Ein bis zwei Blicke auf die Ökobilanz einer Biogasanlage fördern Erstaunliches zutage. Produziert wird erneuerbare Energie - aber um welchen Preis?
In der Biogasanlage von Hermann Greif unweit des Dorfs herrscht Hochbetrieb. Das Wetter, so Greif, habe den Zeitraum sehr eng gemacht, die Regenzeit sorgte für zwei Wochen Verzug.
"Wir müssen die fünf bis sechs sonnigen Tage nutzen", sagt er, "bisher konnte man mit dem schweren Gerät nicht in die Äcker fahren." Mais aus dem Umkreis von acht bis zehn Kilometern zwischen Hetzles und Niedermirsberg werde herangefahren, so Greif. Dieses Jahr gebe es auf Grund der Wetterlage eher ein Überangebot an Nachschub, zumal die Silos der Landwirte auch voll seien.
Pro Hektar Land ernte man 40 bis 50 Tonnen Mais und ähnlich viel Gras. Für den Betrieb seiner Anlage benötige er dieses Jahr schätzungsweise Mais und Gras von 130 Hektar Land. Bei anderen Anlagen sind auch deutlich größere Flächen im Gespräch. Greifs Anlage bringt 550 kW/h Leistung oder 500 kW/h permanent. Damit, so Greif, könne er umgerechnet rund 2000 Einwohner mit Energie versorgen, was der Größe von
Pinzberg mit seinen Ortsteilen entspricht.
Wert legt Hermann Greif dabei auf die Feststellung, dass die Versorgung kontinuierlich zur Verfügung stehe: ob Tag oder Nacht und zu jeder Jahreszeit. Das ist nach seinen Worten der große Vorzug gegenüber Windkraft und Solaranlagen, die von Wetter, Tages- und Jahreszeit beeinflusst seien in ihrem Wirkungsgrad. Rund 40 Biogasanlagen laufen laut Geschäftsführer Werner Nützel vom BBV in den Landkreisen Bamberg und Forchheim mit einer durchschnittlichen Leistung von 280 kW/h.
Greif hat eine mobile Maisschrotmühle aus dem Raum Ansbach angeheuert. In kurzen Abständen liefern schwere Sattelschlepper gedroschene Maiskörner ab. Ein Lkw fährt geschickt rückwärts in die Aufnahmevorrichtung der Maisschrotmühle und kippt dort langsam ab. Auf die Frage, woher er kommt, die Kennzeichen lauten nicht auf FO, winkt der Fahrer entschieden ab: Das sei streng geheim. Keine Auskunft auch auf wiederholte Nachfrage. Hermann Greif kommt hinzu und gesteht etwas verlegen, dass halt manchmal doch eine etwas größere Sonderlieferung aus weiterer Entfernung angekarrt werden müsse.
Die feuchten Maiskörner gleiten direkt in die Mühle. Mithilfe eines 500-PS-Dieselmotors bringt verlässt der Mais fast so fein wie Mehl die Maschine. Greif erläutert, dass die Körner so sehr effizient 70 Prozent brächten, das Maisgrün selbst werde auf den Feldern wieder eingearbeitet.
Daneben türmen sich auf dem Areal in Pinzberg Berge von gehäckseltem Mais und Gras zum Betrieb der Biogasanlage. Alles macht einen ordentlichen, aufgeräumten Eindruck. Ohne den Einsatz moderner Maschinen wäre die Arbeit undenkbar.
Die Begeisterung der Bevölkerung in Pinzberg und Umgebung hält sich freilich in Grenzen, was den tagelangen Schwerverkehr zur Biogasanlage betrifft. Bürgermeister Seeber weist auch auf die Spuren an Bankett und Gräben hin und wird bestätigt von einem Sattelschlepper, der nur durch einen leichten Fahrfehler, ein leichtes Abweichen von der Fahrbahn, bis zur Achse im Bankett versinkt und mühsam wieder durch Entladen fahrtüchtig gemacht werden muss.
Es ist ein Spagat in der Energiegewinnung. Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe für die Biogasanlage bedeutet nicht automatisch "saubere Energie". Die Frage nach dem Verhältnis von Aufwand und Ertrag bleibt zu beantworten.
Vom Pflügen und Säen bis hin zur Ablieferung an der Biogasanlage sind schwere Geräte im Einsatz, die mit Kraftstoff versorgt werden wollen, also Energie verbrauchen und so im Vorfeld die Umwelt belasten. Erosion und Bodenverdichtung sind nicht wegzudiskutieren. Nitrat- und Grundwasserbelastung sind bekannt und machen zurzeit wieder Schlagzeilen. Durch hohe Übersubventionierung für Biogas werden auch die Pachtpreise in die Höhe getrieben.
Der ökologische Landwirt hat keine Chance, betriebswirtschaftlich dagegenzuhalten. Es wird somit wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche der Lebensmittelproduktion entzogen. Eine klare Meinung dazu hat Umweltaktivist Heinz Marquardt.
Der Nachweis für den Klimaschutz durch den Vorteil der CO2 -Einsparung kann nach seiner Meinung nicht gebracht werden. Die Biogasanlagen haben laut Untersuchung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft Lecks an den Motoren, wie Marquardt weiter sagt. Broschuren hielten fest, dass der Methangasschlupf sieben Prozent betrage, der direkt in die Atmosphäre entweiche. Methan belaste dabei mit einem Faktor 25 höher als normales Kohlendioxid.
