Ausgeliefert werden sie beiden aber nicht, für ein mögliches Strafverfahren wären deutsche Behörden zuständig.
Daniel, Bayreuth:
In der Nacht vom 18. auf den 19. August 2020 ist der 24-Jährige mit seinem Fahrrad auf einem unbeleuchteten Weg am Stadtrand von Bayreuth unterwegs, als er im Dunkeln angegriffen wird. Der mit einem Messer bewaffnete Täter bringt den jungen Mann um, "mit absolutem Tötungswillen", wie es von der später eingerichteten "Soko Radweg" heißt. Profiler der Kripo gehen davon aus, dass der Täter im Rahmen einer "psychischen Auffälligkeit" handelte oder eine Tötungsfantasie umsetzte. Die Ermittler versuchen, unter anderem mit einer außergewöhnlichen Plakatkampagne mit einem Foto des Opfers und der Frage "Wer hat mich hier ermordet?" den Fall zu klären - bisher vergeblich.
"Die polizeilichen Möglichkeiten wurden bislang vollends ausgeschöpft, brachten jedoch keine neuen Erkenntnisse", teilte die Polizei Oberfranken kürzlich mit. "Vor diesem Hintergrund sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine neuerlichen zielführenden Maßnahmen in Aussicht."
Peggy Knobloch (Lichtenberg), Christiane Junker (Aschaffenburg), Monika Frischholz (Flossenbürg), Gertrud Kalweit (Amberg) und viele mehr: Einige Taten sind auch 40 Jahre nach dem Verbrechen ungelöst - bei manchen Opfern steht bis heute nicht einmal ihre Identität fest. Für das Jahr 2021 registrierte die Polizei in Bayern laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 129 Mordfälle und Mordversuche - zwei davon konnten nicht aufgeklärt werden (Stand: März 2022).
Harry und Truus Langendonk, Nußdorf:
Am 7. Juni 1997 liegen die Eheleute (63, 61) bei Litzlwalchen, einem Ortsteil von Nußdorf im Landkreis Traunstein, neben ihrem Wohnmobil in Liegestühlen. Ein Unbekannter erschießt sie, anschließend wird beiden Leichen die Kehle durchtrennt. Das Wohnmobil mit den Mordopfern wird zu einem Waldparkplatz bei Nürnberg gefahren und dort in Brand gesteckt. "Das ist unser Cold Case Nummer 1", sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. "Den haben wir immer mal wieder in die Hand genommen, aber es gibt keine neuen Ermittlungsansätze."
Die Tatwaffe ist bis heute nicht gefunden. Die Ermittler vermuten, dass der Täter das Paar womöglich ausrauben wollte - die Holländer hatten eine größere Reisekasse mit Bargeld in verschiedenen Währungen dabei. Dann sei die Situation vielleicht eskaliert. In den vergangenen Jahren ist die Polizei tausenden Hinweisen nachgegangen und hat hunderte Personen überprüft. Auch sogenannte Profiler waren eingebunden, die versuchten, ein Täterprofil zu erstellen.
Dem Innenministerium zufolge hat die Bearbeitung von Altfällen eine sehr hohe Priorität. Immer wieder würden "Cold Cases" in die Hand genommen, "wobei hier keine festen Fristen für solche Maßnahmen vorgesehen sind". Das Landeskriminalamt überprüfe zudem regelmäßig, beispielsweise alte Fingerabdrücke und andere Spuren.