"Bei Biogas wird einfach Klimafreundlichkeit unterstellt, hoch subventioniert und gefördert", meint der Kritiker Marquardt. Er geißelt die Monokultur, das Paradies für Wildschweine, dem gegenüber Jäger machtlos seien. Vieles gehe zu Lasten der Vogelwelt.
"Wir haben einen Teufelskreislauf losgetreten und befinden uns in ökologischer Steinzeit. Wir verloren auf Grund der intensiven Landwirtschaft innerhalb von 30 Jahren über 75 Prozent der Insekten, die Bienen sind in Gefahr. Rebhühner und Hasen sind weitgehend verschwunden. Der politische Auftrag der Artenvielfalt in der Natur wird nicht mehr erfüllt", klagt Marquart.
Differenziert sieht auch Ulrich Buchhholz, Vorsitzender des BN Forchheim den Maisanbau. Ergänzend meint er, der Maisanbau bis an die Grenze des Walds "nimmt den wertvollen Waldsaum weg, einen eminent wichtigen Lebensraum".
Kritisch sieht er die Abstandsfläche zu Gewässern wegen Glyfosat, das bei starkem Regen in die Gewässer gespült werden könne: eine große Gefahr für Lebewesen. "Mais", so Buchholz, "ist eine Wüste für Insekten und Fauna." Hier werde die Nahrungskette für Blumenbestäuber und Vögel unterbrochen.
Ein Absatz aus dem Artikel, der viele, viele Fragen aufwirft.
"Auf die Frage, woher er kommt, die Kennzeichen lauten nicht auf FO, winkt der Fahrer entschieden ab: Das sei streng geheim. Keine Auskunft auch auf wiederholte Nachfrage. Hermann Greif kommt hinzu und gesteht etwas verlegen, dass halt manchmal doch eine etwas größere Sonderlieferung aus weiterer Entfernung angekarrt werden müsse."
Dass Biogasanlagenbetreiber verlegen werden wenn ein freier Mitarbeiter einer Tageszeitung nach der Herkunft eines Fahrzeuges fragt - das ist mir jetzt aber völlig neu. Mit Verlaub Herr Galster, ich glaube er hat sie veräppelt. Genau so, wie es im Moment der Natur geschieht.
@AntiGravEinheit
Ich glaube auch nicht dass die aktuelle Landwirtschaft eine Gefahr für 75% der Insekten darstellt. Ich glaube die Landwirtschaft stellt für alle Insekten eine Gefahr dar. Und somit für 100%. Und deshalb sollte der Name Landwirtschaft, in Verbindung mit Stromerzeugerbetrieben, nicht mehr verwendet werden.
Mit Verlaub, das ist populistischer Blödsinn.
"Ich glaube die Landwirtschaft stellt für alle Insekten eine Gefahr dar. Und somit für 100%."
Tja, wenn man auch keine Windräder haben möchte, die Pinzberger haben das mehrheitlich vor einiger Zeit abgelehnt, dann muß der Strom halt irgendwie anders erzeugt werden.
Ich finde das immer irgendwie merkwürdig, daß zwar jeder irgendwie irgendwo schon für erneuerbare Energien ist, aber wenn es darum geht, konkret was zu machen, dann schauen viele weg und wollen das auch möglichst nicht in der Umgebung haben. Riecht sehr verdächtig nach dem St. Florians-Prinzip ...
Nochmals. Für 100% der Insekten besteht eine Gefahr durch den intensiven Maisanbau. Maisanbau wird durch sogenannte Energiewirte vorangetrieben - zu Lasten der Natur. Die Zeche zahlen zuerst die Insekten und dann irgendwann der Mensch. Ist eine alte Indianerweisheit.
Und zu ihrem Vorwurf ich wäre populistisch........kann ich nur entgegnen. Machen sie die Augen auf, wenn sie in der Natur unterwegs sind. Die Situation ist nämlich schlimmer als im Artikel dargestellt.
Ah!
Jetzt ist es nur noch der Maisanbau.
In Ihrem letzten Beitrag war es die Landwirtschaft.
Erstmal eine Behauptung aufstellen und alles über einen Kamm scheren, dann nach Protest einen Teilrückzieher machen ("War nicht so gemeint und ich wurde mißverstanden"), na, wenn das nicht DIE klassische Populistenmethode ist ... konnte man in den letzten 12 Monaten erheblich mehr als einmal in der Presse und TV mitverfolgen. Ich muß schon sagen, Sie haben schnell gelernt.
Mag sein, daß Maisanbau als Monokultur mit Schuld am Insektensterben ist, aber er ist es ganz sicher nicht allein.
Aber man muß sich fragen, was man bei den erneuerbaren Energien eigentlich will.
Windkraft? Sieht doch besch...eiden aus, wollen wir nicht, Verspargelung, (angeblich) laut ...
Solarenergie? Paßt nicht ins Landschaftsbild ... (aber mordsmäßige Kühltürme von Kernkraft- und Fossilkraftwerken, die sehen besser aus?)
Biogas-Anlagen? Erzeugt Verkehr (finde ich selbst nicht gut), die Insekten mögen es auch nicht.
Wasserkraft versperrt Fischen die Flußwanderung, bei großen Staudämmen wird das Landschaftsbild verschandelt.
Vielleicht sollten wir energetisch zurück ins Mittelalter, zu Holz- und Kohleöfen und Licht bei Kerzenschein ...